Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich aufgrund der von Ihnen mitgeteilten Informationen gerne beantworten werde.
Für Schwangere gibt es den besonderen Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG), der grundsätzlich unabhängig von der Betriebsgröße für alle schwangeren Frauen gilt, egal ob vollzeit- oder teilzeitbeschäftigt.
Nach § 9 Abs. 1 MuSchG
ist die Kündigung einer Schwangeren durch den Arbeitgeber bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung unzulässig und damit unwirksam, wenn dem Arbeitgeber bei der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt ist oder ihm dies innerhalb 2 Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Da Sie nach § 5 Abs. 1 MuSchG
die Schwangerschaft ohnehin dem Arbeitgeber frühestmöglich mitteilen sollen, wird sich der Arbeitgeber nach dieser Mitteilung nicht mehr ohne Weiteres auf eine Kündigung berufen können, da dann in jedem Falle Kenntnis von der Schwangerschaft im Kündigungszeitpunkt hatte.
Zwar gibt es in § 9 Abs. 3 MuSchG
die Möglichkeit, dass die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde in bestimmten Ausnahmefällen eine Kündigung genehmigen kann, doch kommt dies meiner Erfahrung nach eher selten vor, da es für diese Genehmigung wirklich außergewöhnlicher Umstände bedarf, die ferner nicht im Zusammenhang mit der Schwangerschaft stehen dürfen. Solche Ausnahmefälle wurden beispielsweise bei strafbaren Handlungen der schwangeren Frau oder bei einer Stilllegung des Betriebs angenommen. Dass ein Kleinbetrieb gegeben ist, bedeutet aber noch nicht automatisch, dass eine Ausnahme im Sinne des § 9 Abs. 3 MuSchG
vorliegt oder eine Kündigung möglich wäre.
Wenn ein Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG vom Arzt attestiert wird, kann deswegen ebenfalls im Normfall nicht gekündigt werden. Auch hier greift der besondere Kündigungsschutz des § 9 Abs. 1 MuSchG
.
Sollte Ihnen dennoch ohne die Genehmigung der Arbeitsschutzbehörde gekündigt werden, sollten Sie sich unverzüglich an einen Kollegen oder eine Kollegin vor Ort wenden, um sich gegen die Kündigung gerichtlich zur Wehr zu setzen.
Aufgrund Ihrer Ausführungen halte ich es aber eher für wahrscheinlich, dass es überhaupt zu einer Kündigung kommen wird.
Der Vollständigkeit halber noch ein kleiner Hinweis zum Abschluss: § 9 Abs. 1 MuSchG
bezieht sich ausdrücklich nur auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung. Andere Formen, das Arbeitsverhältnis zu beenden (befristeter Vertrag, Aufhebungsvertrag) werden nicht erfasst, so dass eine andere Beendigung zulässig und wirksam wäre.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen weiterhelfen und wünsche Ihnen für Ihre Schwangerschaft alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Jacobi,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Sie schreiben:
"Aufgrund Ihrer Ausführungen halte ich es aber eher für wahrscheinlich, dass es überhaupt zu einer Kündigung kommen wird."
Meinten Sie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ?
Wie hoch (%) schätzen Sie es ein, dass es zu einer Kündigung kommen könnte?
Mein AG wird wahrscheinlich in 4 Jahren in Rente gehen und er lässt es so langsam auslaufen (Umsatzrückgang).
Wäre das ein Kündigungsgrund, um eine Schwangere los zu werden?
Ich muss unbedingt wissen, ob ich oder mein AG dann im Recht ist.
Nochmal VIELEN DANK!
MfG
Sehr geehrte Ratsuchende,
ich muss mich vielmals entschuldigen - ich meinte natürlich UNwahrscheinlich. Eine verbindliche Prozentangabe zu der Wahrscheinlichkeit kann ich aber naturgemäß nicht machen, ich schätze das Risiko einer Kündigung als gering ein.
Der Umstand, dass Ihr AG in 4 Jahren wahrscheinlich in Rente gehen wird und der Umsatz deswegen rückgängig ist, ist m. E. kein Grund, eine Kündigung entgegen § 9 Abs. 1 MuSchG
zu rechtfertigen. Bei der Genehmigung nach § 9 Abs. 3 MuSchG
handelt es sich um außergewöhnliche Umstände. Diese Ausnahmen sollen aber den Kündigungsschutz nicht aushöhlen, sondern sie beziehen sich auf Härtefälle, in denen einem AG die Weiterbeschäftigung entweder absolut unzumutbar wäre (z. B. bei Straftaten der Schwangeren) oder eine Weiterbeschäftigung eben unmöglich wäre (z. B. Betriebstilllegung während der Schwangerschaft). Umsatzeinbußen könnten demnach dann eine solche Ausnahme bedeuten, wenn der Betrieb insolvent ist oder aufgegeben wird.
Bitte haben Sie Verständnis, dass im Rahmen dieses Forums nur vorläufige rechtliche Einschätzungen abgegeben werden können. Die Vorhersage, ob ein Rechtsstreit für Sie erfolgreich wäre, hängt vor allem von den konkreten Kündigungsgründen ab, die noch gar nicht bekannt sind - ebenso wenig wie feststeht, dass Ihnen gekündigt wird. Jetzt schon evtl. Erfolgsaussichten abschließend zu beurteilen, wäre also unseriös. Aufgrund Ihrer Angaben und unter Vorbehalt weiterer Prüfungen im "Ernstfall", würde ich zum jetzigen Beurteilungszeitpunkt aber davon ausgehen, dass Sie normalerweise gute Chancen hätten, sich erfolgreich gegen eine Kündigung zu wehren. Wie die Erfolgsaussichten tatsächlich sind, müsste allerdings im Falle einer Kündigung in Kenntnis aller Umstände gesondert geprüft werden.
Ich hoffe, dass Ihre Nachfrage damit beantwortet ist und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin