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Mindestlohn bei Praktikanten / Probetage

3. September 2015 16:32 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Matthias Heuser

Laut Mindestlohngesetz fällt es nicht unter den Mindestlohn, wenn ein immatrikulierter Student begleitend zu seinem Studium ein bis zu 3-monatiges Praktikum in einem Betrieb absolviert (kein Pflichtpraktikum!). Sollte der Praktikant ein weiteres begleitendes Praktikum im selben Betrieb absolvieren, so fallen BEIDE Praktika unter den Mindestlohn (das erste Praktikum rückwirkend).

Um sich für einen Praktikanten zu entscheiden, kann es sinnvoll sein, den zukünftigen Praktikanten an einem oder zwei Probetagen kennenzulernen. Die Probetage liegen zeitlich nicht unmittelbar vor dem tatsächlichen Praktikum.

Die Probetage könnten eventuell als erstes Praktikum ausgelegt werden, was dazu führen würde, dass für das eigentliche Praktikum der Mindestlohn gezahlt werden muss. Gibt es eine Möglichkeit trotzdem diese/n Probetag/e durchzuführen und wenn ja, wie deklariert man diese bzw hält sie vertraglich fest, um im Praktikum nicht unter den Mindestlohn zu fallen?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Eine Möglichkeit der von Ihnen geplanten Durchführung von solchen unentgeltlichen Schnuppertagen ist ein sogenanntes Einfühlungsverhältnis. Bei diesem besteht, wenn keine anderweitigen Abreden getroffen wurden, kein Anspruch auf Entgelt.

Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen ist es, dass Zweck ist, dem potentiellen Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, die betrieblichen Gegebenheiten kennenzulernen und dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, festzustellen, ob der Bewerber in den Betrieb passt.
Im Gegensatz zu einem Praktikum besteht bei einem Einfühlungsverhältnis keine gegenseitige Verpflichtung zur Leistung und Gegenleistung. Insbesondere besteht kein Direktionsrecht. Der Bewerber muss keine bestimmten Arbeitszeit einhalten und ist nur dem Hausrecht des Arbeitgebers unterworfen.
Diese Voraussetzungen müssen für das Vorliegen eines Einfühlungsverhältnisses zwingend eingehalten werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein Arbeitsverhältnis mit den daraus erwachsenen Konsequenzen angenommen wird.


Bezüglich der Darlegungs- und Beweislast beurteilen die Gerichte die Frage, wer im Streitfall das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages beweisen muss, unterschiedlich.

Teilweise wird die Meinung vertreten, der vermeintliche Arbeitnehmer sei für die Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses als anspruchsbegründende Tatsache, voll umfänglich darlegungs- und beweisbelastet (so bspw. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.05.2007 - 2 Sa 87/07 ).

Das LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.4.2007, 13 Sa 129/05 ) geht dagegen davon aus, das es sich bei einem Einfühlungsverhältnis um einen Sonderfall handelt, der durch den Arbeitgeber nachgewiesen werden müsse.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 11. September 2015 | 09:01

Herzlichen Dank für die Antwort, das hilft schonmal weiter. Meine Nachfrage: Da die Darlegungs- und Beweislast offensichtlich unterschiedlich ausgelegt werden kann, sollte man lieber schriftlich (vertragsähnlich) festlegen, dass es sich um ein Einfühlungsverhältnis handelt oder reicht aus Ihrer Sicht im zweifel auch ein Emailverkehr, in dem klargestellt wird, dass es sich um ein Kennenlernen/Schnuppertag handelt?

Und: Sind auch 2 Tage in Ordnung bzw wo werden da die Grenzen gesetzt?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 11. September 2015 | 10:27

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.

Wie oben dargelegt betrifft die Frage der Darlegungs- und Beweislast nicht nur die schriftliche Vereinbarung, sondern auch die tatsächliche Arbeit.

Sie sollten in jedem Fall auf eine schriftliche Fixierung des Einfühlungsverhältnisses achten, die auch eine Beschreibung der oben genannten Voraussetzungen eines solchen Verhältnisses enthält. Die Vereinbarung sollte, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, von beiden Parteien unterzeichnet werden.

Die Grenze für ein Einfühlungsverhältnis wird unterschiedlich bewertet, 2 Tage sind jedoch im Rahmen. Es werden Zeiträume von 3 Tagen bis zu einer Wochen teilweise von Gerichten akzeptiert, hier kommt es jedoch wie immer auf den Einzelfall an.

Falls Sie Interesse an der Erstellung eines solchen Mustervertrages haben, können Sie sich gerne über meine Kontaktdaten, welche Sie meinem Profil entnehmen können, an mich wenden.


Mit freundlichen Grüßen

Matthias Heuser, Rechtsanwalt

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