Sehr geehrter Fragesteller,
auf Grundlage der genannten Informationen gebe ich Ihnen gerne folgende Ersteinschätzung:
Frage 1: Welche der Positionen 1-9 müssen Sie bei Ihrer Einkommensteuer als Einkünfte aus Selbstständigkeit bzw. als sonstige Einkünfte angeben?
1. Minijob als Altenpflegehelferin (556 €):
Minijobs, die pauschal vom Arbeitgeber versteuert werden, müssen grundsätzlich nicht in der Einkommensteuererklärung angegeben werden, sofern Sie nur einen Minijob ausüben. Die Versteuerung und Sozialversicherung übernimmt der Arbeitgeber. Sollten Sie mehrere Minijobs haben, ist der zweite anzugeben.
2. Gelegenheitsprostitution (700 €):
Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, wozu auch die Prostitution zählt, sind in der Einkommensteuererklärung als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) anzugeben. Sie müssen eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) beifügen.
3. Übungsleiterpauschale (250 €):
Einnahmen als Übungsleiter sind bis zu 3.000 € jährlich steuerfrei (§ 3 Nr. 26 EStG). Nur der übersteigende Betrag wäre steuerpflichtig. Da Sie unter dem Freibetrag bleiben, müssen Sie diese Einnahmen zwar angeben, sie bleiben aber steuerfrei.
4. Ehrenamtspauschale (60 €):
Auch hier gilt ein Freibetrag von 840 € jährlich (§ 3 Nr. 26a EStG). Ihre Einnahmen liegen darunter, daher sind sie steuerfrei, müssen aber in der Steuererklärung angegeben werden.
5. Plasmaspende (200 €) und 6. Blutspende (12 €):
Vergütungen für Plasmaspenden und Blutspenden sind grundsätzlich steuerpflichtig, da es sich um eine Gegenleistung handelt. Diese Einnahmen sind als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) in der Steuererklärung anzugeben.
7. Kindergeld (255 €):
Kindergeld ist steuerfrei und muss in der Einkommensteuererklärung nicht als Einkommen angegeben werden.
8. Putzen bei der Nachbarin (60 €):
Sofern Sie diese Tätigkeit selbstständig ausüben (also nicht als Minijob angemeldet sind), handelt es sich um Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (§ 18 EStG), die in der Steuererklärung anzugeben sind. Falls es ein Minijob ist und pauschal versteuert wird, siehe Punkt 1.
9. Spesen und Fahrtkosten als Basketballschiedsrichterin (50 €):
Erhaltene Spesen und Fahrtkostenerstattungen sind grundsätzlich steuerfrei, soweit sie tatsächliche Aufwendungen ersetzen. Übersteigen sie die tatsächlichen Kosten, ist der Überschuss als Einnahme zu versteuern. Die Tätigkeit als Schiedsrichterin kann unter die Übungsleiterpauschale fallen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.
Zusammengefasst:
- Einkünfte aus Prostitution, Putzen (sofern selbstständig), Plasmaspende, Blutspende und ggf. Überschüsse aus Spesen sind in der Steuererklärung anzugeben.
- Minijob (sofern nur einer und pauschal versteuert) und Kindergeld müssen nicht angegeben werden.
- Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale sind anzugeben, bleiben aber steuerfrei, solange Sie unter den Freibeträgen bleiben.
Frage 2: Müssen Sie Bürgergeld oder Wohngeld angeben, wenn Sie diese Leistungen erhalten?
Bürgergeld (ehemals ALG II) und Wohngeld sind steuerfrei und unterliegen nicht der Einkommensteuerpflicht. Sie müssen diese Leistungen nicht in der Einkommensteuererklärung als Einkommen angeben. Allerdings müssen Sie bei der Beantragung von Bürgergeld oder Wohngeld sämtliche Einkünfte offenlegen, damit die Behörde Ihren Anspruch prüfen kann. In der Steuererklärung selbst sind diese Sozialleistungen aber nicht als Einkommen zu deklarieren.
Frage 3: Müssen Sie eine Umsatzsteuererklärung und eine Gewerbesteuererklärung abgeben?
Umsatzsteuererklärung:
- Als selbstständig tätige Prostituierte und ggf. als selbstständige Reinigungskraft sind Sie grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Allerdings greift die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG, wenn Ihr Umsatz im Vorjahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. In diesem Fall müssen Sie keine Umsatzsteuer abführen und auch keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, aber Sie müssen in der Steuererklärung angeben, dass Sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen.
- Sie müssen eine Umsatzsteuererklärung abgeben, es sei denn, Sie sind Kleinunternehmerin und das Finanzamt verzichtet darauf.
Gewerbesteuererklärung:
- Gewerbesteuerpflicht besteht nur, wenn Sie ein Gewerbe betreiben. Die Tätigkeit als Prostituierte wird steuerlich als selbstständige Tätigkeit und nicht als Gewerbe eingestuft. Auch die Tätigkeit als Übungsleiterin, Ehrenamtliche oder Schiedsrichterin ist kein Gewerbe.
- Die Reinigungstätigkeit bei der Nachbarin kann als selbstständige Tätigkeit oder als Gewerbe eingestuft werden, je nach Umfang und Organisation. Bei gelegentlicher Tätigkeit ohne unternehmerische Organisation ist es meist keine gewerbliche Tätigkeit.
- Erst wenn Sie ein Gewerbe angemeldet haben und der Gewinn den Freibetrag von 24.500 € jährlich übersteigt, fällt Gewerbesteuer an. In Ihrem Fall ist das nicht zu erwarten.
Fazit:
- Sie müssen eine Einkommensteuererklärung abgeben und darin die genannten Einkünfte entsprechend deklarieren.
- Bürgergeld und Wohngeld sind nicht steuerpflichtig und müssen in der Steuererklärung nicht als Einkommen angegeben werden.
- Eine Umsatzsteuererklärung ist abzugeben, sofern Sie nicht als Kleinunternehmerin gelten. Gewerbesteuererklärung ist in Ihrem Fall nicht erforderlich.
Ich hoffe, das hilft Ihnen für eine erste Einschätzung. Eine individuelle Beratung durch einen Steuerberater ist zu empfehlen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Milad Ahmadi
Rechtsanwalt
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