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Reiserücktrittsversicherung bei Eisenmangelanämie?

25. Juni 2010 09:29 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Manuel Künemund

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben für meine 18jährige Tochter eine USA-Sprachreise gebucht. Sie sollte am 14. August fliegen.
Wir haben eine Reiserücktrittversicherung abgeschlossen.
Nun hat der Arzt bei meiner Tochter eine starke Eisenmangelanämie festgestellt. Wir überlegen, ob sie aus diesem Grund die Reise nicht antritt.
Frage: in den Versicherungsunterlagen steht geschrieben, dass eine "schwere Erkrankung" vorliegen muss, damit die Versicherung eintritt.
Trifft dies auf die Eisenmangelanämie zu ? Bzw. wie kann ich sicher sein, dass die Versicherung einspringt? Oder könnte die Versicherung sagen, bis zum 14. August sind es noch 6 Wochen, bis dahin kann die Anämie sich gebessert haben ?

Sehr geehrte Ratsuchende,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:

Versicherungsschutz in der Reiserücktrittsversicherung besteht nach den allgemeinen Bedingungen für die Reiserücktrittskosten-Versicherung (ABRV), wenn infolge einer unerwarteten schweren Erkrankung des Versicherten die Reiseunfähigkeit nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erwarten ist oder ihm der Antritt der Reise oder deren planmäßige Beendigung nicht zugemutet werden kann.

Der Begriff der Krankheit im Sinne dieser Vorschrift ist objektiv zu bestimmen, d.h. es kommt auf das Vorhandensein einer Krankheit im Sinne des Sprachgebrauchs des täglichen Lebens an, wie er sich auf der Grundlage allgemein bekannt werdender Erkenntnisse der Medizin gebildet hat (AG München, Az.: 163 C 9983/02 ). Bei einer Krankheit handelt sich also um einen anormalen, körperlichen oder geistigen Zustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt. Ob sich die betreffende Person krank fühlt, ist dabei gleichgültig. Die Grenze zur Krankheit ist überschritten, wenn eine manifeste geistige oder psychische Störung eingetreten ist (Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage 2004, Rn.11 zu § 1 ABRV).

Ob eine Krankheit schwer ist, wird ebenfalls objektiv bestimmt (Prölss/Martin, VVG, a.a.O., Rn.12 zu § 1 ABRV).

Unerwartet ist eine Krankheit, wenn sie nicht voraussehbar ist. Unvoraussehbarkeit liegt vor, wenn bzgl. des konkreten Versicherungsfalls der Eintritt unwahrscheinlicher ist, als der Nichteintritt. Wenn ein Arzt vor der Buchung der Reise um Rat gefragt wurde und keine Bedenken anmeldete, liegt nach herrschender Rechtsprechung keine Voraussehbarkeit vor (Prölss/Martin, VVG, a.a.O., Rn.12 zu § 1 ABRV).

Ob nun die Eisenmangelanämie Ihrer Tochter eine unerwartete schwere Krankheit im oben genannten Sinne darstellt, wird im Wesentlichen davon abhängen, welche Schwere diese hat. Bei einer schweren Eisenmangelanämie dürfte ein Anspruch gegenüber dem Versicherer bestehen. Die Feststellung der Schwere kann jedoch nur durch einen Arzt getroffen werden. Sie sollten daher einen Facharzt aufsuchen und diesen befragen, ob aufgrund des Eisenmangels Bedenken bzgl. der Reisefähigkeit Ihrer Tochter bestehen. Attestiert der Facharzt die Reiseunfähigkeit, so dürften Sie auf der sicheren Seite sein.

Sollte Ihr Arzt die Reiseunfähigkeit attestieren, so würde ich Ihnen empfehlen, dies umgehend Ihrem Versicherer mitzuteilen.



Hier noch zwei Beispielsfälle aus der Rechtsprechung zum Thema „unerwartete schwere Erkrankung":

Bluthochdruck

Ein Kläger, bei dem vor Reisebeginn wieder sein Bluthochdruck auftritt, sagt seine Reise ab. Anschließend wendet er sich zwecks Erstattung der Stornogebühren an seine Reiserücktrittsversicherung. Die verweigerte die Zahlung und bekam Recht. Laut Richterspruch handelte es sich nicht um eine „unerwartete schwere Erkrankung" (AG Hamburg, Az. 13 B C 333/01 ).

Arztprognose
Ein Mann erkrankt sechs Wochen vor Beginn der gebuchten Kreuzfahrt schwer. Er vertraute seinen Ärzten, die ihm eine rechtzeitige Genesung prophezeiten und stornierte nicht. Kurz vor Reisebeginn verschlechterten sich seine Blutwerte dramatisch, sodass er die Reise nicht antreten konnte. Die Versicherung lehnte die Zahlung der Stornogebühren mit dem Hinweis auf „grob fahrlässiges Verhalten" ab. Die Richter konnten kein Fehlverhalten erkennen und entschieden gegen den Versicherer (LG Bonn, Az.: 5 S 167/03).

Ich hoffe Ihnen weitergeholfen zu haben. Sollten noch Unklarheiten bestehen, nutzen Sie die kostenlose Nachfragemöglichkeit.

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