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Teilzeit in Elternzeit: Gilt trotz TVöD-K das BEEG?; dringende betriebliche Gründe

18. September 2025 21:32 |
Preis: 90,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 1 Stunde

Sehr geehrte Damen und Herren,

vorab zur Einordnung: Ich bin seit fünf Jahren in einem Krankenhaus in Baden-Württemberg im TVöD-K in der Verwaltung angestellt. Der Verbund aus drei Häusern hat zwischen 3.000 und 4.000 Mitarbeitende.
Derzeit befinde ich mich mit meinem Arbeitgeber im Austausch zum Thema Elternzeit und Teilzeit innerhalb der Elternzeit. Der ursprüngliche Plan war es, zeitgleich mit der Mitteilung der Elternzeit für drei Jahre einen Antrag auf Teilzeit in Elternzeit ab dem zweiten Geburtstag meines Kindes mit 15 h je Woche zu stellen. Letzteres möchte mein Arbeitgeber zum jetzigen Zeitpunkt ablehnen. In diesem Rahmen kam es zu mehreren Aussagen bezogen auf Fristen usw., die bei mir die folgenden Fragen aufwerfen:

1) Gilt auch für mich vollumfänglich und als letzte Instanz das BEEG? Oder gibt es in meinem Arbeitsbereich zusätzliche Regelungen oder Gesetze, bspw. den TVöD-K, die ich beachten muss, was die Themen Elternzeit und Teilzeit in Elternzeit betreffen? Können interne Regelungen das BEEG "aushebeln" oder ergänzen?

2) Dazu noch konkrete Fragen: Gilt auch für mich, dass

a. wenn ich jetzt eine Mitteilung für zwei Jahre Elternzeit ab Geburt mache, ich mit der in § 16 Abs. 1 Nr. 1 BEEG genannten Frist von sieben Wochen direkt ein drittes Jahr Elternzeit anhängen kann, ohne dass mein Arbeitgeber zustimmen muss, da der Bindungszeitraum nach BEEG ja dann schon abgelaufen wäre?

b. mein Arbeitgeber einen Antrag auf Teilzeit in Elternzeit nur aus „dringenden betrieblichen Gründen" nach § 15 Abs. 7 Nr. 4 BEEG ablehnen kann, aber nicht aus rein „betrieblichen Gründen"? Muss ich meinen Arbeitgeber zu irgendeinem Zeitpunkt darauf hinweisen?

c. Über Punkt b. hinaus: Müsste mir in einem Ablehnungsschreiben nebst dem Hinweis, dass es betriebliche bzw. dringende betriebliche Gründe gibt, nicht auch konkret erläutert werden, was hinter diesen Gründen steckt, also bspw. so etwas wie „Einstellung einer befristeten Vertretung"? Damit ich abschätzen kann, ob ich mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht Erfolg haben könnte?

3) Hinsichtlich der Frist zur Einreichung einer Klage beim Arbeitsgericht, falls es mangels Einigung zu einer Ablehnung durch meinen Arbeitgeber kommt: In meinem Arbeitsvertrag gibt es keine Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen. Ist es richtig, dass die Frist zur Einreichung einer Klage beim Arbeitsgericht deshalb die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren ist?

4) Muss mich mein Arbeitgeber in der Teilzeit in Elternzeit in meiner ursprünglichen Abteilung beschäftigen oder kann ich im ganzen Unternehmen eingesetzt werden? In meinem Arbeitsvertrag steht letzteres, aber ich bin mir nicht sicher, ob das während der Elternzeit auch greift.

Ich würde mich freuen, wenn Sie bei Ihren Antworten die gesetzlichen Normen möglichst genau angeben und bei eventuell geltender Rechtsprechung das Urteil nennen könnten.

Herzlichen Dank vorab für die Beantwortung meiner Fragen.

Mit freundliche Grüßen

18. September 2025 | 21:59

Antwort

von


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26131 Oldenburg
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Rechtliche Einordnung: Elternzeit und Teilzeit in Elternzeit im TVöD-K

1. Geltung des BEEG und Verhältnis zu TVöD-K/interne Regelungen

a) Geltung des BEEG:
Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) gilt für alle Arbeitnehmer, auch im öffentlichen Dienst und damit auch für Sie als Angestellter im TVöD-K. Das BEEG ist insoweit zwingendes Gesetzesrecht und kann durch Tarifverträge oder interne Regelungen nicht zu Ihrem Nachteil abbedungen werden (§ 27 BEEG).

b) Tarifvertragliche/Interne Regelungen:

Tarifverträge wie der TVöD-K können das BEEG nur ergänzen oder zugunsten des Arbeitnehmers abweichende Regelungen treffen, nicht aber zu dessen Nachteil. Interne Regelungen, die das BEEG „aushebeln" oder verschlechtern, sind unwirksam.

Fazit:
Das BEEG ist für Sie vollumfänglich und als letzte Instanz maßgeblich, soweit keine günstigeren tariflichen Regelungen bestehen.

2. Konkrete Fragen

a) Verlängerung der Elternzeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 BEEG

Wenn Sie zunächst Elternzeit für zwei Jahre ab Geburt anmelden, können Sie das dritte Jahr Elternzeit mit einer Frist von sieben Wochen vor Beginn des dritten Jahres in Anspruch nehmen, ohne dass Ihr Arbeitgeber zustimmen muss.

Rechtsgrundlage:

§ 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG: Die Elternzeit muss spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich verlangt werden.
§ 16 Abs. 1 Satz 2 BEEG: Die Festlegung für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr ist verbindlich, eine Verlängerung ist mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich, es sei denn, die Verlängerung wird innerhalb des Rahmens von drei Jahren verlangt und die Sieben-Wochen-Frist wird eingehalten.

Ergebnis:
Sie können das dritte Jahr Elternzeit mit sieben Wochen Frist anhängen, ohne dass Ihr Arbeitgeber zustimmen muss, da der Bindungszeitraum nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BEEG dann abgelaufen ist.

b) Ablehnung des Teilzeitantrags in Elternzeit – „dringende betriebliche Gründe"

Rechtslage:

§ 15 Abs. 7 Nr. 4 BEEG: Der Arbeitgeber kann den Antrag auf Teilzeit in Elternzeit nur aus „dringenden betrieblichen Gründen" ablehnen, nicht aus bloßen „betrieblichen Gründen".
Die Schwelle für „dringende betriebliche Gründe" ist hoch und muss vom Arbeitgeber substantiiert dargelegt werden.

Hinweispflicht:
Sie müssen den Arbeitgeber nicht explizit auf diese Rechtslage hinweisen; es ist dessen Pflicht, das Gesetz zu kennen und korrekt anzuwenden.

c) Begründungspflicht bei Ablehnung
Rechtslage:

§ 15 Abs. 7 Satz 5 BEEG: Die Ablehnung muss schriftlich und unter Angabe der Gründe erfolgen.
Die Begründung muss so konkret sein, dass Sie die Ablehnungsgründe nachvollziehen und ggf. gerichtlich überprüfen lassen können. Allgemeine Floskeln reichen nicht aus.
Beispiel:
Die Angabe „dringende betriebliche Gründe" ohne nähere Erläuterung (z.B. „Einstellung einer befristeten Vertretung ist nicht möglich, weil...") genügt nicht.


3. Klagefrist beim Arbeitsgericht
Rechtslage:

Für die Klage auf Zustimmung zur Teilzeit in Elternzeit gilt keine spezielle Klagefrist im BEEG.
Es gilt die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 BGB).
Achtung: In der Praxis wird empfohlen, zeitnah zu klagen, da das Arbeitsverhältnis fortbesteht und Verzögerungen zu Nachteilen führen können (z.B. Verwirkung, § 242 BGB).

Ergebnis:
Ohne arbeitsvertragliche Ausschlussfristen gilt die dreijährige Verjährungsfrist.

4. Einsatzort während Teilzeit in Elternzeit

Rechtslage:

Grundsätzlich gilt der Arbeitsvertrag auch während der Elternzeit fort, soweit er nicht durch das BEEG eingeschränkt wird.
Wenn Ihr Arbeitsvertrag einen Einsatz im gesamten Unternehmen vorsieht, gilt dies auch während der Teilzeit in Elternzeit, sofern keine unzumutbare Benachteiligung oder Umgehung des BEEG vorliegt.
Es besteht kein Anspruch auf Beschäftigung in der ursprünglichen Abteilung, es sei denn, dies ist arbeitsvertraglich oder tariflich besonders geregelt.


Zusammenfassung

BEEG gilt vollumfänglich, TVöD-K kann nur zugunsten des Arbeitnehmers abweichen.
Drittes Jahr Elternzeit kann mit sieben Wochen Frist ohne Zustimmung des Arbeitgebers angehängt werden.
Teilzeit in Elternzeit kann nur aus „dringenden betrieblichen Gründen" abgelehnt werden, Ablehnung muss konkret und schriftlich begründet werden.
Klagefrist: Drei Jahre Verjährung, keine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag.
Einsatzort: Arbeitsvertragliche Regelung gilt auch während Teilzeit in Elternzeit, sofern keine unzumutbare Benachteiligung.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

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