Sehr geehrter Herr Mackert,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Ihr Anliegen ist rechtlich durchaus komplex und betrifft mehrere Regelungen, insbesondere aus dem Nachbarrecht, dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie aus der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV). Ich werde Ihnen die rechtlichen Grundlagen und mögliche Antworten auf die Argumentation der Nachbarin erläutern.
1. Fehlender Grundbucheintrag oder Servitutsrecht
Wenn keine Dienstbarkeit oder sonstige Rechte zugunsten der anderen Doppelhaushälfte im Grundbuch eingetragen sind, besteht grundsätzlich kein Anspruch, dass das Stromkabel über Ihr Grundstück (oder durch Ihr Gebäude) verlegt bleibt. Eine solche Eintragung wäre gemäß §§ 1018 ff. BGB erforderlich, um ein sogenanntes "Leitungsrecht" zu begründen. Ohne Grundbucheintragung besteht dieser Anspruch nicht, und die Nutzung Ihrer Immobilie für den Stromanschluss des Nachbarn ist damit unzulässig.
2. Relevanz der NAV
Die Argumentation Ihrer Nachbarin beruft sich auf die Niederspannungsanschlussverordnung (NAV). Diese regelt das Vertragsverhältnis zwischen dem Netzbetreiber und dem Anschlussnehmer, also dem jeweiligen Grundstückseigentümer. Jedoch:
Die NAV gibt keinen Anspruch auf die Verlegung von Leitungen durch das Eigentum eines Dritten (hier Ihre Immobilie). Die Duldungspflicht gemäß § 9 NAV bezieht sich ausschließlich auf die Verträge zwischen Netzbetreiber und Eigentümer der jeweiligen Kundenanlage.
Ein Anschluss, der über Ihr Grundstück führt, müsste entweder im Rahmen eines nachbarrechtlichen Duldungsanspruchs oder mit einer Grunddienstbarkeit abgesichert sein, was hier offenbar nicht vorliegt.
Relevante Vorschrift:
§ 9 NAV: Die Pflicht zur Duldung besteht nur im Rahmen des Netzanschlussvertrages und begründet keine Ansprüche gegen benachbarte Eigentümer.
3. Unzulässige Nutzung ohne rechtliche Grundlage
Die Verlegung der Leitung durch Ihren Wohnbereich stellt nicht nur eine Wertminderung und Beeinträchtigung dar, sondern ist auch eine Besitzstörung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Ohne vertragliche oder grundbuchrechtliche Sicherung können Sie verlangen, dass die Nutzung unterbleibt.
4. Verhältnismäßigkeit einer Abtrennung
Sie haben Ihrer Nachbarin großzügig Zeit eingeräumt (5 Monate), um eine alternative Lösung mit dem Netzbetreiber zu finden. Das ist rechtlich ausreichend. Eine Abtrennung ohne weitere Ankündigung könnte jedoch problematisch sein, wenn die Versorgung dadurch unmittelbar unterbrochen würde. Daher wäre es ratsam, den Netzbetreiber direkt einzubeziehen und eine gerichtliche Klärung anzustreben, falls keine Einigung erzielt wird.
5. Vorgehen und Antwort
Antwort an die Nachbarin: Betonen Sie, dass es keinen rechtlichen Anspruch gibt, die Leitung über Ihre Immobilie zu verlegen, wenn keine Grunddienstbarkeit oder anderweitige Vereinbarung besteht. Heben Sie hervor, dass die NAV sich ausschließlich auf das Verhältnis zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer bezieht, jedoch keine Duldungspflichten gegenüber Nachbarn begründet.
Formulierungsvorschlag:
„Sehr geehrte Frau [Name],
vielen Dank für Ihre Rückmeldung vom 6. Dezember 2024. Ihre Argumentation auf Basis der NAV ist unzutreffend, da die NAV lediglich das Verhältnis zwischen Netzbetreiber und Anschlussnehmer regelt. Für die Verlegung von Leitungen über fremde Grundstücke oder Immobilien wäre eine rechtliche Grundlage in Form einer Grunddienstbarkeit oder eines Vertrages erforderlich, die hier nicht besteht.
Der aktuelle Zustand stellt eine unzulässige Beeinträchtigung meines Eigentums nach § 1004 BGB dar.
Ich fordere Sie daher letztmalig auf, bis zum 31. Januar 2025 eine alternative Lösung für die Stromversorgung Ihrer Immobilie umzusetzen. Sollte dies nicht erfolgen, werde ich die Leitung am 1. Februar 2025 entfernen lassen und behalte mir weitere rechtliche Schritte vor.
Mit freundlichen Grüßen
[Ihr Name]"
Wichtiger Hinweis: Bevor Sie die Leitung tatsächlich abtrennen, empfehle ich dringend, einen Anwalt hinzuzuziehen und ggf. eine einstweilige Verfügung zu beantragen, um sich rechtlich abzusichern. Ein eigenmächtiges Handeln könnte zu Konflikten führen, falls z. B. der Netzbetreiber ebenfalls Ansprüche geltend macht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen zweiten Advent und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Hagen Riemann
(Rechtsanwalt)
Antwort
vonRechtsanwalt Hagen Riemann
Paul-Sorge-Str. 4 c
22459 Hamburg
Tel: 040-22862199-0
Web: https://www.ra-riemann.de/
E-Mail:
Danke fuer die ausfuehrliche antwort ! Ich habe den text so weitergeleitet. Nun endlich eine Antwort bekommen die aber genau das selbe behauptet wie sie schon sehr detailiert wiederlegt haben....
"
Hallo Herr Mackert,
1) Du mußt den Stromanschluß für die HW 31 dulden
Ein Grundstückseigentümer, der Inhaber eines Stromanschlusses ist, muss dulden, dass der Stromversorger auf seinem Grundstück Leitungen verlegt, die der Versorgung anderer Anlieger dienen.
BGH, Urteil v. 28.4.2010, VIII ZR 223/09
BGH: Stromkunde muss Leitung auf seinem Grundstück dulden | Recht | Haufe
BGH: Stromkunde muss Leitung auf seinem Grundstück dulden | Recht | Haufe
www.haufe.de
Ein Grundstückseigentümer, der Inhaber eines Stromanschlusses ist, muss dulden, dass der Stromversorger auf sein...
BGH: Stromkunde muss Leitung auf seinem Grundstück dulden | Recht | Haufe
www.haufe.de
Ein Grundstückseigentümer, der Inhaber eines Stromanschlusses ist, muss dulden, dass der Stromversorger auf sein...
2) Nach §5 Deines Kaufvertrags hast Du die DHH so gekauft wie sie ist und hast keine Rechte, etwaige Sachmängel des Grundstücks, des Gebäudes, der Anlagen und der mitverkauften beweglichen Sachen geltend zu machen.
VIele Grüße,"
Sehr aergerlich, wie und wo kann ich diese Einstweillige verfuegung beantragen welche ich zum abtrennen am 1. Februar brauche. Da hier wohl leider keine Einsicht seitens der Besitzerin der anderen Haushaelfte zu erwarten ist.
Mfg und Danke!
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
um eine einstweilige Verfügung zu beantragen, um das Abtrennen der Stromleitung rechtlich abzusichern, ist ein strukturiertes Vorgehen erforderlich. Ich werde Ihnen Schritt für Schritt erklären, wie Sie vorgehen können:
1. Zuständiges Gericht ermitteln
Die einstweilige Verfügung beantragen Sie beim zuständigen Amtsgericht (Wohnortgericht), in dessen Bezirk sich die Immobilie befindet. Es handelt sich hier um eine Streitigkeit des Nachbarrechts, weshalb das Amtsgericht zuständig ist (§ 23 Nr. 1 GVG).
2. Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung
Eine einstweilige Verfügung ist nur möglich, wenn:
Ein Verfügungsanspruch vorliegt: Sie haben einen Anspruch, dass die Leitung von Ihrem Grundstück entfernt wird (hier basierend auf § 1004 BGB und der fehlenden Grunddienstbarkeit).
Ein Verfügungsgrund besteht: Sie müssen darlegen, dass ein schnelles Handeln erforderlich ist, weil Ihnen durch das Fortbestehen der Leitung ein erheblicher Nachteil entsteht (z. B. gesundheitliche Beeinträchtigung durch Elektrosmog, Verletzungsgefahr für Kinder oder nachhaltige Beeinträchtigung der Nutzung Ihrer Immobilie).
3. Antrag auf einstweilige Verfügung
Der Antrag auf einstweilige Verfügung kann schriftlich eingereicht werden. Sie benötigen:
Einen schriftlichen Antrag: Hier sollten Sie die Umstände ausführlich darlegen.
Beweismittel: Kopien von Grundbuchauszügen, Fotos des Kabelverlaufs, die schriftliche Korrespondenz mit der Nachbarin und ggf. eine Stellungnahme eines Fachmanns, der die Beeinträchtigung bestätigt (z. B. durch die Elektrosmog-Belastung).
Vorläufige Forderung: Antrag auf Duldung der Entfernung der Leitung bis zur Klärung im Hauptverfahren.
4. Beauftragung eines Anwalts
Es ist dringend zu empfehlen, einen Anwalt hinzuzuziehen. Einstweilige Verfügungen im Nachbarrecht sind rechtlich komplex, und Fehler im Antrag könnten die Erfolgsaussichten mindern. Zudem ist der Anwalt in der Lage, Ihre Rechte klar darzulegen und auf die rechtlichen Argumente der Gegenseite einzugehen.
5. Verfahrensablauf
Antrag beim Amtsgericht einreichen: Der Antrag kann schriftlich oder persönlich in der Rechtsantragsstelle des Gerichts gestellt werden.
Eilentscheidung des Gerichts: Das Gericht prüft den Antrag zügig (meist binnen weniger Tage) und entscheidet ohne mündliche Verhandlung.
Zustellung der Verfügung: Wenn die Verfügung erlassen wird, wird sie der Gegenseite zugestellt.
Durchsetzung der Verfügung: Die Verfügung kann durch einen Gerichtsvollzieher durchgesetzt werden, falls die Gegenseite nicht freiwillig handelt.
6. Argumentation gegen die Nachbarin
Die zitierte Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 28.04.2010 – VIII ZR 223/09) bezieht sich auf eine Duldungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 NAV, wenn der Netzbetreiber rechtmäßig eine Leitung verlegt hat. Sie können entgegnen:
Fehlende Grunddienstbarkeit: Das Urteil gilt nur, wenn die Leitung durch den Netzbetreiber mit Einwilligung oder Berechtigung des Grundstückseigentümers verlegt wurde. Dies ist hier nicht der Fall.
Unzulässige Vertragsübertragung: Der Kaufvertrag (Sachmängelausschluss) betrifft keine nachträglichen Eingriffe wie die unerlaubte Verlegung der Leitung durch Dritte.
Fehlende Verhältnismäßigkeit: Es gibt alternative Anschlussmöglichkeiten, die die Nachbarin bisher ignoriert.
7. Kosten
Gerichtskosten: Diese richten sich nach dem Streitwert (häufig 5.000–10.000 € bei Nachbarrechtsstreitigkeiten).
Anwaltskosten: Diese hängen vom Streitwert ab. Für 5.000 € Streitwert können die Gesamtkosten ca. 1.200–1.500 € betragen.
Zusammenfassung
Stellen Sie den Antrag auf einstweilige Verfügung beim zuständigen Amtsgericht.
Legen Sie alle relevanten Beweise vor (Grundbuch, Fotos, Korrespondenz).
Ziehen Sie einen Anwalt hinzu, um die Erfolgsaussichten zu maximieren.
Argumentieren Sie gegen die rechtlich unzutreffende Anwendung des BGH-Urteils und weisen Sie auf Ihre Eigentumsrechte hin.
Mit freindlichen Grüßen
Hagen Riemann
(Rechtsanwalt)