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Rücktritt vom Werkvertrag seitens Auftraggeber

8. Juni 2012 09:44 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


16:05

Schönen guten Tag,

folgender Sachverhalt:

Ein Reiseveranstalter x beauftragt eine Firma y in mehreren Destinationen in Europa täglich die emotionalsten Momente fotografisch festzuhalten und auf einem Online-Portal zur Verfügung zu stellen.

Die Firma y vergibt hierzu Aufträge an selbstständige freie Mitarbeiter. Die freien Mitarbeiter unterschreiben einen Rahmenvertrag und jeweils Projektverträge für konkrete Aufenthaltszeiträume in einer Destination.
Weder Rahmenvertrag noch Projektvertrag enthält explizit einen Passus zum Thema Kündigung.

Ein freier Mitarbeiter war nun bereits in einer Destination im Auftrag von Firma Y für deren Kunden (dem Reiseveranstalter X)und hat ein zweiten Projektvertrag für eine weitere Destination erhalten in der er für drei Wochen Fotos machen soll.

Nach Vergabe dieses zweiten Auftrages wurde Firma Y jedoch vom Reiseveranstalter X mitgeteilt, dass der freie Mitarbeiter bei seinem ersten Auftrag gegen Verhaltensregeln (Umgang mit Kunden, Umgang mit Freigetränken, Verhalten solange Dienstkleidung des Veranstalters getragen wird) des Reiseveranstalters verstoßen hat, die alle vor Ort tätigen Mitarbeiter zu beachten haben. Zunächst evtl. unwissend, dann jedoch nach expliziter Aufklärung seitens des Reiseveranstalters wiederholt wissentlich.

Aus diesem Grund wünscht der Reiseveranstalter nun explizit, dass dieser freie Mitarbeiter nicht noch in einer zweiten Destination eingesetzt wird.

Firma X will nun vom Vertrag mit dem freien Mitarbeiter zurücktreten, bevor dieser die vereinbarten Leistungen aus dem zweiten Projektvertrag erfüllt. Dies hat sie bereits dem freien Mitarbeiter telefonisch und per Email mitgeteilt.

Der freie Mitarbeiter spricht nun von Vertragsbruch und pocht auf eine Erfüllung des Vertrages.

Wir sind Firma x.
Wie können wir nun rechtlich korrekt von diesem Vertrag zurücktreten?
Handelt es sich hierbei um einen Rücktritt vom Vertrag oder eine außerordentliche Kündigung des Vertrags?
Müssen Gründe für die Kündigung angegeben werden?
Wenn ja - können als Gründe die Weisung des Reiseveranstalters X genannt werden, das dieser freie Mitarbeiter nicht mehr eingesetzt werden soll, und/oder muss detaillierter erläutert werden aus welchen Gründen (die Verstöße gegen Verhaltenscodex) vom Vertrag zurückgetreten wird.

Die Frage ob dem freien Mitarbeiter nun dennoch das vereinbarte Honorar zusteht oder nicht ist zwar ebenfalls zu klären, müsste hier jedoch nicht unbedingt beantwortet werden.
Uns geht es zunächst darum die Kündigung des /Rücktritt vom Vertrag rechtlich korrekt und mit geringstmöglichem wirtschaftlichem Schaden abzuwickeln. Und dies leider sehr kurzfristig.

Vielen Dank für Ihre Antworten.

8. Juni 2012 | 11:03

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


1.
Bei einen wie hier vorliegenden Vertrag im Sinne eines Dauerschuldverhältnisses ist ein Rücktritt rechtlich nicht möglich, ansonsten müsste ein solches Rücktrittsrecht auch vertraglich vereinbart werden.

2.
Möglich erscheint aber eine Kündigung aus wichtigem Grund:

§ 314 Bürgerliches Gesetzbuch bestimmt:

"Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung [grundsätzlich; Ausnahmen gibt es, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortigen Kündigung rechtfertigen] erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Sie sollten daher ein Frist setzen und eine Abmahnung zur Besserung und Wiederherstelltung des vertragsgerechten Zustands aussprechen, bevor Sie eine Kündigung erwägen.

3.
Der Grund (außerordentliche Kündigung) ist anzugeben; die Begründung nicht bzw. nur auf Nachfrage, Sie sollten aber Ihren Schritt, die Abmahnung und ggf. eine nachfolgende Kündigung trotzdem kurz begründen.

4.
Das Honorar kann aber sehr wahrscheinlich nicht zurückgefordert werden, was aber gesondert zu prüfen wäre.
Dieses ist leider im Rahmen einer Erstberatung nicht abschließend möglich - vielen Dank für Ihr Verständnis.

Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.


Rechtsanwalt Daniel Hesterberg

Rückfrage vom Fragesteller 8. Juni 2012 | 11:33

Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Mir ist jedoch nicht klar, weshalb Sie hier von einem Dauerschuldverhältnis reden?

Der erste und bereites beendete Auftrag belief sich klar vereinbart auf 14 Tage, wurde bereits bezahlt und ist somit erledigt.

Der zweite Auftrag (der noch nicht begonnen wurde) ist ebenfalls klar auf 21 Tage beschränkt und soll nun nicht durchgeführt werden.Ein Honorar hierfür wurde noch nicht überwiesen.

Ich ging davon aus, dass hier ein regulärer Werkvertrag vorliegt, der auf Basis von "§ 649 Kündigungsrecht des Bestellers" gekündigt werden kann.

Ich hätte gedacht, dass hier vom Vertrag zurückgetreten wird/außerordentlich gekündigt wird und im Anschluss ist nur noch zu klären, ob und in welcher Höhe das eigentlich vereinbarte Honorar zu zahlen ist, da der Auftragnehmer ja in den angedachten drei Wochen nun anderweitige Aufträge übernehmen kann.

Da mir nicht ganz klar ist, ob ein "Rücktritt vom Vertrag" rechtlich gesehen gleich bedeutend mit einer "außerordentlichen Kündigung" ist, wollte ich daher wissen, wie hier eine Auflösung des Vertrages mit geringstmöglichem wirtschaftlichen Schaden für uns erwirkt werden kann.

Ihre Antworten beziehen sich jedoch auf ein Dauerschuldverhältnis.
Sind Sie der Meinung, dass meine obige Annahme bzgl. der Kündigung eines Werkvertrags hier tatsächlich nicht zutrifft und von einem Dauerschuldverhältnis ausgegangen werden muss?

Herzliche Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 8. Juni 2012 | 16:05

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:

Ob wirklich ein Werkvertrag vorliegt, ist nach meiner Ansicht eher zweifelhaft.

Abzugrenzen ist eine auf einen Erfolg gerichteter Werkvertrag von einer reinen Dienstleistung.

Ich gehe hier nach meiner ersten Einschätzung von Letzerer aus.

Auch bei einem Werkvertrag wäre zunächst zu kündigen, bei einem Mangel auf Seiten des Unternehmers wäre eine Nachbesserung/-erfüllung zu leisten und dann käme ein Rücktrittsrecht in betracht.

Der Rücktritt beseitigt den Vertrag von Anfang an, als wäre er nie existent gewesen; die Kündigung wirkt nur für die Zukunft.

Aber gerade dieses Gewährleistungsrecht gilt für reine Dienstverträge gerade grundsätzlich nicht.

Bei der Abgrenzung von Dienst- und Werkverträgen ist maßgebend, inwieweit der Erfolg aus Sicht der Parteien im Vordergrund des Vertrags steht.

Bei der von Ihnen dargestellten Tätigkeit und insbesondere unter der Berücksichtigung der Eingliederung in das System von der Firma y und dem Reiseveranstalter x (> Tragen von Dienstkleidung des Reiseveranstalters etc.) halte ich die Einordnung als Werkvertrag für schwierig.

Daher sollten Sie jedenfalls hilfsweise die Kündigung begründen und zu dem wichtigen Grund für die sofortige Beendigung ausführen.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt

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