Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage .
Diese möchte ich sehr gerne wie folgt beantworten:
1.Nun beschaeftigt mich die Frage ob alte Glaeubiger die gegen mich persoenlich einen Titel haben auf das Vermoegen der Inc zugreifen koennen, wenn ich alleiniger Geschaeftsfuehrer (beherrschende Geschaeftsfuehrung) bin, sowohl in den USA (Florida), als auch in Deutschland. In die Inc pfaenden geht ja so ohne weiteres eigentlich nicht, oder?
Ausgangslage ist, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dass Sie sich mitten im Insolvenzverfahren befinden,das Insolvenzverfahren also vor gut vier Jahren eingeleitet wurde und bislang noch nicht abgeschlossen ist.
Ihre jetzigen Insolvenzgläubiger können während des laufenden Insolvenzverfahrens keine Zwangsvollstreckung weder in Ihr persönliches Unternehmen,noch in das Unternehmen einer Ihrer Gesellschaften durchführen. Insoweit ordnet nämlich § 89 InsO
ein absolutes Verbot der Zwangsvollstreckung bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens an.
Nachfolgend habe ich Ihnen diese Vorschrift zum besseren Verständnis beigefügt:
§ 89 InsO
Vollstreckungsverbot
(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.
(2) Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.
(3) Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.
Gem. § 89 Abs. II InsO
ist während des laufenden Insolvenzverfahrens sogar unter bestimmten Voraussetzungen für Gläubiger, die sich dem Insolvenzverfahren nicht offiziell angeschlossen haben, eine Zwangsvollstreckung ausgeschlossen.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann es also zumindest theoretisch doch noch Gläubiger geben, die eine Vollstreckung einleiten könnten.
Um aber insoweit eine abschließende Wertung vornehmen zu können müsste bekannt sein, welche Gläubiger es insgesamt gibt und welche Forderungen insbesondere bestehen und welchen Ursprung dieser Forderungen haben. Im Rahmen einer Erstberatung aus der Ferne lässt sich dieses leider nicht abschließend klären.
Wie Sie schon völlig richtig angedeutet haben, wäre eine Zwangsvollstreckung entweder in Deutschland oder in den USA denkbar.
Zunächst zu Deutschland:
Nach deutschem Gesellschaftsrecht ( dieses würde ein deutsches Gericht selbstverständlich anwenden und zugrundelegen) kann eine Gesellschaft an jedemeinzelnen Sitz verklagt werden.
Sofern es also einen Standort/Filiale in Deutschland gibt, könnte die vollständige Gesellschaft ( und nicht etwa nur dieser Standort) in Deutschland vor Gericht gebracht werden.
Richtig ist allerdings auch, dass die Inc. grundsätzlich nicht für Ihre Schulden haftet, die Ihnen zuzurechnen sind. Dementsprechend können Schulden, die auf Sie tituliert sind,grundsätzlich nicht bei der Gesellschaft vollstreckt werden.
Hier gibt es aber ein ganz anderes Problem: wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie Gesellschafter. Man könnte bei Ihnen Ihre Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft pfänden,was im Einzelfall so weit gehen kann, dass Ihnen die Gesellschaft aus der Hand genommen wird.
Darüber hinaus könnte nach deutschem Recht ein deutscher Gläubiger im Wege eines so genannten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Ansprüche von Ihnen gegenüber der Gesellschaft (zum Beispiel Gehaltszahlungen) direkt bei der Gesellschaft pfänden. Dieses wäre grob dargestellt die Rechtslage bei einem Firmensitz in Deutschland.
Sofern Sie keinen deutschen Sitz hätten,könnte höchstens in den USA nach den dortigen Regeln gepfändet werden.
Aber auch wenn ein Firmensitz/Niederlassung in Deutschland besteht, wird es voraussichtlich für einen Gläubiger notwendig sein,in den USA in das Vermögen der Inc. zu vollstrecken. Eine eigene Vollstreckungsbefugnis haben die deutschen Behörden nicht.
Es müsste dann im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geprüft werden vor Ort in den USA,ob eine Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Titel zulässig ist.
Sollte das amerikanische Gericht dieses bejahen, würde der deutsche Titel dort anerkannt werden und könnte grundsätzlich auch über einen amerikanischen Gerichtsvollzieher beziehungsweise eine entsprechende Behörde dort vollstreckt werden.
Wie Sie sehen ist es zwar relativ kompliziert und auch zeitaufwändig, in der Praxis ist es aber durchaus für erfahrene Rechtsanwälte möglich, mit einem vor einem deutschen Gericht erstrittenen Titel (=Gerichtsurteil) eine Zwangsvollstreckung in den USA durchzuführen.
Nachfolgend habe ich Ihnen einen interessanten Link zu diesem Thema beigefügt:
http://www.schlaunews.de/info-test-tipps-10102009/die-vollstreckung-deutscher-urteile-und-anderer-titel-auf-geld-in-usa-usag24-inc/
2.Ich habe allerdings gehoert das der Status der Firma angegriffen werden kann, wenn man in den USA selbst keine Umsaetze macht, sondern nur in Deutschland. Dann soll man angeblich hier mit dem Vermoegen der Inc auch bei privaten Schulden haften. Kann das sein?
Ja, diese Information ist grundsätzlich richtig.
Es lässt sich aber nicht pauschal sagen, dass dieses alleine mit den Umsätzen zusammenhängt. Sie meinen Sie das Stichwort der so genannten Scheingesellschaft.
Es ist richtig, dass es im Einzelfall als Missbrauch gewertet werden kann, der zu einer persönlichen Haftung führen kann. Wie bereits gesagt ist es aber nicht alleine vom Umsatz abhängig.
Um es aber abschließend beurteilen zu können, müsste der gesamte Sachverhalt in allen Einzelheiten bekannt sein. Dieses kann nur im Rahmen einer Beauftragung abschließend geklärt werden,leider nicht jedoch im Rahmen einer Erstberatung aus der Ferne ohne Kenntnis aller relevanter Fakten.
3.Unter welchen Voraussetzungen hat ein Glaeubiger denn ueberhaupt eine Moeglichkeit fuer meine alten privaten Schulden auf das Vermoegen der inc zuzugreifen? Gibt es da Scenarios?
Wie bereits oben mitgeteilt kann ( insbesondere während der laufenden Insolvenz) grundsätzlich nicht auf das VERMÖGEN der Inc. Direkt zugegriffen werden.
Indirekt kann aber unter Umständen leider doch darauf zugegriffen werden. Wie bereits mitgeteilt wäre es nach deutschem Recht nämlich möglich, nicht nur Ihre Ansprüche gegenüber der Gesellschaft zu pfänden,sondern unter Umständen sogar Ihre Gesellschaftsanteile zu pfänden. Gesellschaftsanteile stelle nämlich Vermögenswerte dar, die grundsätzlich der Pfändung unterliegen.
Ich weiß zwar nicht wie hoch Ihre Schulden sind und ob tatsächlich zumindest zurzeit aufgrund der laufenden Insolvenz gem. § 89 InsO
für alle bestehenden Schulden/Gläubiger ein Vollstreckungsverbot besteht, hier besteht wie bereits eben mitgeteilt theoretisch die Möglichkeit, das Gesellschaftsanteile gepfändet werden können, was je nach Höhe der Schulden sogar zu einer vollständigen Pfändung der Gesellschaft führen kann.
In diesem Fall wäre dann auch grundsätzlich das Gesellschaftsvermögen zumindest indirekt übergegangen.
Erfahrungsgemäß sind solche Konstellationen aber viel zu komplex und zu beratungsintensiv, um aus der Ferne eine abschließende Prognose ohne Kenntnis des gesamten Sachverhalts geben zu können.
Vor diesem Hintergrund würde ich Ihnen dringend anraten, einen im sowohl deutschen als auch amerikanischen Recht erfahrenen Steuerberater/Wirtschaftsprüfer/Rechtsanwalt oder gleich eine größere der einschlägigen Wirtschaftsberatungsunternehmen mit der abschließenden Klärung der Sach- und Rechtslage und gegebenenfalls der Wahrnehmung der rechtlichen sowie wirtschaftlichen Interessen zu beauftragen.
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute!
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann. So kann nämlich durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.
Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Freitagnachmittag!
Antwort
vonRechtsanwalt Dr. Danjel-Philippe Newerla
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Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht