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Nachbarschaftsrecht , WEG Recht

4. März 2007 18:19 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Seit 2004/2005 bin ich Teileigentümer eines aus den 50er Jahren stammenden MFH (insgesamt 4 WE), das in Reihenbebauung direkt an das Haus eines streitlustigen Nachbarn angrenzt.
In 2006 hat "unsere" Eigentümergemeinschaft bei erneuten Querelen mit dem Nachbarn festgestellt, daß eine auf dem Nachbarhaus befindliche Dachgaube mit ihrer Seitenwand über eine Länge von ca. 5 m auf der Außenwand unseres Hauses steht. Es ist davon auszugehen, daß der Dachausbau auf dem Nachbargrundstück bereits vor langer Zeit und sicherlich ohne Baugenehmigung erfolgte.

1.) Besteht ein Rechtsanspruch auf
Beseitigung des Überbaus ?
2.) Kann ich ggfs. als Teileigentümer
ohne Zustimmung der Eigentümer-
gemeinschaft einen etwaigen
Rechtsanspruch auf Beseitigung
des Überbaus -notfalls gerichtlich-
durchsetzen ?

4. März 2007 | 20:15

Antwort

von


(141)
Muldestr. 19
51371 Leverkusen
Tel: 0214 / 2061697
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Reinhard-Schweizer-__l103443.html
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

ich bedanke mich für Ihre Anfrage, die ich wie folgt nach Ihren Angaben und Einsatzes beantworten möchte:

1.)
Je nach Sachlage ist ein Nachbar verpflichtet, einen baurechtswidrigen Überbau auf dem Nachbargrundstück zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB ).

In einer Entscheidung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Bamberg ging es um einen solchen Streit zweier Nachbarn.

Als der Kläger sein Grundstück vom Voreigentümer kaufte, war auf dem Nachbargrundstück des Beklagten bereits ein Erweiterungsbau im Rohbau vorhanden. Der Voreigentümer des Klägers hatte dem Erweiterungsbau privatschriftlich zugestimmt. Der Erweiterungsbau überschritt die zulässigen Abstandsflächen um bis zu zwei Meter. Der Kläger verlangte nun die Beseitigung des ohne Baugenehmigung errichteten Anbaus.

Das OLG wies die Klage ab. Es führte aus, dass der Kläger den Überbau dulden müsse.
Die Duldungspflicht ergebe sich daraus, dass der Voreigentümer des Klägers dem Erweiterungsüberbau privatschriftlich zugestimmt habe. Dies mache den Überbau zwar nicht rechtmäßig, begründe aber eine Duldungspflicht des Klägers (OLG Bamberg v. 03.02.2004, 5 U 181/03 ).

Auf Ihren Fall übertragen bedeutet das Folgendes:

Da der Dachausbau auf dem Nachbargrundstück bereits vor langer Zeit erfolgte und Sie erst seit 2004/05 Teileigentümer eines aus den 50er Jahren stammenden Mehrfamilienhauses sind, ist es nicht auszuschließen, dass sich der Nachbar von den Voreigentümern eine privatschriftliche Zustimmung eingeholt hat.
Falls dies der Fall sein sollte, bestünde kein Rechtsanspruch auf Beseitigung des Überbaus.
Fehlt eine derartige Zustimmung, kann der Beseitigungsanspruch – notfalls gerichtlich – geltend gemacht werden.


2.)
Einen etwaigen Beseitigungsanspruch könnten Sie nicht so ohne Weiteres im „Alleingang“ durchsetzen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes ist eine besonders ausgestaltete Bruchteilsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff BGB .
Für die Bruchteilsgemeinschaft besteht übereinstimmend die Auffassung, dass jeder Bruchteilsgläubiger gemäß § 432 Abs. 1 BGB den Anspruch der Bruchteilsgemeinschaft alleine geltend machen kann, in dem er die Leistung an alle Bruchteilsgläubiger gemeinschaftlich verlangt.

Die Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsgesetz hat diese Befugnis des Wohnungseigentümers aus § 432 , 1011 BGB eingeschränkt. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist die uneingeschränkte Einzelklagebefugnis nicht mit den Besonderheiten des WEG vereinbar:

Während die normale Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff BGB und die Miteigentümergemeinschaft nach §§ 1008 ff BGB durch das Gesetz als jederzeit lösbare Bindung ausgestaltet sind, wurde im Wohnungseigentumsgesetz die Gemeinschaftsbezogenheit besonders stark dadurch betont, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich unauflösbar ist (§ 11 WEG ). Auch haben die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer im Vergleich zu den Vorschriften des BGB über die Gemeinschaft eine viel stärker detaillierte Regelung erfahren. § 21 Abs. 1 WEG begründet als Sonderregelung eine Verwalterzuständigkeit aller Wohnungseigentümer im Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum, die auch die Entscheidung über die gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs erfasst, wie aus § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG deutlich wird.

Hieraus entnimmt die Rechtsprechung, dass der einzelne Wohnungseigentümer Gemeinschaftsansprüche grundsätzlich nur dann gerichtlich durchsetzen kann, wenn er ausdrücklich von der Eigentümergemeinschaft hierzu ermächtigt ist.

Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte und weise bei Unklarheiten auf die kostenlose Nachfragefunktion hin.
Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Einstweilen verbleibe ich

mit besten Grüßen
RA, Dipl.-Fw. Schweizer

E-Mail: reinhard.schweizer@gmx.net

Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, sodass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.


Rückfrage vom Fragesteller 27. März 2007 | 10:41

Falls ein einzelner Wohnungseigentümer Gemeinschaftsansprüche gerichtlich durchsetzen will, ist dann für die erforderliche Ermächtigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft eine einfache Mehrheit ausreichend ?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 27. März 2007 | 12:36

Ob die einfache Mehrheit ausreicht, lässt sich nicht pauschal beantworten.
Maßgebend ist in erster Linie, was die Wohnungseigentümer vertraglich vereinbart haben.
Fehlt eine vertragliche Vereinbarung, reicht ein Mehrheitsbeschluss aus.

ANTWORT VON

(141)

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