Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:
1.Zunächst gilt zwischen Ihnen und Ihrer Mieterin die vertragliche Vereinbarung, nach der Vorauszahlungen geschuldet sind. Dementsprechend haben Sie gegenüber der Mieterin einen Anspruch auf Ausgleich der angefallenen Betriebskostenabrechnungen.
Aber: Davon ausgehend, dass Abrechnungsjahr auch bei Ihnen das Kalenderjahr ist, muss der Mieterin bis zum 31.12.2022 eine wirksame Betriebskostenabrechnung vorliegen. Wenn dies nicht erfolgt bzw. bereits erfolgt ist, sind Sie mit Nachforderungen regelmäßig ausgeschlossen! Ich mache mir noch bei Ihren Schilderungen und der von Ihnen selbst eingeräumten Unerfahrenheit etwas Sorgen…
Rückwirkend eine Erhöhung der Vorauszahlung können Sie nicht verlangen. Für 2021 können Sie eben nur den sich aus Ihrer (oder Ihres Voreigentümers) ergebenden Nachzahlungsbetrag verlangen.
Für die Zukunft können Sie die Vorauszahlungen verlangen, die die zu erwartenden Betriebskosten abdecken, sollten die extreme Erhöhung aber möglichst gut schriftlich begründen.
Das weitere Problem ist nun die falsch ausgefüllte Mietbescheinigung. Hier handelt es sich ja recht offensichtlich um einen Fehler, was auch das Jobcenter/Wohngeldstelle etc. Ohne Weiteres erkennen dürfte: Regelmäßig ist beim Antrag auch der Mietvertrag vorzulegen, so dass ich davon ausgehe, dass die entsprechenden Stellen diesen haben. Und ich gehe davon aus, dass die Mieterin die Leistungen auch bei korrekt ausgefüllter Mietbescheinigung erhalten hätte, so dass sich hier am Ende der Fehler in der Bewilligung nicht ausgewirkt hat.
Ich sehe daher gute Aussichten, dass das Amt hier zahlen muss. Allerdings betrifft dies rechtlich eben nur das Verhältnis mit Ihrer Mieterin, so dass diese sich hier kümmern und gegen einen ablehnende Bescheid Widerspruch einlegen und notfalls sogar klagen muss.
Ein entscheidendes und wichtiges Argument ist noch Folgendes: Wenn ich es richtig verstehe, ist der wesentliche Kostentreiber der Erdgaspreis. Für die Heizkosten gilt aber, dass eine Pauschalvereinbarung abgesehen von wenigen Ausnahmen unzulässig ist. Heizkosten sind zwingend nach der Heizkostenverordnung abzurechnen (d.h. anteilig nach Verbrauch und Wohnfläche), vgl. § 2 HeizKV:
Zitat:§ 2 Vorrang vor rechtsgeschäftlichen Bestimmungen
Außer bei Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt, gehen die Vorschriften dieser Verordnung rechtsgeschäftlichen Bestimmungen vor.
Das sollte auch den Ämtern bekannt sein…
2.Besser haben Sie es natürlich nicht unbedingt gemacht, aber Sie können ja klarstellen, dass für Sie das Wort Pauschale im Sinne von "pauschalen Vorauszahlungsbeträgen" verstanden wurde. Zukünftig sollten Sie das Wort Pauschale im Zusammenhang mit Ihrem Mietverhältnis als Ihrem Wortschatz streichen.
Bei der begehrten Mieterhöhung haben Sie hoffentlich die Vorschriften der §§ 558 BGB beachtet und eine Zustimmung gefordert und die Erhöhung anhand des Mietspiegels etc. hinreichend begründet.
3.Tatsächlich würde ich das Schreiben ggf. noch einmal korrigieren. Eine Anhebung sollte aufgrund der Feststellungen im Protokoll ja auch direkt auf 1.300 € erfolgen. Grundsätzlich würde ich Ihnen auch empfehlen, entsprechende Schreiben auf Ihre Wirksamkeit überprüfen zu lassen, bevor diese dann bei den Ämtern eingereicht werden. Besprechen Sie mit der Mieterin, dass Sie auf Ihre Mitwirkung angewiesen sind, wenn es dauerhaft mit dem Mietverhältnis funktionieren soll. Ihre Mieterin muss den Behörden Dampf machen, damit diese von den Pauschalen herunterkommen, dies notfalls durch Widerspruch und Klage.
Ihre Aufgabe ist es allerdings, korrekte Forderungen geltend zu machen und ggf. auch schriftlich zu erläutern, was hier bei der Mietbescheinigung schief gegangen ist.
Auf jeden Fall sollte sichergestellt sein, dass die Mieterin bis Endes des Jahres eine formell und materiell wirksame Abrechnung erhält, wenn sie diese nicht nicht hat (eine Kopie der eigenen Hausgeldabrechnung o.ä. reicht in der Regel nicht!), da sonst für 2021 nichts mehr nachgefordert werden kann, vgl. § 556 BGB:
Zitat:Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 556 Vereinbarungen über Betriebskosten
(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Ich hoffe, dass das ggf. längst passiert ist und es sich bei der Nachforderung von 6.000€ um die notwendige Abrechnung und nicht um die rückwirkende Nachforderung von Vorauszahlungen o.ä. handelt. Im letzteren Fall bleibt nur noch wenig Zeit, das zu korrigieren. Wenn bis zum 31.12. keine wirksame Abrechnung vorliegt, dürfte der Anspruch auf die 6.000 € ausgeschlossen sein. In dem Fall sollten Sie sich ggf. Hilfe suchen, um es tatsächlich noch wirksam hinzubekommen
Ich hoffe, ich konnte Ihnen zunächst weiterhelfen und wünsche Ihnen viel Erfolg bei den Verhandlungen mit der Mieterin und den Ämtern.
Mit freundlichen Grüßen