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Möglichkeiten d. Vermieters bei Sperre der Gasversorgung/ohne Heizmöglichkeit

22. September 2025 16:10 |
Preis: 42,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

​Sehr geehrte Damen und Herren,
​ich bin Vermieter einer Wohnung, in der meine Mieterin aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten derzeit ohne Gasversorgung ist (das Gas wurde vor einigen Wochen durch den Gasversorger abgestellt).
Da es sich um ein freistehendes Einfamilienhaus handelt und darin ohne Gasversorgung nicht mehr geheizt werden kann, befürchte ich nun Schimmelbildung und Schäden am Gebäude.
Außerdem steht die jährliche Heizungswartung an, die ohne Gas ebenfalls nicht durchgeführt werden kann.
Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich bzw. wie sollte ich mich jetzt verhalten?
Vorab herzlichen Dank für Ihre Unterstützung.
​Mit freundlichen Grüßen aus Wiesbaden

22. September 2025 | 16:52

Antwort

von


(1245)
Golmsdorfer Str. 11
07749 Jena
Tel: 036412692037
Web: https://www.jena-rechtsberatung.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die von Ihnen geschilderte Situation betrifft nicht primär eine Leistungsstörung Ihrerseits (z. B. eine defekte Heizungsanlage), sondern eine schwerwiegende Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten durch Ihre Mieterin.

Neben der Hauptpflicht zur Zahlung der Miete (§ 535 Abs. 2 BGB) obliegt der Mieterin eine sogenannte Obhuts- und Sorgfaltspflicht für die angemietete Immobilie. Diese ergibt sich aus § 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag. Die Mieterin ist demnach verpflichtet, die Mietsache pfleglich zu behandeln und alles zu unterlassen, was zu einer Beschädigung oder Gefährdung führen könnte.

Zu dieser Obhutspflicht gehört elementar die Sicherstellung einer ausreichenden Beheizung, insbesondere während der kälteren Monate, um Schäden an der Bausubstanz vorzubeugen. Hierzu zählen insbesondere:

Schimmelprävention: Unbeheizte und unzureichend gelüftete Räume neigen stark zur Schimmelbildung, deren Beseitigung aufwändig und kostspielig ist.

Verhinderung von Frostschäden: Bei sinkenden Temperaturen besteht die akute Gefahr, dass Wasser in den Heizungs- und Wasserleitungen gefriert und diese zum Platzen bringt. Ein solcher Schaden kann immense Folgekosten nach sich ziehen.

Indem Ihre Mieterin die Zahlung an den Gasversorger eingestellt und die daraus resultierende Versorgungssperre zu vertreten hat, unterlässt sie die zur Erhaltung der Mietsache zwingend gebotene Beheizung. Dieses Verhalten stellt eine erhebliche Pflichtverletzung dar.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht für eine solche Konstellation klare Regelungen vor. Die vorsätzliche oder fahrlässige Gefährdung des Mietobjekts durch den Mieter kann weitreichende Konsequenzen haben, bis hin zur Beendigung des Mietverhältnisses.

Die Rechtsprechung bestätigt diese Einschätzung konsequent. Die Gerichte sehen in der unterlassenen Beheizung im Winter eine erhebliche Gefährdung der Mietsache im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Aufgrund der erheblichen Pflichtverletzung und der akuten Gefährdung Ihres Eigentums stehen Ihnen mehrere, aufeinander aufbauende rechtliche Schritte zur Verfügung. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Sie hierbei formell korrekt vorgehen.

Schritt 1: Die unverzügliche Abmahnung (unerlässlich!)

Bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann, ist in der Regel eine Abmahnung erforderlich (§ 543 Abs. 3 S. 1 BGB). Die Abmahnung dient dazu, der Mieterin ihr vertragswidriges Verhalten klar vor Augen zu führen und ihr eine letzte Gelegenheit zur Abhilfe zu geben.

Ihre Abmahnung muss folgende Punkte klar und unmissverständlich enthalten:

Genaue Bezeichnung der Pflichtverletzung: Beschreiben Sie präzise, welches Verhalten Sie rügen.
o Beispielformulierung: "…hiermit mahne ich Sie ab, da Sie durch die von Ihnen zu vertretende Sperrung der Gasversorgung die Beheizung des Mietobjekts [Adresse] nicht mehr sicherstellen. Dadurch verletzen Sie Ihre mietvertragliche Obhuts- und Sorgfaltspflicht und gefährden die Bausubstanz des Gebäudes in erheblichem Maße durch die drohende Bildung von Schimmel und potenzielle Frostschäden an den Wasser- und Heizungsleitungen."

Konkrete Aufforderung zur Abhilfe: Fordern Sie die Mieterin unmissverständlich auf, den vertragsgemäßen Zustand wiederherzustellen.
o Beispielformulierung: "Ich fordere Sie hiermit auf, unverzüglich, spätestens jedoch bis zum [Datum, setzen Sie eine kurze, aber angemessene Frist von z.B. 7-10 Tagen] die Gasversorgung für das Mietobjekt wiederherstellen zu lassen und mir hierüber einen Nachweis zu erbringen."

Androhung der Kündigung: Kündigen Sie für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs unmissverständlich rechtliche Konsequenzen an.
o Beispielformulierung: "Sollten Sie dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachkommen, sehe ich mich gezwungen, das bestehende Mietverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich fristgemäß, zu kündigen."

Zustellung der Abmahnung: Sie müssen den Zugang der Abmahnung im Streitfall beweisen können. Versenden Sie diese daher nicht per einfachem Brief. Empfehlenswert ist die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher oder durch einen Boten, der den Inhalt des Schreibens kennt und den Einwurf in den Briefkasten bezeugen kann.

Sollte die Mieterin die Gasversorgung innerhalb der gesetzten Frist nicht wiederherstellen, können und sollten Sie das Mietverhältnis kündigen. Hierbei ist die Kombination aus einer fristlosen und einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung die strategisch sinnvollste Vorgehensweise.

Außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB

Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung liegt vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet. Die Nichtbeheizung eines Einfamilienhauses vor Beginn der Heizperiode erfüllt diesen Tatbestand zweifellos. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses ist Ihnen unter diesen Umständen nicht mehr zuzumuten.

Hilfsweise: Ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB

Sollte ein Gericht die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wider Erwarten als nicht erfüllt ansehen, greift die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung. Ein berechtigtes Interesse Ihrerseits liegt vor, da die Mieterin ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Hierbei müssen Sie die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 573c BGB einhalten.

Formvorschriften der Kündigung: Die Kündigung muss zwingend schriftlich erfolgen (§ 568 BGB) und von Ihnen eigenhändig unterschrieben sein. Sie muss zudem eine ausführliche Begründung enthalten, in der Sie auf die vorangegangene Abmahnung und die fortbestehende, erhebliche Pflichtverletzung detailliert eingehen. Auch hier ist eine nachweisbare Zustellung (siehe oben) essenziell.

Die Mieterin ist grundsätzlich verpflichtet, Erhaltungsmaßnahmen nach § 555a BGB zu dulden. Indem sie die technischen Voraussetzungen für die Wartung (eine funktionierende Gasversorgung) nicht schafft, verletzt sie auch diese Duldungspflicht. Diesen Punkt sollten Sie ebenfalls in Ihrer Abmahnung und Kündigungsbegründung als weitere Pflichtverletzung anführen.

Sollten bereits Schäden (z. B. erste Anzeichen von Schimmel) am Gebäude entstanden sein oder in Zukunft entstehen, haftet die Mieterin hierfür. Sie können die Kosten für die Beseitigung dieser Schäden als Schadensersatz geltend machen. Ich rate Ihnen dringend, den Zustand der Immobilie bereits jetzt umfassend zu dokumentieren (detaillierte Foto- und Videoaufnahmen, ggf. unter Hinzuziehung eines Zeugen).


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Steffan Schwerin

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