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Prolongation erzwingbar?

| 2. April 2025 03:19 |
Preis: 45,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von


18:11

Zusammenfassung

Es geht um Prolongation bzw. Anschlussfinanzierung im Kreditwesen der Bausparkassen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
folgender Sachverhalt:

Die Zinsbindung läuft aus. Laut Niederlassungsleiter wird die Zentrale kein Folgeangebot unterbreiten. Er gibt "sein Bestes", könne aber "nicht zaubern". Es klang schon sehr pessimistisch und negativ.

Meine Frage hierzu:
- Ist eine Bausparkasse dazu verpflichtet, ein solches Angebot zu unterbreiten? (z.B. bei besonderer Härte) Oder steht es ihr frei, wer in den Genuss kommt?

2. April 2025 | 04:39

Antwort

von


(1395)
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41812 Erkelenz
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Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
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Gerne zu Ihrer Frage:

Rechtlich betrachtet, hat der Kunde grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Prolongation, es sei denn, dies ist vertraglich vereinbart. Wenn im ursprünglichen Vertrag keine explizite Regelung zur Anschlussfinanzierung oder zur Verlängerung der Zinsbindung getroffen wurde, bleibt es grundsätzlich eine Entscheidung der Bank, ob sie ein Folgeangebot unterbreitet oder nicht.

Allerdings wird im Rahmen des Verbraucherschutzes auch die Möglichkeit einer „unbilligen Benachteiligung" berücksichtigt, z. B. wenn eine Bank aus willkürlichen Gründen ein Folgeangebot ablehnt, obwohl eine langjährige positive Zahlungsmoral und eine ausreichende Sicherheit bestehen. In solch einem Fall könnte der Kunde die AGB auf unangemessene Benachteiligung hin prüfen lassen. Eine nicht belastbare, negative Haltung der Bank könnte als nicht gerechtfertigt angesehen werden, besonders wenn sie den Verlauf der Vertragsbeziehung oder den Wertzuwachs der Sicherheit nicht berücksichtigt.

Denn durch nach auslaufender Zinsbindung meist langjährige Tilgung des Darlehens hat sich die Sicherheit – meist in Form des beleihbaren Wertes der Immobilie – faktisch automatisch deutlich erhöht. Diese höhere Sicherheit könnte der Bank in der Zukunft durchaus zugutekommen, da das Risiko für die Bank bei einer Anschlussfinanzierung mit einer höheren Sicherheit potenziell sinkt.

Banken berücksichtigen bei der Entscheidung für eine Prolongation neben den allgemeinen Kreditrisiken auch die Qualität der Sicherheit. Sollte die Immobilie an Wert gewonnen haben und es keine negativen Veränderungen in der finanziellen Situation des Kreditnehmers geben, könnte dies durchaus zu einer proaktiveren Haltung der Bank führen, das Darlehen zu verlängern.

Die langfristige und zuverlässige Tilgung eines Darlehens schafft zudem eine Vertrauensbasis zwischen dem Kunden und der Bank, die in der Praxis die Entscheidung für einer Prolongation erleichtern sollte – oder zumindest zu einem Angebot für eine Anschlussfinanzierung. Wenn der Kunde nach Jahren der Rückzahlung und einer offensichtlich stabilen finanziellen Lage (eben eine gewachsene Sicherheit durch den Wertzuwachs der Immobilie) weiterhin eine Fortführung des Kredits anstrebt, ist es für die Bank sinnvoll, dieses Vertrauen fortzusetzen. Auch wenn sie rechtlich nicht dazu verpflichtet ist, ein Folgeangebot zu unterbreiten, könnte die Bank aufgrund der damit verbundenen „gesunden" Sicherheit zu einer positiven Entscheidung gelangen.

Ich hoffe, die hier aufgeführten Argumente ggf. i.V.m. mit einer glaubhaften und glaubwürdigen Darlegung eines Härtefalls könnten den Niederlassungsleiter - ggf. auch über die Zentrale - dennoch umstimmen.

