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Rohrbruch durch Frostschaden - Quotelung nach Vorwurf der groben Fahrlässigkeit

| 12. Februar 2010 12:51 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Silke Jacobi

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach Eintritt eines Leitungswasserschadens, aufgrund eines Rohrbruchs durch Frosteinwirkung, macht ein vom Versicherungsunternehmen bestellter Sachverständiger der Versicherungsnehmerin den Vorwurf einer Obliegenheitsverletzung gem. §§ 16 Abs.1 b) und c) 26 Abs. 1 a) und 3 a) VGB 2006/2008 und unterstellt fahrlässiges bzw. grob fahrlässiges Handeln.

Aufgrund der Feststellung des Sachverständigen meint der Versicherer nur eine Quote von 70% der Schadenkosten übernehmen zu müssen.

Auszug aus dem Bericht des Sachverständigen:

Generell muss derzeit von der "XXX" geklärt werden, inwieweit eine Quotelung der Ansprüche erfolgt.
Die schadenursächliche Leitung in dem seit August 2009 nicht mehr genutzten Dachgeschoss war weder abgesperrt noch entleert.
Nach unserer Ansicht hätten entsprechende Maßnahmen ausgeführt werden müssen, da der an der Dachabseite aufgestellte Heizofen aufgrund der schlechten Dachdämmung praktisch wirkungslos war.

Unsere Gegendarstellung:

Ihrer Auffassung über ein nicht mehr genutztes Dachgeschoss können wir nicht teilen.

In der Schadenanzeige haben wir mitgeteilt, dass das Dachgeschoss (DG) seit 8.2009 unbewohnt und somit nicht mehr dauerhaft bewohnt (aufgrund des Auszuges der Mieter) ist. Hieraus lässt sich keinesfalls ableiten, dass das DG seit diesem Zeitpunkt nicht mehr genutzt wird, denn das DG wurde regelmäßig von der Versicherungsnehmerin genutzt!

Die Versicherungsnehmerin nutzte regelmäßig die sanitären Anlagen des Dachgeschosses, u.a. Bad und vor allem die Dusche, da diese im DG wesentlich größer ausfällt und somit der 77 jährigen Versicherungsnehmerin den Zugang und den Ausstieg erheblich erleichterte.

Bei Feierlichkeiten in der Gaststätte wurde außerdem das Schlafzimmer von der Versicherungsnehmerin genutzt, da der Geräuschpegel im DG wesentlich geringer ist als in der ersten Etage. Auch hier liegt eine regelmäßige Nutzung durch die Versicherungsnehmerin vor, da in der Gaststätte regelmäßig sowohl private als auch Vereinsfeiern und Veranstaltungen stattfinden.
Außerdem wurde das Schlafzimmer im DG an Übernachtungs- und Frühstücksgäste vermietet, sofern alle anderen Gästezimmer belegt waren.

Außer von der Versicherungsnehmerin wurden die Räumlichkeiten auch vom Enkelkind zum Feiern genutzt.

Selbst am Abend des 19.12.2009 wurde das DG von der Versicherungsnehmerin aufgesucht und, aufgrund der schlechten Wettervorhersage, die Heizkörper höher gestellt.

Aufgrund dieses Sachverhalts kann keine Rede von einem ungenutzten DG sein.

Weder eine Obliegenheitsverletzung, noch die grobe Fahrlässigkeit oder ein Verschulden gem. §§ 16, 26 VGB können der Versicherungsnehmerin zur Last gelegt werden.
Aus diesem Grund können wir eine Quotelung und die damit verbundene Leistungskürzung nicht anerkennen!

Vorläufiges Ergebnis der persönlichen Nachverhandlungen mit dem Sachverständigen:

Die Feststellung des Sachverständigen wurde bereits dahingehend geändert, dass die Versicherungsnehmerin das Dachgeschoss regelmäßig nutzte und somit die Räume des DG auch regelmäßig beheizt wurden.

Dennoch besteht der Sachverständige auf die Leistungskürzung und Quotelung von 70/30, mit der Begründung:

Trotz der regelmäßigen Nutzung des DG liegt in diesem Fall eine Fahrlässigkeit bzw. grobe Fahrlässigkeit und somit ein Verschulden der Versicherungsnehmerin vor, denn der Schaden wäre aufgrund der schlechten Dachdämmung vorhersehbar gewesen, genauso wäre vorhersehbar das die Beheizung der Dachkammer durch den Elektroheizer praktisch wirkungslos ist.
Aus diesem Grund hätte die Versicherungsnehmerin die Wasserleitung abstellen, entleeren und entleert halten müssen.

Unsere Gegenargumente, wie folgend genannt, blieben hierbei fruchtlos:

Die schadenursächliche Leitung ist bereits seit fünfzehn Jahren in Betrieb, in den letzten fünfzehn Jahren gab es ebenso kalte Winter wie in diesem Jahr, ohne dass ein Schaden eingetreten ist.

Ferner handelt es sich bei der betreffenden Wasserleitung um eine Kunststoffummantelte Kupferleitung die zusätzlich mit entsprechender Schaumstoffdämmung überzogen und dadurch gegen Kälte besonders geschützt war.

Aufgrund dieser Sachverhalte schließen wir eine Vorhersehbarkeit des Schadeneintritts aus.

Was können Sie uns in diesem Fall anraten?

Ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin ist unserer Ansicht nicht gegeben.
Die Versicherungsnehmerin ist sich ebenfalls keinem schuldhaften Verhaltens bewusst, daher möchte Sie die vorgeschlagene Selbstbeteiligung nicht so einfach hinnehmen.

Sollten wir die Quotelung und somit der auferlegten Selbstbeteiligung von 30 Prozent zustimmen oder haben wir Erfolgsaussichten bei Einleitung rechtlicher Schritte gegen den Sachverständigen bzw. gegen das Versicherungsunternehmen?
Was sagt die aktuelle Rechtssprechung zu solchen Fällen?

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte:

In den Musterbedingungen VGB 2008 finden sich in § 16 b) und c) die folgenden Obliegenheiten für den Versicherungsnehmer (VN):

b) nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile zu jeder Jahreszeit genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten,
c) in der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies genügend häufig zu kontrollieren oder dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten.

Nachdem durch die Nachverhandlungen mit dem Sachverständigen geklärt wurde, dass das Dachgeschoss nicht ungenutzt war, dürfte die Obliegenheit nach § 16 b) VGB für Sie nicht mehr greifen.
Es bleibt aber nach § 16 c) VGB dabei, dass in der kalten Jahreszeit auch das Dachgeschoss als Teil des Gebäudes ausreichend beheizt und kontrolliert werden musste oder aber ansonsten die wasserführenden Anlagen und Einrichtungen hätten abgesperrt und entleert werden müssen.

Nach Ihren Angaben wurde die Dachkammer relativ regelmäig genutzt und durch einen Elektroheizer beheizt. Es stellt sich daher die Frage, ob dadurch der Obliegenheit aus § 16 c) VGB bereits hinreichend nachgekommen wurde.

In seiner Entscheidung vom 25.06.2008 hatte der BGH zu klären, was die Formulierung "genügend häufig zu kontrollieren" im Zusammenhang mit der Beheizungspflicht bedeutet. Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass für die Häufigkeit der Kontrolle alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen gibt; es also keine festen Zeitintervalle geben kann. Maßgebliche Kriterien für die Häufigkeit der Kontrollen sind z. B. die regelmäßige Wartung der Heizungsanlage, die Störanfälligkeit, Bauart, Alter und Funktionsweise der Beheizung sowie die Zuverlässigkeit in der Vergangenheit. Natürlich beinhaltet diese Kontrollpflicht gleichzeitig auch, dass überhaupt ausreichend geheizt wird bzw. eine ausreichende Beheizung überhaupt sichgestellt ist (<a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGH%20IV%20ZR%20233/06" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 25.06.2008 - IV ZR 233/06: Zu den Anforderungen an eine "genügend häufige" Kontrolle der B...">BGH IV ZR 233/06</a>).

Hat also die Heizung in der Vergangenheit in vergleichbaren Situationen zuverlässig funktioniert und funktionierte sie auch in dem fraglichen Zeitraum ordnungsgemäß, ohne besondere Störanfälligkeit, so muss beispielsweise nicht jeden Tag oder jeden zweiten Tag danach geschaut werden, ob die Heizung noch immer ausreichend funktioniert. In der Rechtsprechung wird es meist als zumutbar und ausreichend angesehen, wenn halbwöchentlich eine Kontrolle der Heizung und der ausreichenden Beheizung vorgenommen wird.

Zu beachten ist insbesondere aber auch, dass der VN für eine ausreichende Beheizung zu sorgen hat, wobei hier nicht allein auf die Thermostat-Einstellung verwiesen werden kann (<a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGH%20IV%20ZR%20233/06" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 25.06.2008 - IV ZR 233/06: Zu den Anforderungen an eine "genügend häufige" Kontrolle der B...">BGH IV ZR 233/06</a>, OLG Celle 8 U 197/05 ). Maßgeblich ist die tatsächliche Heizleistung und Wärmeabgabe der Heizung, also die tatsächliche Raumtemperatur. Es muss also sichergestellt sein, dass die Heizung dauerhaft genügend Wärme abgibt, dass es zu keinen Frostschäden durch Einfrieren der wasserführenden Leitungen und Anlagen kommen kann. Auch hier gibt es natürlich keine absoluten Werte, sondern die Wärmeversorgung und der Wärmebedarf eines Raumes ist wiederum abhängig vom Einzelfall, wobei z. B. die Dämmung, Raumgröße, Lage im Gebäude und Lage der wasserführenden Anlagen (über oder unter Putz) etc. mit in die Bewertung einzubeziehen sind.

Nach Angaben der Versicherung ist die Dämmung nicht ausreichend und es wäre für die VN vorhersehbar gewesen, dass aufgrund der unzureichenden Dämmung auch die Beheizung mit dem Elektroheizer nicht ausreicht, um Frostschäden zu verhindern. Diese Beurteilung ist - zumal se auf das Gutachten gestützt werden kann - sicherlich nicht als völlig abwegig zu beurteilen.

Im Rahmen der sogenannten Beweislastverteilung muss die VN diese Behauptungen widerlegen und entsprechende Nachweise dafür beibringen, dass die Beheizung durch den Elektroheizer ausreichend war und sie deshalb davon ausgehen konnte und durfte, dass keine Frostschäden wegen unzureichender Beheizung auftreten werden.

Abzustellen ist dabei auf den konkreten Schadenszeitraum. Die Erfahrungen aus früheren Wintern können hier nur am Rande einfließen. Dass die Heizleistung in früheren Wintern ausreichend war, heißt leider noch nicht automatisch, dass dies auch in dem Zeitraum des Schadensfalls noch immer so war. Auch der Umstand, dass das Rohr besonders ummantelt und isoliert war, reicht allein noch nicht aus, um eine Obliegenheitsverletzung erfolgteich zu widerlegen.

Es müsste also von der VN u. a. nachgewiesen werden, wie warm es durchschnittlich in der Kammer war, dass diese (ausreichende) Temperatur auch im Schadenszeitraum gegeben war, dass die Heizung die gesamte Zeit zuverlässig funktionierte und es trotz der mangelnden Dämmung die Dachkammer ausreichend warm war, um evtl. Frostschäden durch Einfrieren an den wasserführenden Leitungen und Anlagen auszuschließen. Daneben muss von der VN nachgewiesen werden, dass sie die Heizung und Heizleistung auch oft genug kontrolliert hat (so auch z. B. OLG Karlsruhe 12 U 137/06 )

Eine Beweisführung ist in diesen Fällen erfahrungsgemäß nur mit einem Sachverständigengutachten möglich, das die Heizleistung des Elektroheizers unter Berücksichtigung der Dämmverhältnisse, der Temperaturen in der Schadenszeit sowie die Wahrscheinlichkeit von Frostschäden unter diesen Bedingungen prüft und bewertet. Ein solches Gutachten müsste - da die VN insoweit in der Beweispflicht steht - von der VN in Auftrag gegeben und gezahlt werden.

Zu welchem Ergebnis ein solches Gutachten am Ende kommt, lässt sich im Rahmen dieses Portals natürlich nicht vorhersagen. Im günstigsten Fall wird bestätigt, dass die Dachkammer ausreichend beheizt war, um Frostschäden zu vermeiden. Es kann aber natürlich auch genau die gegenteilige Feststellung getroffen werden, nämlich dass die Beheizung erkennbar unzureichend war und deshalb die wasserführenden Leitungen und Anlagen hätten abgesperrt und entleert werden müssen.

Nur wenn es Ihnen gelingt, nachzuweisen, dass keine Obliegenheitsverletzung bzw. kein fahrlässiges oder grobfahrlässiges Handeln der VN vorlag, besteht die Aussicht, dass die Versicherung die Kosten voll übernimmt. Sofern es Ihnen gelingt, wenigstens ein grobfahrlässiges Verhalten zu widerlegen, besteht vielleicht die Möglichkeit, dass die Versicherung die Quote noch zugunsten der VN ändert. Wird dagegen die bisherige Einschätzung der Versicherung bestätigt, wird es wahrscheinlich auch bei der Quote 70 / 30 bleiben.

Die Ansicht der Versicherung, dass die Heizleistung des Elektroheizers wegen der bekanntermaßen schlechten Dämmung nicht ausreichend war und dass dies von der VN auch hätte erkännt werden müssen, erscheint zumindest plausibel und nachvollziehbar. Es ist also keine Begründung, die schon auf den ersten Blick unwahrscheinlich ist. Zudem kann diese Einschätzung der Versicherung auf das eingeholte Schadensgutachten gestützt werden. Ein Widerlegen dieser Einschätzung ist daher mit relativ großem Aufwand und hohen Anforderungen an die Beweise verbunden.

Ein Vorgehen gegen die Versicherung - egal, ob außergerichtlich oder gerichtlich - hat dementsprechend nur dann überhaupt Aussicht auf Erfolg, wenn die VN ausreichend beweisen kann, dass sie alles dafür getan hat, einen Frostschaden zu vermeiden und dass der Eintritt des Frostschadens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf eine Obliegenheitsverletzung nach § 16 b oder c VGB zurückzuführen ist. Die Auffassung der Versicherung muss also in jeder Hinsicht widerlegt werden können und es muss am Ende feststehen, dass weder ein grobfahrlässiges oder fahrlässiges Verhalten der VN Grund für den Schadensfall war.

Nach meiner Erfahrung in ähnlichen Fällen liegen hier die Anforderungen an die von der VN zu erbringenden Beweise hoch. Es müssen nachvollziehbare und gesicherte Fakten beigebracht werden. Allein für die Gutachten würden zunächst nicht unerhebliche Kosten für die VN anfallen. Würde der Gerichtsweg beschritten kämen noch Gerichtskosten, Anwaltskosten etc. hinzu. Die Frage, ob diese Kosten erstattet werden, hängt wiederum vom Erfolg der Klage ab. Im Falle des Unterliegens müsste die VN sämtliche Kosten tragen.

Ein Vorgehen gegen die Versicherung ist daher in der Regel nur dann wirklich ratsam, wenn die VN die notwendigen Beweise mit sehr großer Wahrscheinlich erbringen kann. Ob dies der Fall ist, lässt sich im Rahmen einer Erstberatung in diesem Portal nicht beurteilen. Sofern die Beweiserbringung nicht gesichert oder sehr fraglich ist, ist es m. E. eine Frage der Wirtschaftlichkeit gegen die Versicherung weiter vorzugehen.

Liegt die Selbstbeteiligung deutlich unter den zu erwartenden Kosten der Rechtsverfolgung, Gutachten etc, würde ich bei unsicherer Beweislage allenfalls dazu anraten, zu versuchen, die Quote moderat zu verbessern. Wird dies abgelehnt, sollte die Quote in dieser Lage akzeptiert werden.

Auf jeden Fall sollte sich die VN vor der Einleitung irgend welcher außergerichtlichen oder gerichtlichen Schritte noch einmal eingehend anwaltlich beraten lassen, um das Kosten- und Prozessrisiko anhand der schon vorhandenen Unterlagen (Gutachten, Korrespondenz etc.) sowie schon vorhandener Beweismittel inkl. einer evtl. Ortsbesichtigung einzuschätzen. Erst danach kann wirklich seriös das weitere Vorgehen beurteilt werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen erst einmal weiterhelfen und eine erste Orientierung geben.

Mit freundlichen Grüßen

Silke Jacobi
Rechtsanwältin












Bewertung des Fragestellers 12. Februar 2010 | 14:58

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