Sehr geehrte Fragestellerin,
ohne die Einsicht in den gesamten Mietvertrag kann eine Beurteilung der Rechtslage leider nicht abschließend erfolgen. Meine folgenden Ausführungen beziehen sich anhand Ihrer Angaben allein auf die Ihrerseits zitierte Schönheitsreparatur-Klausel des „§8 Schönheitsreperaturen/Bagatell-Schäden" des Mietvertrages, wobei ich davon ausgehe, dass es sich dabei um eine „Allgemeine Geschäftsbedingung" im Sinne der §§ 305 ff. BGB
handelt.
Grundsätzlich obliegen Schönheitsreparaturen als Instandhaltungsarbeiten an der Mietsache dem Vermieter, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB
. Diese Instandhaltungspflicht kann allerdings auf den Mieter abgewälzt werden, was Ihr Vermieter vorliegend vertraglich getan hat. Fraglich ist nun, ob diese Abwälzung auch wirksam ist.
Die Renovierungsintervalle müssen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarfsorientiert sein und dürfen keine sog. "starren Jahresfristen" darstellen (vgl. Palandt, BGB, § 535, Rn. 43; BGH NJW 98, 3114
; 04, 2586
; <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=NJW%2006,%203778" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 18.10.2006 - VIII ZR 52/06: Unwirksamkeit von Abgeltungsklauseln mit "starren" Fristen">06, 3778</a>). Die Formulierung „im Allgemeinen" ist ein Indiz für „weiche, flexible Jahresfristen" und zudem ist die Klausel wegen der Formulierung „nach dem Grad der Abnutzung" bedarfsorientiert (vgl. BGH NJW 04, 425; 05, 1426
). Damit ist die Abwälzung auf Sie als Mieterin und damit auch die Renovierungsklausel an sich grundsätzlich wirksam und Sie sind bei Auszug zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, allerdings nur dann, wenn diese auch tatsächlich fällig sind. Fälligkeit ist gegeben, soweit ein objektiver Renovierungsbedarf besteht (vgl. Palandt, BGB, § 535, Rn. 47; BGH NJW 05, 1863
). Ob in Ihrem konkreten Fall eine Fälligkeit gegeben ist, kann ich hier mangels Kenntnis der Räumlichkeiten nicht beurteilen, tendiere allerdings anhand Ihrer Angaben („alles also soweit neu") äußerst vorsichtig dazu, dies zu verneinen und damit einen Renovierungsbedarf abzulehnen.
Was die Abgeltungsklausel des § 8 Nr. 4 des Mietvertrages anbelangt, so ist diese nach Auffassung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 18.10.2006 (Az. <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=VIII%20ZR%2052/06" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 18.10.2006 - VIII ZR 52/06: Unwirksamkeit von Abgeltungsklauseln mit "starren" Fristen">VIII ZR 52/06</a>) dann unzulässig, wenn sie den Mieter zur Zahlung einer Quote unabhängig vom Grad der Abnutzung der Wohnung, d.h. also nicht bedarfsorientiert, verpflichtet. Die Abgeltungsklausel gem. § 8 Nr. 4 des Mietvertrages ist somit nach Auffassung des BGH unwirksam.
Auch wenn es nicht weiter relevant sein dürfte, möchte ich noch kurz im Falle eines vorhandenen Renovierungsbedarfs Folgendes anmerken. Welche Arbeiten im Einzelnen auszuführen wären, hängt vom Einzelfall ab. Schönheitsreparaturen sind Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entstanden sind (vgl. Palandt, BGB, § 535, Rn. 41; BGH NJW-RR 95, 123
). Dazu kann grundsätzlich beispielsweise das Streichen oder Tapezieren von Wänden, Decken, Heizkörpern, Innentüren, sowie Fenstern und Außentüren von innen, unter Umständen auch das Erneuern von Teppichböden oder Abschleifen und Versiegeln von Parkett etc. gehören (vgl. Palandt, BGB, § 535, Rn. 41).
Was Ihre zweite Frage anbelangt, so sehe ich keine Notwendigkeit, überhaupt auf das Schreiben Ihres Vermieters entsprechend zu reagieren. Ich vermute, dass Ihr Vermieter keinen Renovierungsbedarf sieht und sich auf diese Weise eine Renovierung „erschleichen" möchte. Allenfalls können Sie dem Abzug der anteiligen Renovierungskosten aus § 8 Nr. 4 des Mietvertrages aufgrund Unwirksamkeit bereits im Vorfeld widersprechen. Andererseits könnte es auch sinnvoll sein, keine „schlafenden Hunde zu wecken".
Abschließend möchte ich Ihnen für den Fall, dass bei Mietende Probleme mit Ihrem Vermieter entstehen, zur Beauftragung eines ortsansässigen Rechtsanwalts raten, der insbesondere Einsicht in den gesamten Mietvertrag nehmen und sich einen umfassenden Einblick über die Sach- und Rechtslage verschaffen kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet und Ihnen weitergeholfen zu haben. Mit einem Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Özkara,
Vielen Dank für diese umfassende Beantwortung meiner Frage. Nun bin ich schon um einiges sicherer.
Ich hätte noch eine Nachfrage zu meiner Frage Nr. 2. Da meine Vermieter meine Nachbarn sind und ich diesen leider nich ausweichen kann, ich andererseits aber wie Sie schon sagten "keine schlafenden Hunde wecken" möchte, würde ich gerne wissen ob ich mit einer Antwort mit diesem Satz gut da stehen würde:
"Hiermit nehme ich Ihr Schreiben vom {Datum} zur Kenntnis und bestätige das Ende des Mietverhältnisses zum {Datum X}" - ich würde also gar nicht auf den Punkt mit dem Renovieren eingehen. Wäre das eine Möglichkeit zu Antworten, ohne einer Renovierung zuzustimmen?
Mit freundlichen Grüßen.
Sehr geehrter Fragesteller,
mit dieser Antwort erkennen Sie nach meiner eigenen, ganz persönlichen Auffassung keine Renovierungsverpflichtung o.Ä. an. Allerdings halte ich es für denkbar, dass einige Gerichte unter Umständen durch Auslegung dahin gelangen, dass Sie im Wege der "Bezugnahme auf das vorausgegangene Vermieterschreiben" eine Renovierungsverpflichtung anerkennen und bestätigen, eben weil der Vermieter um eine entsprechende Bestätigung gebeten hatte. Daher wäre ich mit solchen Schreiben an Ihrer Stelle sehr vorsichtig und würde entweder gar nicht reagieren oder ausdrücklich schreiben, dass Sie sich nicht in der Renovierungspflicht sehen (sofern überhaupt eine Renovierungsfälligkeit noch nicht gegeben ist, siehe dazu meine obigen Ausführungen).
Ich wünsche Ihnen einen guten, gewünschten Ausgang in dieser Angelegenheit! Im Falle eines Vertretungsbedarfs stehe ich Ihnen gerne im Rahmen eines ordentlichen Mandatsverhältnisses zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt