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Tierschutzvertrag: Kaufvertrag und Haftung

25. Juli 2025 12:24 |
Preis: 40,00 € |

Tierrecht, Tierkaufrecht


Beantwortet von


14:14

Im März übernahm ich von einem Tierschutzverein aus dem Ausland einen Kater, welche abgesehen von einem fehlenden Auge gesund sein sollte.
Nach ein paar Tagen stellte sich heraus, dass der Kater unsauber ist. Der Verein teilte mit hiervon keine Ahnung zu haben und laut Vertrag auch nicht haftbar gemacht werden zu können.
Ich konnte über die im Ausland befindliche Vermittlerin von welcher der Verein die Tiere bezieht die Pflegestelle kontaktieren lassen, welche mitteilte, dass der Kater auch dort zeitweise bereits unsauber war. Eine Information, die der Verein hätte haben können, hätte er sich mit der Pflegestelle in Verbindung gesetzt. Ein Ausschluss der Haftung nach § 444 BGB ist meiner Kenntnis nach nur begrenzt möglich und greift nicht bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Verkäufers.
Der Verein forderte von mir ein Blutbild und forderte mich auf dies veterinärmedizinisch abklären zu lassen, was mich am Ende mehr als 1.000 Euro gekostet hat.
Ergänzend dazu wurde im Zuge der Untersuchungen von der Tierklinik festgestellt, dass die Sehfähigkeit des Katers stark eingeschränkt ist, worüber ich seitens des Vereins ebenfalls nicht informiert wurde.

Folgende Fragen:
1. Handelt es sich bei dem Tierschutzvertrag/ Tierüberlassungsvertrag um einen Kaufvertrag, obwohl darin steht, dass es sich bei der Zahlung nicht um einen Kaufpreissumme handelt, sondern als Ersatz der entstandenen Kosten. Denn Geld haben sie ja dennoch erhalten, egal wie man dies nun nennt. Somit wäre ich Eigentümer und der Verein könnte den Kater erst weitervermitteln, wenn ich eine Rückübereignung unterzeichnen würde?
2. Habe ich eine Möglichkeit die mir entstandenen Kosten entweder über Mangel und Haftung (§§ 434, 437 BGB) , denn sie hätten die Information haben können, hätten sie sich entsprechend informiert und da ich dies schriftlich ca. 6 Wochen nach Eintreffen des Katers (WhatsApp) und per E-Mail 2,5 Monate nach Eintreffen mitgeteilt habe, käme § 477 BGB zum Tragen, erstattet zu bekommen?
Oder alternativ darüber, dass sie mich aufgefordert haben, die Untersuchungen durchführen zu lassen (bspw. § 670 BGB)?

25. Juli 2025 | 12:55

Antwort

von


(2753)
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26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1. Handelt es sich um einen Kaufvertrag und sind Sie Eigentümer des Katers?

Nach deutschem Recht ist für das Vorliegen eines Kaufvertrags (§ 433 BGB) entscheidend, dass sich zwei Parteien über die Übereignung einer Sache gegen Zahlung eines Kaufpreises einigen. Dabei ist es unerheblich, wie die Zahlung im Vertrag bezeichnet wird – entscheidend ist, dass tatsächlich ein Vermögenswert als Gegenleistung für die Überlassung des Tieres gezahlt wurde.

Auch wenn im Vertrag steht, dass es sich nicht um einen Kaufpreis, sondern um einen „Kostenersatz" handelt, ist nach der herrschenden Meinung und der Rechtsprechung davon auszugehen, dass ein Kaufvertrag vorliegt, wenn das Tier dauerhaft überlassen wird und eine Zahlung erfolgt. Die Bezeichnung als „Schutzgebühr" oder „Kostenersatz" ändert daran nichts, sofern die Zahlung tatsächlich als Gegenleistung für die Überlassung des Tieres erfolgt.

Wird das Tier dauerhaft übergeben und eine Zahlung geleistet, spricht dies für einen Eigentumsübergang. Ein wirksamer Kaufvertrag kann auch mündlich oder konkludent geschlossen werden. Mit der Übergabe des Tieres und der Zahlung der Gebühr sind Sie in der Regel Eigentümer des Katers geworden. Der Verein kann das Eigentum nur dann zurückfordern, wenn Sie einer Rückübereignung ausdrücklich zustimmen.

Fazit:
Auch wenn der Vertrag die Zahlung als „Kostenersatz" bezeichnet, liegt rechtlich ein Kaufvertrag vor, wenn das Tier dauerhaft überlassen wurde und eine Zahlung erfolgte. Sie sind damit Eigentümer des Katers.

2. Haftung des Vereins für Mängel und Erstattung der entstandenen Kosten

a) Sachmängelhaftung (§§ 434, 437 BGB)
Tiere werden rechtlich wie Sachen behandelt (§ 90a BGB). Weist das Tier bei Übergabe einen Mangel auf, stehen Ihnen grundsätzlich die Rechte aus dem Sachmängelrecht zu, insbesondere Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz (§ 437 BGB).
Ein Mangel liegt vor, wenn das Tier nicht die vereinbarte oder übliche Beschaffenheit aufweist. Die Unsauberkeit und die stark eingeschränkte Sehfähigkeit stellen solche Mängel dar, wenn sie bereits bei Übergabe vorhanden waren oder angelegt waren.

Beweislastumkehr (§ 477 BGB):
Haben Sie das Tier als Verbraucher von einem Unternehmer (hier: Tierschutzverein) übernommen, gilt die Beweislastumkehr des § 477 BGB. Innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe wird vermutet, dass ein festgestellter Mangel bereits bei Übergabe vorlag, sofern nicht der Verein das Gegenteil beweist.
Haftungsausschluss (§ 444 BGB):

Ein vertraglicher Haftungsausschluss ist nach § 444 BGB unwirksam, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen wurde. Da die Pflegestelle bereits von der Unsauberkeit wusste und der Verein sich diese Information hätte beschaffen können, könnte zumindest grobe Fahrlässigkeit oder sogar Arglist vorliegen. In diesem Fall greift der Haftungsausschluss nicht.
Meldung des Mangels:

Sie haben den Mangel zeitnah (schriftlich nach ca. 6 Wochen und nochmals nach 2,5 Monaten) angezeigt. Damit haben Sie Ihre Obliegenheiten erfüllt.
Erstattung der Kosten:

Die Kosten für die tierärztlichen Untersuchungen können als Mangelfolgeschaden geltend gemacht werden, wenn sie zur Feststellung oder Beseitigung des Mangels erforderlich waren. Voraussetzung ist, dass der Verein für den Mangel haftet und Sie ihm die Möglichkeit zur Nacherfüllung gegeben haben oder diese unzumutbar war.

b) Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB)
Der Verein hat Sie ausdrücklich aufgefordert, ein Blutbild und weitere Untersuchungen durchführen zu lassen. In diesem Fall könnte ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 670 BGB bestehen, da Sie im Interesse und auf Veranlassung des Vereins gehandelt haben. Die Kosten, die Ihnen dadurch entstanden sind, können Sie grundsätzlich ersetzt verlangen, sofern die Untersuchungen erforderlich und angemessen waren.


3. Zusammenfassung und Empfehlung

- Sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Eigentümer des Katers geworden, auch wenn die Zahlung als "Kostenersatz" bezeichnet wurde.

- Sie können Ansprüche aus Sachmängelhaftung (§§ 434, 437 BGB) geltend machen, insbesondere wenn der Verein fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat und ein Haftungsausschluss nach § 444 BGB daher nicht greift.

- Im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs gilt die Beweislastumkehr des § 477 BGB zu Ihren Gunsten.

- Die Kosten für die vom Verein geforderten Untersuchungen könnten Sie nach § 670 BGB ersetzt verlangen, wenn Sie auf ausdrückliche Anweisung des Vereins gehandelt haben.



Sie sollten Ihre Ansprüche unter Berufung auf die genannten Vorschriften und die im Kontext dargestellten Grundsätze gegenüber dem Verein geltend machen.


Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Rückfrage vom Fragesteller 25. Juli 2025 | 14:07

Hallo Herr Wilking,

ich danke Ihnen sehr für die ausführliche und hilfreiche Antwort.
Leider werde ich als Privatperson gegenüber den Vorsitzenden des Vereins nichts bewirken können, da man sich auf die Unfehlbarkeit und absolute Rechtssicherheit ihres Vertrages beruft und mit Brechstangenmanier auftritt.
Somit hätte ich noch zwei kurze Fragen:
1. Hätte ich hinsichtlich der Rückerstattung der Tierarztkosten die Möglichkeit Chancen über die Sachmängelhaftung oder wäre ich mit der Ausführung auf Anweisung besser beraten?
2. Würden Sie den Fall übernehmen? Leider eilt die Angelegenheit etwas.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 25. Juli 2025 | 14:14

Sie können sich im Prinzip auf beide Anspruchsgrundlagen stützen, beide schließen sich nicht zwingend aus.

Ich habe momentan aufgrund des bevorstehenden Urlaubs keine Ressourcen mehr frei, um neue Mandate anzunehmen. Ich wünsche Ihnen aber viel Erfolg bei der Durchsetzung ihrer Rechte.

Mit freundlichen Grüßen

ANTWORT VON

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