Fazit:

Obwohl Banken keine Pflicht zur Prolongation haben, kann das Verbraucherschutzrecht hier eingreifen, wenn die Vertragsbedingungen oder das Verhalten der Bank eine unfaire Benachteiligung des Verbrauchers zur Folge haben. Wenn die Bank ohne nachvollziehbare Gründe ein Folgeangebot ablehnt, könnte das als unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers angesehen werden, besonders wenn der Kunde lange Jahre korrekt gezahlt hat und die Sicherheit des Darlehens gewachsen ist. Eine pauschale Ablehnung aufgrund von internen Vorgaben könnte in manchen Fällen als nicht gerechtfertigt angesehen werden.

Ombudsmann der Bausparkassen (Ombudsstelle der Bausparkassen)
Falls Sie konkret mit einer Bausparkasse zu tun haben, gibt es die Ombudsstelle der Bausparkassen, die speziell für Streitigkeiten mit Bausparkassen zuständig ist. Auch hier können Sie Beschwerden über die Ablehnung von Anschlussfinanzierungen oder über unangemessene Bedingungen einreichen. Die Ombudsstelle prüft, ob Ihre Bausparkasse korrekt gehandelt hat und versucht, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Das Schlichtungsverfahren der privaten Bausparkassen dient der außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen privaten Bausparkassen und Verbrauchern.

Haben Sie eine Streitigkeit mit einer privaten Bausparkasse, erfahren Sie nachfolgend, wie Sie diese durch einen unabhängigen Schlichter einfach und kostenfrei klären lassen können. Zudem können Sie sich informieren, wie Sie einen Schlichtungsantrag einreichen, um das Verfahren einzuleiten.

Näheres dazu hier: https://www.schlichtungsstelle-bausparen.de/de/


Die Schlichtungsstelle erreichen Sie wie folgt:

Verband der Privaten Bausparkassen e. V.
Schlichtungsstelle Bausparen
Postfach 30 30 79
10730 Berlin


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 2. April 2025 | 17:15

Vielen Dank für Ihre erschöpfende Antwort.

Eine Frage bildet sich nach dieser Entwicklung für mich besonders heraus: Hat man im Falle einer drohenden Zwangsvollstreckung die Möglichkeit, dieser mit einem besonderen Krankheitsbild (physisch und/ oder psychisch) zu entgehen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 2. April 2025 | 18:11

Gerne zu Ihrer Nachfrage:

Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, eine Zwangsvollstreckung aus gesundheitlichen Gründen aufzuschieben oder zu verhindern, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Die rechtliche Grundlage ist in § 765a der Zivilprozessordnung (ZPO) zu finden.

Zitat:
§ 765a ZPO Vollstreckungsschutz
(1) 1Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. 2Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. 3Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.



Im Einzelnen: § 765a ZPO – Vollstreckungsschutz bei besonderer Härte
Der § 765a ZPO besagt, dass ein Gericht auf Antrag des Schuldners die Zwangsvollstreckung aufschieben oder aussetzen kann, wenn die Vollstreckung für den Schuldner mit einer "ganz besonderen Härte" verbunden ist, die unzumutbar wäre. Dazu gehört auch, dass eine Zwangsvollstreckung eine akute Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit des Schuldners zur Folge haben würde.

Zur Veranschaulichung (nur) ein Beispiel aus der Immobilienvollstreckung:

Bereits mit der Anordnung der Zwangsversteigerung wird ein Vollstreckungsschutzantrag möglich und auch noch nach dem Zuschlag bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses). Einem Antrag auf einstweilige Einstellung des Teilungssteigerungsverfahrens ist zu entsprechen, wenn der Zuschlag wegen einer konkreten Lebensgefahr für den Schuldner nicht erteilt werden darf. Ebenso ist einer Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss ist stattzugeben, wenn wegen eines Antrags nach § 765a bereits der Zuschlag nicht hätte erteilt werden dürfen. Eine sittenwidrige Härte folgt nicht aus der Erwartung des Schuldners, aufgrund der Besonderheiten des Objekts werde der bei der Versteigerung zu erwartende Erlös weit unter dem Marktwert des Objekts liegen. Bei der Immobiliarvollstreckung reicht es nicht, dass sie voraussichtlich dem betreibenden Gläubiger keine Befriedigung bringen werde. Es muss hinzukommen, dass die Zwangsversteigerung zweifelsfrei nicht zu einer auch nur teilweisen Befriedigung des Gläubigers führen kann und bei objektiver Betrachtung mut- oder sogar böswillig erscheint. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein krasses Missverhältnis von Grundstückswert und Meistgebot besteht und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass in naher Zukunft ein höherer Erlös für das beschlagnahmte Grundstück erzielt werden kann; oder wenn die Zwangsverwaltung nur dazu dient, dem Schuldner den Bezug von Sozialleistungen zu ermöglichen, damit er an den Zwangsverwalter ein Entgelt für die Nutzung der Räume zahlen kann, die ihm nicht nach § 149 Abs. 1 ZVG zu belassen sind.
Qu.: Lackmann Musielak/Voit, ZPO
22. Auflage 2025



Voraussetzungen für die Aussetzung oder den Aufschub:

Es muss ein dringender gesundheitlicher Grund vorliegen, der die Durchführung der Zwangsvollstreckung unmöglich oder unzumutbar macht.

Der Schuldner muss den Gesundheitszustand durch ein ärztliches Attest nachweisen, aus dem hervorgeht, dass die Zwangsvollstreckung zu einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit führen würde. Dies kann sowohl für physische als auch psychische Erkrankungen gelten.

Es muss sich um eine unmittelbare und erhebliche Gefahr handeln, d.h. die Zwangsvollstreckung muss direkt eine akute Gesundheitsgefahr hervorrufen.

Wann ist ein Aufschub der Zwangsvollstreckung möglich?
Ein Aufschub der Zwangsvollstreckung kommt in der Regel dann in Frage, wenn die Krankheit des Schuldners schwerwiegende Auswirkungen hat, wie z.B.:

Eine schwere psychische Erkrankung (z.B. Depressionen, posttraumatische Belastungsstörung), die durch den Vollstreckungsversuch erheblich verschärft würde.

Psychische Erkrankungen können insbesondere dann als Härtegrund anerkannt werden, wenn der Schuldner aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage ist, die Zwangsvollstreckung zu bewältigen, oder wenn der Zwangsvollstreckungsversuch zu einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustands führen würde. In solchen Fällen ist es besonders wichtig, ein fachärztliches Gutachten vorzulegen, das die Schwere der Erkrankung dokumentiert und den Zusammenhang zwischen der Zwangsvollstreckung und der Gesundheitsgefährdung darlegt.

Akute psychische Belastungen, die den Schuldner in eine akute Krise stürzen würden (z.B. Suizidgefahr).

In diesem Zusammenhang würde das Gericht eine ärztliche Bescheinigung anfordern, um den Gesundheitszustand des Schuldners zu überprüfen. Wenn das Gericht die Gefahr für die Gesundheit des Schuldners als real und schwerwiegend anerkennt, könnte es die Zwangsvollstreckung aufschieben oder aussetzen.

Falls möglich, sollten Sie einen Rechtsanwalt vor Ort konsultieren, der Sie im Verfahren unterstützt (ggf. sogar Prozesskostenhilfe beantragt) und sicherstellt, dass der Antrag korrekt und überzeugend gestellt wird.

Ihnen das Beste wünscht,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 2. April 2025 | 05:41

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Die Antwort auf meine Frage fiel sehr erschöpfend aus - vielen Dank hierfür, stellt für mich dennoch einen negativen Standpunkt dar, wofür der Anwalt jedoch in keinster Weise verantwortlich ist.

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 2. April 2025
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Die Antwort auf meine Frage fiel sehr erschöpfend aus - vielen Dank hierfür, stellt für mich dennoch einen negativen Standpunkt dar, wofür der Anwalt jedoch in keinster Weise verantwortlich ist.


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