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Organe und Organklage, sowie Amtsenthebungsverfahren 175 StGB

| 4. Juni 2012 04:35 |
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Generelle Themen


Beantwortet von

Rechtsanwalt Stephan Rübben

Sehr geehrte Anwälte,

mich interessiert für meine Recherchen folgender rechtlicher Sachverhalt :

Die BRD ist ein föderaler Staat mit einem Bundesrat als Ländervertretung.
Wir haben auf Bundesebene im Grundgesetz noch kein Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Orientierung im Wortlaut stehen.

Allerdings haben bereits einige Landesverfassungen die sexuelle Orientierung mit aufgenommen zb Brandenburg hat so was in seiner Landesverfassung stehen .

Sollte es nun ganz theoretisch zur Wiedereinführung des § 175 StGB kommen, wäre das kein Zustimmungsgesetz, sondern ein Einspruchsgesetz das im Bundestag mit einer 2/3 Mehrheit oder einer 50 % ca Mehrheit von allen Mitgliedern des Bundestages überstimmt werden kann, wenn der Bundesrat zuvor das Gesetz mit einer 2/3 Mehrheit zurückweist, dass gleiche wäre wenn der Bundesrat mit einfacher Mehrheit ein Gesetz zurückweist und der Bundestag mit absoluter den Bundesrat überstimmt

Viele Bundesländer haben nun lt Wiki informelle oder formelle Vereinbarungen etwa durch die die sog Bundesratsklausel bei Koalitionen auf Landesebene vereinbart, dass bei einem Dissens also wenn keine Einigung gefunden wird man sich de facto enthält was durch die Besonderheit des Bundesrates immer als Nein Stimme gewertet wird.

Mich würde nun interessieren, ob ein Ministerpräsident eines Bundeslandes der zb für die Wiedereinfihrung des § 175 StGB im Bundesrat sich irgendwie strafbar oder verantwortlich macht, wenn in seinem Land in der Verfassung der Schutz also vor sexuellen Minderheiten gegen Diskriminierung verankert ist.

Wenn man bei Brandenburg bleibt, wo die sexuelle Orientierung in der Verfassung erwähnt wird, wäre dies dann also im Falle einer ja Stimme im Bundesrat ein Landesverfassungsbruch des Ministerpräsident und kann dies in Form eines Amtsenthebungeverfahren oder Organklage geahndet werden, welche Voraussetzungen für solche Klagen wären erforderlich ?

Ich bitte meine Fragen auch zum Thema der Voraussetzungen kurz zu beantworten
MfG

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:

Bei der Prüfung dieser Konstellation sollte man sich zunächst vergegenwärtigen, dass das Engagement für die Wiedereinführung des § 175 StGB von der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit gedeckt sein kann. Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass damit keine Diskriminierung erfolgt.

Der Schutz der Meinungsfreiheit ist auch dann gegeben, wenn die Meinung sich gegen einzelne Normen der Länder- bzw. Bundesverfassung stellt (bspw. ein erweiterter Art. 3 GG ).
Strafbarkeit im Sinne des Strafgesetzbuches ist solange nicht gegeben, bis durch Art und Weise, in der sein Engagement erfolgt, nicht die Voraussetzungen des § 130 StGB erfüllt sind.

Ein verfassungsfeindliches Verhalten im engeren Sinne ist ebenfalls nicht erfüllt, weil der Ministerpräsident sich nicht gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung und auch nicht gegen das Bestehen seines Bundeslandes wendet.

Da die verschiedenen Länderverfassungen im Wesentlichen den Grundgesetz folgen, bleibe ich im Folgenden beim Grundgesetz:
Ein Amtsenthebungsverfahren (61 GG) müsste vom jeweiligen Landesparlament eingeleitet und vor dem Landesverfassungsgericht durchgeführt werden wird nur dann gelingen, wenn der Ministerpräsident vorsätzlich gegen die Verfassung verstoßen hat.
Dies kann wohl vertreten werden, da das bundespolitische Engagement für die Strafbarkeit der Homosexualität dem verfassungsrechtlichen Leitbild des Bundeslandes in jedem Falle widersprechen dürfte und dem Diskrimierungsverbot wohl in jedem Falle entgegen steht.
Allerdings bedarf ein Amtsenthebungsverfahren i.R. einer Zweidrittelmehrheit.
Eine Organklage (Art. 93 GG ) benötigt nur das Vorliegen einer der dort aufgezählten Konstellationen.
Für einen zulässigen Antrag ist es jedoch erforderlich, dass der Antragssteller die Verletzung eigener, aus der Verfassung herleitbarer Rechte hinreichend geltend macht. Das dürfte nicht gegeben sein.

Erfolgsversprechend wäre daher am ehesten das Amtsenthebungsverfahren.


Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 4. Juni 2012 | 08:32

So wie ich sie verstehe, müsste also ein Ministerpräsident eines Landes im Bundesrat beim o.g Beispiel gegen die Vorlage stimmen, weil er sonst seine eigene Landesverfassung brechen würde.

Sie meinen ferner, dass ein Amtsenthebungsverfahren eine zwei Drittel Mehrheit benötigt.

Ein zweiter Weg wäre die Organklage, sie meinen aber, dass derjenige selbst betroffen sein muss, was meinen sie damit ?

Er wäre ja betroffen, wenn er diese rechte aus der Landesverfassung herleiten kann, gilt denn aber auch bei Landes Organklagen nur das Grundgesetz, wo ja der Diskriminierungsschutz nicht vorkommt ?

Meine zweite Frage wäre, ob selbst wenn bald ein Diskrimimierungsschutz im GG steht, der Antragsteller nur eine Organklage führen kann, wenn seine EIGENEN Rechte verletzt sind ?
Heißt das also in diesem Beispiel das nur ein homosexueller Abgeordneter die Organklage führen könnte ?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. Juni 2012 | 09:22

Ich persönlich wäre der Meinung, das der Ministerpräsident gegen die Vorlage stimmen müsste. Allerdings ist in solch einer paradoxen Konstellation freilich sehr viel Argumentationsspielraum gegeben. Rechtsprechung zu diesem Thema ist mir bisher nicht ersichtlich.

Das Amtsenthebungsverfahren gem. Art. 61 GG bedarf einer 2/3 Mehrheit. Die Misstrauensvoten, die auch in Landesverfassungen geregelt sind, bedürfen einer einfachen Mehrheit (bspw. Art. 86 Verfassung des Landes Brandenburg). Sie haben auch andere Voraussetzungen.

Bei einem Organstreitverfahren müssen die Rechte des Verfassungsorgans als solches betroffen sein. Die sexuelle Orientierung, Herkunft, Religion des Abgeordneten betreffen nicht das Amt, sondern die Persönlichkeit des Abgeordneten. Daher wird ein Organstreitverfahren insgesamt nicht zulässig sein.

Bitte beachten Sie, dass eine solch paradoxe Problemlage, die so viele Verfassungsgüter und Verfassungsorgane berührt, hier nur im Rahmen einer groben Orientierung beantwortet werden kann.

Bewertung des Fragestellers 4. Juni 2012 | 09:40

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Eine insgesamt gute Antwort, wobei auch die Partei oder Fraktion den Antrag der Organklage stellen kann.

http://www.gesetze-im-internet.de/bverfgg/__64.html

Vielleicht gehen sie noch kurz im Rahmen dieses Portale in einer Nachsntwort darauf ein, ob zb man den Bundespräsident, wenn er bspw ein Verfassungskonfornes Gesetz nicht unterzeichnet, im Rahmen der Organklage anklagen kann.

Sollte ich nichts mehr hören gehe ich nach ihrer Logik dann davon aus, dass nur jemand antragsberechtigt ist, der selbst betroffen ist, und zwar im Sinne seines Amtes
Bei vielen Dingen, etwa der Vorratsdatenspeicherung wäre das Amt oder das jeweilige kaum betroffen, sollte der Bubdesprasident ein Gesetz das dieses betrifft, nicbt unterzeichnen.
Der Bundespräsident könnte dann so einfach Gesetze ablehnen, die ihm vielleicht nicht gefallen und wenn er Glück hat, findet sich kein Abgeordneter im Bubdestag, den er damit im Rahmen seines Amtes auf die Füße tritt..

"
Stellungnahme vom Anwalt:

Vielen Dank für die freundliche Bewertung.
Sie haben Recht, der Bundespräsident kann in diesen Fällen mit einem Organstreit angegangen werden. Es könnte sogar versucht werden, den Präsidenten des Amts entheben zu lassen.