Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Ausgangslage
Verfasser:
Verkaufsleiter A eines Unternehmens, mit privatem, aber öffentlich sichtbarem Facebook-Account, der auch beruflich genutzt wird.
Inhalt:
Kritische Äußerung über ein Produkt (Basisfahrzeug Z), das weiterhin vom Unternehmen verkauft wird.
Verbreitung:
Öffentliche, internationale Facebook-Gruppe (10.000+ Mitglieder), für jedermann einsehbar.
Löschung:
Der Kommentar wurde nach ca. 2 Tagen gelöscht, nachdem Sie einen Screenshot angefertigt hatten.
2. Teilen des Screenshots in einer anderen Facebookgruppe (ggf. anonymisiert „Mitarbeiter des Unternehmens X", wobei auch hier naheliegt, von dem die Antwort kam):
a) Persönlichkeitsrecht und Datenschutz
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die soziale Anerkennung und die persönliche Entfaltung des Einzelnen. Auch Äußerungen in sozialen Netzwerken können hiervon umfasst sein, insbesondere wenn sie Rückschlüsse auf die Person zulassen oder deren berufliches Ansehen betreffen.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Kommentar:
- öffentlich und für jedermann einsehbar war,
- unter Echtnamen und mit erkennbarer Verbindung zum Unternehmen abgegeben wurde,
- keine privaten oder besonders schützenswerten Informationen enthielt, sondern eine (beruflich relevante)
Meinungsäußerung darstellte.
Ein Schutz nach Datenschutzrecht (DSGVO) kommt grundsätzlich in Betracht, wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden. Allerdings ist die Weitergabe von ohnehin öffentlich gemachten Informationen in der Regel zulässig, solange keine besonderen schutzwürdigen Interessen entgegenstehen.
b) Urheberrecht
Der Kommentar als solcher genießt in der Regel keinen urheberrechtlichen Schutz, es sei denn, es handelt sich um ein Sprachwerk mit schöpferischer Eigenart (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Dies ist bei kurzen, sachlichen oder wertenden Kommentaren regelmäßig nicht der Fall.
c) Recht am eigenen Bild
Ein Foto des Verfassers ist nicht Gegenstand der Weitergabe, sondern lediglich ein Screenshot des Textes. Das Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) ist daher nicht betroffen, solange kein Bildnis weitergegeben wird.
3. Zulässigkeit der Weitergabe im Einzelnen
a) Teilen des Screenshots in einer anderen Facebook-Gruppe
Da der Kommentar öffentlich war, ist die Weitergabe grundsätzlich zulässig.
Eine Anonymisierung („Mitarbeiter des Unternehmens X") ist rechtlich nicht zwingend, kann aber zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit und zur Vermeidung unnötiger Rufschädigung sinnvoll sein.
Die Tatsache, dass der Kommentar später gelöscht wurde, ändert an der ursprünglichen Öffentlichkeit nichts. Die Löschung begründet kein „Recht auf Vergessen" für bereits öffentlich gewordene Inhalte.
Die Weitergabe darf jedoch nicht in einer Weise erfolgen, die gezielt auf eine Herabwürdigung oder Diffamierung des Verfassers abzielt. Eine sachliche Diskussion über die Aussage ist zulässig.
Fazit:
Das Teilen des Screenshots in einer anderen Facebook-Gruppe ist rechtlich zulässig, insbesondere wenn der Verfasser ohnehin als Mitarbeiter des Unternehmens X bekannt ist und die Aussage im beruflichen Kontext steht.
b) Zeigen oder Erzählen im persönlichen Gespräch
Rechtliche Bewertung:
Das Zeigen des Screenshots auf dem Handy oder das Erzählen des Inhalts im persönlichen Gespräch ist unproblematisch.
Es handelt sich um eine private Kommunikation, die keine rechtlichen Bedenken aufwirft, solange keine gezielte Verleumdung oder üble Nachrede erfolgt.
Fazit:
Das Zeigen oder Erzählen ist zulässig.
c) Weitergabe per E-Mail an eine andere Person
Rechtliche Bewertung:
Auch hier gilt: Die Information war öffentlich zugänglich und wurde nicht unter dem Schutz der Vertraulichkeit geäußert.
Die Weitergabe per E-Mail ist daher zulässig, solange keine gezielte Rufschädigung oder Verfälschung des Inhalts erfolgt.
Fazit:
Die Weitergabe per E-Mail ist zulässig.
4. Besonderheiten bei gelöschten Inhalten
Die spätere Löschung des Kommentars durch den Verfasser ändert nichts an der Tatsache, dass die Äußerung bereits öffentlich war. Ein „Recht auf Vergessen" besteht im privaten Kontext nicht, solange keine besonderen Umstände (z.B. schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung, Verbreitung sensibler Daten) vorliegen.
Zusammenfassung
Sie dürfen den Screenshot des Kommentars, der in einer öffentlichen Facebook-Gruppe unter Echtnamen gepostet wurde, grundsätzlich weitergeben, zeigen oder davon berichten – auch wenn der Kommentar später gelöscht wurde.
Eine Anonymisierung ist nicht zwingend erforderlich. Die Weitergabe sollte sachlich erfolgen und nicht auf eine gezielte Herabwürdigung des Verfassers abzielen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Richter
Antwort
vonRechtsanwalt Matthias Richter
Gräfelfinger Str. 97a
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Web: https://www.kanzlei-richter-muenchen.de
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Sehr geehrter Herr Richter,
vielen Dank für Ihre Antwort – Formulierung und Eindeutigkeit helfen sehr!
An einer Stelle möchte ich nachfragen/nachschärfen: der oben diskutierte Kommentar erfolgte von A eindeutig als Privatperson.. Er hat sich in dieser internationalen Gruppe nicht als Verkäufer der entsprechenden Fahrzeuge zu erkennen gegeben, die Antwort aber natürlich mit dem Hintergrundwissen zu den massiven technischen Problemen von Basisfahrzeug Z gegeben. Die von Ihnen unter 2.a. Punkt 2 aufgeführte „erkennbare Verbindung zum Unternehmen" ist nur bei Durchsicht des Profils von A, nicht aber beim Lesen der betreffenden Antwort erkennbar, weil er mehrfach „Content" seines Arbeitgebers/Unternehmen X (siehe auch meine Ausgangsfrage) geteilt bzw im Sinne des Unternehmens kommentiert hat.
Ändert dieser Umstand Ihre Bewertung der Situation?
Sehr geehrte Fragesteller,
Danke für das positive Feedback.
Gerne beantworte ich Ihnen die Nachfrage:
Die Tatsache, dass A den Kommentar als Privatperson verfasst hat, ändert nichts daran, dass er sich bewusst in einem öffentlichen Diskussionsforum geäußert hat. Die Erwartung, dass die Äußerung vertraulich bleibt, besteht in einem solchen Rahmen nicht.
Entscheidend ist, dass die Äußerung öffentlich und für jedermann einsehbar war.
Die Antwort ändert sich also nicht.
Beste Grüße
RA Richter