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Schadensersatzanspruch gegenüber Steuerberater noch möglich ?

15. September 2025 17:49 |
Preis: 65,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von


18:56

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Steuerberater hat für mich (als Freiberufler) über viele Jahre die Buchhaltung gemacht sowie alle relevanten Erklärungen abgegeben. Der Steuerbescheid vom FA wurde von ihm geprüft und zusammen mit allern anderen Unterlagen dann immer an mich weitergeleitet.

Vor einigen Jahren wurde eine Versicherung an mich ausbezahlt und diese auch versteuert.

In den zwei darauffolgenden Jahren wurde dieser Posten "fälschlicherweise" an das FA übermittelt und hatte so auch einen Einfluß auf das zu versteuernde Einkommen. Mir ist dadurch 2019 ein steuerrechtlicher Nachteil entstanden. Der Steuerberater hat zudem bei der Prüfung des Bescheids Häkchen hinter den Posten gesetzt. Nachdem er also schon die Erklärung falsch ausgefüllt hat, hätte ihm spätestens bei der Prüfung des Bescheids der Fehler auffallen müssen.

Nachdem ich die Bescheide nicht kontrolliere, ist mir dieser Vorgang leider erst dieses Jahr aufgefallen. Mein Steuerberater hat auf Anfrage nur lapidar gemeint, daß ich nach Kontrolle der Erklärung und des Bescheides diesen nicht beanstandet habe und sie somit nichts machen können. Wie wenn ich die Tätigkeit des Steuerberaters überprüfen muss... a) kann ich die Richtigkeit nicht beurteilen und b) bezahle ich ihn ja dafür ...

Gemäß der Regelverjährung von 3 Jahren (§ 195 BGB) habe ich gelesen, dass die Verjährungsfrist erst MIT DER KENNTNIS des Mandanten von der Pflichtverletzung beginnt. Stimmt das ? Habe ich noch eine Möglichkeit, den Steuerberater wg. einer objektiven Pflichtverletzung haftbar zu machen ?

Auch habe ich gelesen, dass bei einer vorsätzlichen Pflichtverletzungen die Verjährungsfrist nicht drei, sondern zehn Jahre beträgt ...

Wie soll ich mich verhalten ? Auf E-Mails reagiert die Kanzlei nicht mehr. Wie sollte ich das Schreiben
an den Steuerberater formulieren ?

Vielen Dank für Ihre Antwort !

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Die Situation ist klar ein Fall einer möglichen Haftung des Steuerberaters. Ein Steuerberater ist verpflichtet, Erklärungen richtig zu erstellen und Bescheide sorgfältig zu prüfen. Fehler wie die wiederholte Erfassung eines bereits versteuerten Versicherungsbetrages sind eindeutige Pflichtverletzungen. Dass Sie die Bescheide nicht eigenständig kontrollieren, ändert daran nichts, da genau dies die Kernaufgabe des Beraters ist.

Bei der Verjährung gilt die sogenannte kenntnisabhängige Verjährung. Der Anspruch auf Schadensersatz verjährt grundsätzlich nach drei Jahren, gerechnet ab dem Ende des Jahres, in dem Sie vom Schaden und der Person des Verantwortlichen Kenntnis erlangt haben oder hätten erlangen müssen. Wenn Sie erst dieses Jahr den Fehler entdeckt haben, läuft die Frist erst ab diesem Zeitpunkt. Daneben gibt es eine absolute Höchstfrist von zehn Jahren ab Entstehung des Schadens, unabhängig von der Kenntnis. Vorsatz führt ebenfalls zu einer zehnjährigen Frist, ist aber schwerer nachzuweisen.

In Ihrem Fall heißt das: Wenn die Bescheide aus 2019 betroffen sind und Sie den Fehler erst 2023/2024 entdeckt haben, haben Sie noch Zeit, den Anspruch geltend zu machen. Wichtig ist, dass Sie jetzt nicht länger abwarten, sondern die Verjährung durch ein konkretes Vorgehen hemmen. Dazu zählt zum Beispiel ein schriftliches Anspruchsschreiben an den Steuerberater mit Fristsetzung oder die Einschaltung eines Anwalts, der den Anspruch durchsetzt. E-Mails reichen nicht, hier sollten Sie ein förmliches Schreiben per Einschreiben wählen.

Formulieren Sie sachlich und klar: Schildern Sie den Fehler, benennen Sie den entstandenen Schaden, fordern Sie Ersatz und setzen Sie eine Frist. Schreiben Sie etwa, dass Sie die Kanzlei für die fehlerhafte Doppelversteuerung verantwortlich machen, den konkreten finanziellen Nachteil beziffern und um schriftliche Stellungnahme binnen zwei Wochen bitten. Kündigen Sie an, anwaltliche Schritte einzuleiten, falls keine Reaktion erfolgt.

Da erfahrungsgemäß viele Steuerberater für solche Fälle eine Berufshaftpflichtversicherung haben, landet das Thema ohnehin bei deren Versicherung, sobald Sie den Anspruch formal anmelden.

Ich hoffe das hilft für die erste Einschätzung, viele Grüße und einen tollen Tag!


Rückfrage vom Fragesteller 15. September 2025 | 18:52

Vielen Dank für Ihre Einschätzung !

Gibt es evtl. Paragraphen, auf die ich mich in meinem Fall berufen kann ?
Ich denke, dass sich der Steuerberater auf die 3-jährige Verjährungsfrist berufen wird und ich dann besser argumentieren kann, warum diese Frist in meinem Fall nicht gilt.

Ihnen noch einen schönen Abend!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. September 2025 | 18:56

Sehr gerne. Für Ihre Argumentation sind im Wesentlichen zwei Normen entscheidend. Zum einen regelt § 195 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese beginnt jedoch nach § 199 Abs. 1 BGB erst am Ende des Jahres, in dem Sie von dem Schaden und der Person des Schädigers Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen. Wenn Sie also erst 2023/2024 erkannt haben, dass die Versicherung doppelt versteuert wurde, startet die Verjährungsfrist auch erst dann.

Darüber hinaus gilt § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB: Spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Anspruchs ist endgültig Schluss, unabhängig von Ihrer Kenntnis. Das ist die absolute Grenze. Ein Hinweis auf § 199 Abs. 3a BGB ist sinnvoll, wenn Sie den Vorwurf eines vorsätzlichen Fehlverhaltens in Betracht ziehen. In diesem Fall beträgt die Verjährungsfrist sogar 30 Jahre, wobei Vorsatz von Ihnen zu beweisen wäre und deshalb in der Praxis schwierig durchzusetzen ist.

Für die Haftung selbst ist § 280 Abs. 1 BGB maßgeblich, da der Steuerberater aus dem Beratungsvertrag verpflichtet ist, seine Leistungen fehlerfrei zu erbringen. Der Schadenersatzanspruch ergibt sich daraus, dass er gegen diese Pflicht verstoßen hat. Wichtig ist auch § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB analog, da steuerliche Beratungsleistungen als Werkvertrag einzuordnen sind. Die Berufshaftpflichtversicherung des Steuerberaters deckt in aller Regel genau solche Fälle ab.

Sie können also in Ihrem Schreiben klarstellen, dass die dreijährige Frist erst mit Ihrer Kenntnis beginnt (§ 199 Abs. 1 BGB) und damit noch nicht abgelaufen ist. Sollte sich der Steuerberater auf Verjährung berufen, können Sie argumentieren, dass die Kenntnis erst kürzlich eingetreten ist und die Einrede daher ins Leere geht.

Ich rate Ihnen, entsprechend, ein Anschreiben zu verfassen. Falls kein Ausgleich erfolgt, die Schadensnummer bei seiner Haftpflichtversicherung zu erfragen.

Schöne Grüße!

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