Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
In Ihrer Situation gibt es mehrere rechtliche Aspekte zu berücksichtigen:
1.
Verpflichtung zur Zahlung der Rechnung:
Da Sie die Kosten für das Aufsetzen der Scheidungsfolgenvereinbarung schriftlich bestätigt haben, besteht grundsätzlich eine vertragliche Verpflichtung zur Zahlung.
Diese Bestätigung stellt eine Vergütungsvereinbarung dar, die Sie bindet, sofern keine Anfechtungsgründe vorliegen.
2.
Aufklärungspflicht der Anwältin:
Die Anwältin hat die Pflicht, ihre Mandanten umfassend zu beraten und auf mögliche Kosten hinzuweisen, die mit einer bestimmten rechtlichen Handlung verbunden sind. Wenn Sie nachweisen können, dass Sie nicht über die hohen Notarkosten informiert wurden und dass diese Information für Ihre Entscheidung wesentlich gewesen wäre, könnte dies ein Anfechtungsgrund wegen Irrtums sein (§ 119 BGB).
Allerdings ist die Beweislast hier bei Ihnen.
3.
Alternativen zur Scheidungsfolgenvereinbarung:
Wenn es Alternativen gibt, die kostengünstiger sind, hätte die Anwältin Sie darüber informieren müssen, insbesondere wenn Sie mit dem Ziel, Kosten zu sparen, an sie herangetreten sind.
Die Möglichkeit, eine Vereinbarung nach der Scheidung formlos zu treffen, könnte eine solche Alternative darstellen.
4.
Nichtzahlung der Rechnung:
Wenn Sie die Rechnung nicht zahlen, könnte die Anwältin rechtliche Schritte einleiten, um die Forderung durchzusetzen, z.B. ein Mahnverfahren.
Sie sollten daher gut abwägen, ob Sie die Rechnung anfechten können und ob Sie bereit sind, das Risiko eines Rechtsstreits einzugehen.
5.
Mögliche Antwort an die Anwältin:
Sie könnten argumentieren, dass die Aufklärungspflicht verletzt wurde und dass Sie die Vereinbarung nicht beauftragt hätten, wenn Sie über die Notarkosten informiert gewesen wären.
Sie könnten auf § 119 BGB (Anfechtung wegen Irrtums) verweisen, wenn Sie die Anfechtung der Vergütungsvereinbarung in Betracht ziehen.
6.
Es ist wichtig, dass Sie alle relevanten Beweise, wie E-Mails und Nachrichten, sorgfältig dokumentieren, um Ihre Position zu untermauern.
Wenn Sie sich entscheiden, die Rechnung nicht zu zahlen, sollten Sie auf eine klare und sachliche Kommunikation mit der Anwältin achten, um Missverständnisse zu vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail:
Sehr geehrter Herr Raab,
vielen Dank für die schnelle und umfassende Beantwortung meiner Fragen.
Zum Thema Beweislast habe ich folgende Rückfragen:
Reichen als Beweise für die nicht erfolgte Aufklärung die folgenden Dinge Ihrer Einschätzung nach aus:
- Nachrichten zwischen mir und meiner Frau unmittelbar nach Aufsetzen der Vereinbarung durch die Anwältin, aus denen hervorgeht, dass meine Frau die Notarkosten herausgefunden hat
- Nachricht danach von mir an meine Frau, dass ich einen Notar kontaktiert habe und die hohen Kosten stimmen
- Nachricht vom von mir kontaktierten Notar über die Gebühren
- Nachricht danach an die Anwältin, dass wir uns aufgrund der hohen Kosten ohne Vereinbarung scheiden lassen möchten
- Nachricht letzte Woche von der Anwältin mit ua folgendem: "Ihre Meinung hat sich offensichtlich in dem Moment geändert, als Sie erfahren haben, dass die Kosten höher sind als von Ihnen angenommen." Kann der Satz als Beweis gewertet werden, dass sie mich nicht aufgeklärt hat (denn sonst hätte ich ja die korrekten Kosten angenommen oder zumindest die ungefähren).
Wir reden davon abgesehen ja auch von einer aus wirtschaftlicher Sicht völlig unnötigen Vereinbarung. Kann diese Tatsache auch als Beweis dienen? Denn wieso hätte ich Tausende Euro (für die Anwältin und den Notar) zahlen wollen, wenn ich bei Beauftragung der Vereinbarung gewusst hätte, dass erstens der Notar so teuer ist und zweitens eine Vereinbarung auch ohne jegliche Kosten abgeschlossen werden kann? Könnte das auch als Beweis dienen?
Falls relevant: Wir hatten eine sehr gütliche und einvernehmliche Scheidung; meine Frau ohne Anwalt. Das Aufsetzen der Vereinbarung wäre also außer für die (nicht eingetretene) Kostenersparnis nicht notwendig gewesen.
Wie könnte die Anwältin den aus meiner Sicht sehr eindeutigen Sachverhalt verdrehen (zb indem sie sagt, sie hätte mich aufgeklärt, ich hätte nur nicht zugehört, oder etwas dergleichen?)
Sollte sie mich verklagen: wäre dann die Beweislast, dass sie mich aufgeklärt hat, bei ihr?
Viele Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehm,e ich wie folgt Stellung:
I.
In einem Streit über die Aufklärungspflicht einer Rechtsanwältin bezüglich der Kosten einer Scheidungsfolgenvereinbarung ist die Beweislast entscheidend.
Grundsätzlich trägt derjenige die Beweislast, der aus einer behaupteten Tatsache Rechte herleiten möchte. In diesem Fall wären Sie beweispflichtig dafür, dass die Anwältin ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen ist.
II.
Mögliche Beweismittel
1.
Nachrichten zwischen Ihnen und Ihrer Frau:
Diese können als Indizien dafür dienen, dass Sie erst nachträglich über die hohen Notarkosten informiert wurden. Sie zeigen, dass die Kosten nicht von Anfang an klar waren.
2.
Nachricht vom Notar über die Gebühren:
Diese Nachricht bestätigt die Höhe der Notarkosten und kann als Beweis dafür dienen, dass Sie sich selbst über die Kosten informieren mussten.
3.
Nachricht an die Anwältin über die Entscheidung, sich ohne Vereinbarung scheiden zu lassen:
Diese Nachricht könnte darauf hinweisen, dass die Kosten der Vereinbarung für Sie überraschend waren und Ihre Entscheidung beeinflusst haben.
4.
Nachricht der Anwältin mit dem Satz über Ihre Meinungsänderung:
Dieser Satz könnte als Beweis gewertet werden, dass die Anwältin Ihnen die Kosten nicht korrekt mitgeteilt hat. Er deutet darauf hin, dass Ihre Meinung sich erst nach Kenntnis der tatsächlichen Kosten geändert hat.
III.
Wirtschaftliche Unnötigkeit der Vereinbarung
Die Tatsache, dass die Vereinbarung aus wirtschaftlicher Sicht unnötig war, könnte als Indiz dafür dienen, dass Sie bei Kenntnis der tatsächlichen Kosten die Vereinbarung nicht eingegangen wären. Dies könnte Ihre Argumentation stützen, dass Sie nicht ausreichend aufgeklärt wurden.
IV.
Verteidigung der Anwältin
Die Anwältin könnte argumentieren, dass sie Sie über die Kosten informiert hat und dass Sie möglicherweise nicht zugehört oder die Informationen nicht richtig verstanden haben. Sie könnte auch behaupten, dass die Aufklärung mündlich erfolgte und daher nicht dokumentiert ist.
V.
Beweislast bei einer Klage
Sollte die Anwältin Sie verklagen, wäre es an Ihnen, zu beweisen, dass die Aufklärung nicht erfolgte.
In der Regel liegt die Beweislast bei demjenigen, der eine Pflichtverletzung behauptet. Sie müssten also darlegen und beweisen, dass die Anwältin ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen ist.
VI.
Zusammenfassung
Die von Ihnen genannten Nachrichten und die wirtschaftliche Unnötigkeit der Vereinbarung können als Indizien dafür dienen, dass die Anwältin ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen ist. Die Beweislast liegt jedoch bei Ihnen, und es wäre wichtig, diese Indizien überzeugend darzulegen, um Ihre Position zu stärken.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt