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Privatinsolvenz und Verlustvortrag Selbständigkeit

31. Juli 2025 00:35 |
Preis: 30,00 € |

Insolvenzrecht


Beantwortet von

Auch in Privatinsolvenz kann man seiner Selbständigkeit (Einzelunternehmen) weiter nachgehen.

Was ist, wenn man einen Verlustvortrag von ca. 50.000 Euro aus seiner Selbständigkeit vor sich her schleppt?

Wie würde sich dies auf die Geschäftstätigkeit auswirken, auch hinsichtlich des Nettolohns und pfändbaren Betrages ?

Nettolohn und pfändbarer Betrag wären ohnehin schwer monatlich zu bemessen, da der Geschäftsbetrieb Einnahmen und Ausgaben umfasst, die nicht immer gleichzeitig, sondern stark verzögert erfolgen.

Was geschieht, wenn aufgrund des Verlustvortrages Gewinn entsteht (z.B. 5500 Euro monatlich), ein Teil dieses Betrages nicht sofort durch Konsum ausgegeben wird, sondern "angespart" wird ? Wird dieses trotz Verlustvortrag sofort abgezogen/eingezogen?

(der Verlustvortrag würde nicht in Zusammenhang/ursächlich mit der Insolvenz stehen, er ist unabhängig davon entstanden.)

(es besteht keine Privatinsolvenz, ich frage nur vorsorglich, darüber habe ich schon nicht öffentliche Fragen gestellt)

31. Juli 2025 | 09:07

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:


I.

Ein Verlustvortrag aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von ca. 50.000 Euro wirkt sich in erster Linie steuerlich aus, nicht jedoch unmittelbar auf die insolvenzrechtliche Behandlung von Einkommen und pfändbaren Beträgen im Rahmen einer Privatinsolvenz.


1. Steuerliche Behandlung des Verlustvortrags:

Der Verlustvortrag kann nach den steuerlichen Vorschriften (§ 10d EStG) mit künftigen Gewinnen aus der selbständigen Tätigkeit verrechnet werden. Das bedeutet, dass Sie auf die Gewinne, die Sie nach der Insolvenz erzielen, zunächst keine oder nur eine reduzierte Einkommensteuer zahlen müssen, solange der Verlustvortrag noch nicht vollständig aufgebraucht ist. Nach dem Kontext (siehe Dokument 10) können vorgetragene Verluste bis zu einem Betrag von 1.000.000 Euro (bei Einzelunternehmen) genutzt werden, und der verbleibende positive Gewinn kann bis zu 60 % um vorgetragene Verluste gemindert werden, sofern Unternehmens- und Unternehmeridentität vorliegen.


2. Auswirkungen auf die Insolvenz und den pfändbaren Betrag:

In der Insolvenz – insbesondere nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter – ist für die Abführung an die Insolvenzmasse nicht der steuerliche Gewinn, sondern das fiktive Nettoeinkommen maßgeblich, das Sie bei einer angemessenen abhängigen Beschäftigung erzielen könnten (§ 295 Abs. 2 InsO). Das bedeutet:

- Sie müssen monatlich den Betrag abführen, der pfändbar wäre, wenn Sie in einem angemessenen Angestelltenverhältnis arbeiten würden (die sogenannte "Wie-wenn-Regel").

- Die tatsächlichen Gewinne oder Verluste aus Ihrer Selbständigkeit sind für die Berechnung des abzuführenden Betrags grundsätzlich unerheblich, solange die Tätigkeit freigegeben wurde.

- Der steuerliche Verlustvortrag mindert zwar Ihre Steuerlast, hat aber keinen Einfluss auf die Höhe des an den Insolvenzverwalter abzuführenden pfändbaren Betrags.


3. Ansparungen und Umgang mit Gewinnen:

Wenn Sie aus Ihrer selbständigen Tätigkeit nach Verrechnung des Verlustvortrags einen Gewinn erzielen (z.B. 5.500 Euro monatlich), ist Folgendes zu beachten:

- Sie sind verpflichtet, den pfändbaren Betrag, der sich aus dem fiktiven Nettoeinkommen ergibt, monatlich an den Insolvenzverwalter abzuführen.

- Überschüsse, die Sie nicht ausgeben, sondern ansparen, gehören grundsätzlich zu Ihrem Vermögen. Nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit kann der Insolvenzverwalter jedoch nicht mehr auf Ihre tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben zugreifen, sondern nur auf den fiktiven pfändbaren Betrag.

- Das bedeutet: Sie können grundsätzlich mehr verdienen und auch ansparen, solange Sie den monatlich festgelegten pfändbaren Betrag abführen. Ein Zugriff auf angesparte Beträge erfolgt nicht, solange Sie Ihren Obliegenheiten nachkommen und keine neuen Insolvenzgründe schaffen.


4. Besonderheiten bei nicht freigegebener Tätigkeit:

Ist Ihre selbständige Tätigkeit nicht freigegeben, fließen sämtliche Gewinne in die Insolvenzmasse, und der Insolvenzverwalter kann auf die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben zugreifen. In diesem Fall würde auch ein angesparter Gewinn grundsätzlich der Masse zustehen.


5. Zusammenfassung:

- Der steuerliche Verlustvortrag wirkt sich nur auf die Steuerlast aus, nicht auf den pfändbaren Betrag in der Insolvenz.

- Nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit müssen Sie den pfändbaren Betrag abführen, der sich aus einem fiktiven angemessenen Nettoeinkommen ergibt, unabhängig von tatsächlichen Gewinnen oder Verlusten.

- Ansparungen aus Überschüssen sind zulässig, solange Sie Ihren Obliegenheiten nachkommen.

- Bei nicht freigegebener Tätigkeit fließen sämtliche Gewinne in die Insolvenzmasse, und angesparte Beträge können vom Insolvenzverwalter beansprucht werden.



II.

Der Verlustvortrag schützt also nicht vor der Abführungspflicht in der Insolvenz, sondern reduziert lediglich Ihre Steuerlast. Für die Insolvenz ist entscheidend, ob Ihre Tätigkeit freigegeben wurde und wie hoch das fiktive pfändbare Einkommen ist.



Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt


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