Sehr geehrte Ratsuchende,
ich möchte Ihre Frage auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ich weise darauf hin, dass dies einer ersten Orientierung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.
Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann die rechtliche Beurteilung beeinflussen.
Dies vorangestellt beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Ein Notwegerecht zu Gunsten Ihres Nachbarn dürfte nach § 917 BGB
nicht bestehen, da es insoweit an der Voraussetzung des Fehlens einer Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt, da nach Ihren Angaben eine Zuwegung zum Erd- und Obergeschoss auch über das Grundstück Ihres Nachbarn erfolgen kann.
Ein Wegerecht, worauf sich der Nachbar wohl berufen dürfte, käme also nur durch eine altrechtliche Dienstbarkeit vor 1900 in Betracht, deren Eintragung es im Grundbuch nicht bedarf, bzw. in Folge unvordenklicher Verjährung.
Die unvordenkliche Verjährung setzt voraus, dass der als Recht beanspruchte Zustand in einem Zeitraum von vierzig Jahren als Recht besessen worden ist und dass weitere vierzig Jahre vorher keine Erinnerungen an einen anderen Zustand seit Menschengedenken bestanden hat, ohne dass dieser Zustand immer unbestritten geblieben zu sein braucht.
Zur Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum 1.1.1900 hat der Gesetzgeber in Art. 187 Abs. 1 EGBGB
geregelt, dass eine Grunddienstbarkeit, die zum Zeitpunkt der Anlegung des Grundbuchs bereits bestanden hat, weiterhin fortbesteht.
Sofern das Grundstück in den neuen Bundesländern liegt, wäre eine solche altrechtliche Dienstbarkeit mit dem Ablauf des 31. 12. 2000 nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Grundbuchbereinigungsgesetzes vom 20. 12. 1993 (BGBl I, 2182
- GBBerG) erloschen.
Grundsätzlich gilt, dass gemäß Art. 184 S. 1 EGBGB der Inhalt einer bei Inkrafttreten des BGB bestehenden Grunddienstbarkeit sich nach altem Recht richtet; ihre Ausübung dagegen nach den §§ 1020 bis 1028 zu beurteilen (Art. 184 S. 2 EGBGB) ist.
Hieraus ergibt sich für die wichtige Frage der Anpassung an entwicklungsbedingte Veränderungen, dass die Grunddienstbarkeit in ihrem ursprünglichen Umfang zunächst nach altem Recht festzustellen, ihre Anpassung an wirtschaftliche und technische Fortentwicklung aber nach neuem Recht zu beurteilen ist.
Demzufolge erlöscht die altrechtliche Dienstbarkeit mit endgültige Wegfall des Vorteils im Sinne von § 1019 BGB und die dauernde Unmöglichkeit der Ausübung der Grunddienstbarkeit aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nach dem Umbau des Anbaus im Jahr 1975.
Zudem dürfte auch die unvordenkliche Verjährung nicht mehr durchgreifen, wenn sich ergibt, dass die Zuwegung zum Erd- bzw. Obergeschoss immer vom Haupthaus erfolgt ist.
Für das Vorliegen einer altrechtlichen Dienstbarkeit trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast, wobei derzeit nicht zu erkennen ist, dass eine solche tatsächlich vorliegt, da allein auf Grund der „alten Türöffnung“ nicht darauf geschlossen werden kann.
Demzufolge käme meines Erachtens allenfalls eine Nutzung auf Grund unvordenklicher Verjährung in Betracht, die allerdings aus den oben dargelegten Gründen nicht nachweisbar sein dürfte, da die letzten 40 Jahre eine Zuwegung über das Haupthaus erfolgte.
Insgesamt empfehle ich Ihnen, diese Angelegenheit durch einen Anwalt weiter prüfen zu lassen und ggf. einen Kollegen mit Ihrer Vertretung zu beauftragen, da auf Grund der rechtlichen Schwierigkeit in diesem Rahmen lediglich ein erster Überblick gegeben werden kann.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die bestehende Rechtslage geben und Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Bestehende Unklarheiten beantworte ich Ihnen gern innerhalb der kostenlosen Nachfragefunktion, wobei ich darum bitte, die Vorgaben dieses Forums zu beachten.
Darüber hinausgehende Fragen beantworte ich Ihnen gern im Rahmen einer Mandatserteilung.
Durch eine Mandatserteilung besteht auch die Möglichkeit einer weiterführenden Vertretung.
Die Kommunikation bei größerer Entfernung kann via Email, Post, Fax und Telefon erfolgen und steht einer Mandatsausführung nicht entgegen, sofern Sie der Nutzung dieser Möglichkeiten aufgeschlossen gegenüberstehen.
Eine weiterführende Vertretung zieht allerdings weitere Kosten nach sich. Im Fall einer Beauftragung würde ich den hier gezahlten Einsatz auf meine nachfolgenden Gebühren vollständig anrechnen.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt
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