Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Rückwirkende Auszahlung Persönliches Budget nach SGB IX - Anspruch?

9. Mai 2023 17:25 |
Preis: 35,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von

Ich würde gerne wissen, ob für das Persönliche Budget (die neue Leistungsform der Eingliederungshilfe) gesetzlich verankert ist, dass es rückwirkend ab Antragstellung ausgezahlt werden muss. Wie zum Beispiel auch das Pflegegeld, bei dem dies ja so ist. Ich finde kurioserweise Stories von PB-Beziehern, bei denen es rückwirkend ausgezahlt wurde. Auf der anderen Seite fand ich ein Gerichtsurteil vom 17.4.2014 im Netz wo es heißt: Ein Persönliches Budget könne für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nicht gewährt werden. Ich hätte ganz gerne Klarheit darüber, auf was ich im Zuge einer Beantragung dieser Leistung bestehen könnte und auf was nicht. Denn es kann ja nicht sein, dass in Deutschland jede Behörde macht, was sie will. Die eine zahlt es rückwirkend aus und die andere nicht. Jenes Gericht, dass die rückwirkende Zahlung verweigerte, argumentierte damit, dass es quasi paradox sei, Leistungen zu finanzieren, die von dem geleisteten Geld gar nicht mehr bezahlt werden könnten, da die Leistungen eben in der Vergangenheit lägen. Es machten also nur Eingliederungsmaßnahmen Sinn, die in der Gegenwart lägen und auch nur dafür würde das PB ausgezahlt, trotz teils Monate zurückliegender Beantragung. Was mich an dieser Begründung allerdings massiv stört ist, dass zum Beispiel das Pflegegeld tatsächlich rückwirkend ausgezahlt wird (ich bin selbst Bezieher) und bekam es 6 Monate rückwirkend. Und hier könnte man natürlich genauso argumentieren, dass eigentlich keine zurückliegende Pflege mehr bezahlt werden könnte. Das Netz spuckt jedenfalls eindeutige Hinweise auf rückwirkende Auszahlung beim Pflegegeld aus, während die Suche nach rückwirkender Auszahlung beim PB im Internet erfolglos bleibt. Auch im SGB IX finde ich darüber nichts. Sehr kurios, wenn es hier und dort scheinbar doch Behörden rückwirkend auszahlen oder? Wie gesagt: meines Erachtens kann und darf hier nicht jede Behörde machen, was sie will. Ich fand drei Hinweise in drei PDF Informationsblättern, dass den Antragstellern das PB rückwirkend gewährt wurde und zwar auf ganz schlichten Wunsch. Sollte es tatsächlich eine gesetzliche Grundlage geben, dass es NICHT rückwirkend gezahlt wird, dann dürfte es doch auch keine Behörde tun (auch nicht aus Kulanz). Denn dann würden sich ja alle darauf berufen wollen. Das wäre also meine Frage: Muss das PB rückwirkend ab Antragstellung ausgezahlt werden oder nicht?

Mit freundlichen Grüßen
C.N

11. Mai 2023 | 10:51

Antwort

von


(37)
Loebensteinstraße 26
30175 Hannover
Tel: 0511 / 647 200 50
Web: https://www.beckmann-kossmann.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Gewährung des persönlichen Budgets erfordert die Antragstellung. Daraufhin wird ein Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt, nach dessen Ablauf die Behörde / Kostenträger eine Entscheidung über die Gewährung zu treffen hat. Als Antragsteller haben Sie Mitwirkungspflichten, können aber den genauen zeitlichen Ablauf des Verfahrens und damit auch dessen Dauer naturgemäß nicht allein beeinflussen. Schon angesichts dieses Ablaufs ist klar, dass die Gewährung ab Antragstellung zu erfolgen hat, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung (der entsprechende Bedarf) zum Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen hatten.

Wenn sich das Verfahren also hinzieht, die Voraussetzungen zur Gewährung (ab Antragstellung) aber letztlich festgestellt werden, ist das persönliche Budget ab dem Zeitpunkt der Antragstellung (rückwirkend und dann fortlaufend) zu zahlen.

Richtig ist, dass eine Behörde nicht "aus Kulanz" rückwirkend zahlen darf; die von Ihnen genannten Fälle betreffen daher ziemlich sicher die Umstände, wie soeben geschildert.
Das von Ihnen zitierte Urteil vom 17.4.2014 (LSozG Rh-Pf), welches vom Bundessozialgericht am 8.3.2016 bestätigt wurde, hatte die Besonderheit, dass zwar ein Antrag auf Gewährung des PB gestellt worden war mit Wirkung ab Antragstellung, über diesen Antrag jedoch nicht entschieden wurde. Damit gab es keine "fällige" Leistung (ein Anspruch auf Auszahlung), die hätte ausgezahlt werden können.
Dieser (erste) Antrag war damit erledigt.
Die dortige Versicherte hatte dann zu einem deutlich späteren Zeitpunkt erneut einen Antrag für denselben, nunmehr schon in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraum gestellt. In Hinblick darauf wurde eine rückwirkende (also zum nunmehrigen Zeitpunkt der Antragstellung für einen abgeschlossenen Zeitraum vor der Antragstellung) Zahlung abgelehnt.

Wenn Sie also einen Antrag stellen, ist es wichtig, eine Entscheidung der Behörde hierüber zu erhalten. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen zur Gewährung ab Antragstellung vor, muss dann entsprechend gezahlt werden.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Sabine Beckmann-Koßmann

Rückfrage vom Fragesteller 2. August 2023 | 19:45

Könnten Sie mir vielleicht die gesetzliche Grundlage zusenden, auf der Ihre Begründung basiert?
Ich habe seitens des Amts nämlich eine konträre Aussage dazu, sprich, dass eine rückwirkende Auszahlung eines Persönlichen Budgets grundsätzlich nicht möglich ist.
Um mein Recht durchzusetzen, bräuchte ich daher die entsprechenden Paragraphen. In Eigenrecherche konnte ich dazu leider nichts finden, zumindest nicht im SGB IX, was ja eigentlich die Eingliederungshilfe behandelt.

Vielen Dank im Voraus.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 3. August 2023 | 09:03

Sehr geehrter Fragesteller,
in meiner vorherigen Antwort hatte auch ich dies bestätigt (vgl. oben: Das Verfahren zieht sich hin, eine "rückwirkende" Auszahlung, also eine Auszahlung für die Vergangenheit, kommt in Betracht ab Antragstellung (oben in Klammern (Antragstellung) als Voraussetzung gesetzt):
Eine rückwirkende Auszahlung kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Es ist immer ein Antrag erforderlich, ab dem dann der Anspruch auf Auszahlung beginnt, sofern der Antrag begründet ist, vgl. § 29 SGB IX in Verbindung mit § 40 I SGB I. Der Anspruch entsteht erst, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Daher müssen die Voraussetzungen des § 29 SGB IX vorliegen und nach § 29 Abs.1 Satz 1 SGB IX ist maßgeblich zunächst, dass der Antrag gestellt worden ist.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin

ANTWORT VON

(37)

Loebensteinstraße 26
30175 Hannover
Tel: 0511 / 647 200 50
Web: https://www.beckmann-kossmann.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Erbrecht, Prüfungsrecht - Prüfungsanfechtung, Schulrecht, Hochschulrecht, Zivilrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118797 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER