Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ich kann nur davon abraten, in der gewählten Form vorzugehen. Dies könnte zu einer einstweiligen Verfügung ihres Sohnes und Schadenersatzansprüchen, z.B. auch bei Beweis,dass er zuvor Sachbeschädigungen begangen hat wegen unerlaubter Selbsthilfe, gegen sie führen. Auch eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung könnte folgen. Sie brauchen also einen Räumungstitel gegen ihren Sohn und seine Frau, der dann auch gegen die beiden Kinder wirkt. Nun die einzelnen Erläuterungen:
1. Sie schreiben, ihr Sohn habe weder einen Mietvertrag noch habe er jemals Miete gezahlt.
Ein Mietvertrag setzt keine schriftliche Form, sehr wohl aber die Gebrauchsüberlassung gegen Entgelt voraus (§ 535 BGB
). Diese liegt hier nicht vor, so dass ein Mietvertrag nicht vorliegt. Es liegt nach ihren Darstellungen eine Gebrauchsgewährung ohne Entgelt vor. Dies nennt sich nach dem Gesetz eine Leihe ( § 598 BGB
) und ist auch bei Wohnraum zulässig. Es ist also von einem Leihvertrag auszugehen.
Sie möchten, dass ihr Sohn die Einliegerwohnung verlässt, weil es in der Vergangenheit immer wieder zu diversen Sachbeschädigungen kam.
2.Die Leihe, die auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde, kann gem. § 604 Abs. 3 BGB
jederzeit durch den Verleiher durch Rückgabeforderung beendet werden. Sollte ein Leihvertrag auf bestimmte Zeit geschlossen sein, ergibt sich das Kündigungsrecht aus § 605 BGB
. Der Verleiher kann den Vertrag kündigen, wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten überlässt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet. Natürlich fällt hierunter auch eine etwaige Sachbeschädigung, für die sie wiederum neben der Kündigung auch Schadenersatz verlangen könnten, wenn die Paranoia keinen Ausschluss der Schuldfähigkeit hervorruft. Dies lässt sich von mir nicht einschätzen.
3. Sie sollten ihrem Sohn nachweisbar die Leihe kündigen. Auch wenn die Leihe nicht an Kündigungsfristen gebunden ist, sollte die Fristbestimmung so erfolgen, dass er die Möglichkeit hat, eine neue Unterkunft zu beziehen.
4. Wenn ihr Sohn nicht auszieht müssen sie ihn auf Räumung verklagen. Erst wenn sie den Räumungstitel haben und eine angemessene Frist zur Räumung vergangen ist, dürfen sie die Wohnung selbst beräumen, ohne dass rechtliche Schritte gegen sie Erfolg haben werden.
Sie möchten, die Abwesenheit ihres Sohnes nutzen, um die Wohnung faktisch unbewohnbar zu machen, und fragen, welche Handhabe ihr Sohn gegen sie hat.
5. a) Ihr Sohn könnte, für den Fall dass sie selbst ohne Räumungstitel die Wohnung räumen bzw. unbewohnbar machen, eine einstweilige Verfügung gegen sie erwirken, um die Wohnung wieder zu bewohnen. Sie könnten zur Wiederherstellung des bewohnbaren Zustands verpflichtet werden und hätten die Kosten hierfür und für das Verfahren zu tragen. Eine einstweilige Verfügung setzt voraus, dass sie in sein Recht eingreifen und die Sache dringend ist. Mit der "Zerstörung" der Wohnung würden sie in das Besitzrecht ihres Sohnes und seiner Familie eingreifen, denn auch wenn sie Eigentümer sind und es keinen Mietvertrag gibt, ist ihr Sohn Besitzer der Wohnung. Nach einer Rechtsmäßigkeit des Besitzes wird im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht gefragt. Auch die 2 Kinder sprechen für den Erfolg des einstweiligen Rechtsschutzes.
b) Ihr Sohn könnte Schadenersatz gegen sie geltend machen, weil sie Pflichten aus der Leihe verletzt haben und er eine - im Zweifel teure Unterkunft- für sich und seine Familie im Hotel nutzen muss, bis der ordnungsgemäße Zustand der Wohnung wieder hergerichtet ist. Dies gilt auch dann, wenn sie sich aufgrund der Zerstörungshandlungen ihres Sohnens nur selbst helfen wollten ( Vgl. BGH hat mit Urteil vom 14. Juli 2010 – <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=VIII%20ZR%2045/09" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 14.07.2010 - VIII ZR 45/09: Verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters bei "kalter" Wo...">VIII ZR 45/09</a>, hier gegen einen Mieter , aber dennoch anwendbar).
c)Daneben kann er sie wegen Sachbeschädigung anzeigen, falls er selbst Eigentümer von in der Sache befindlichen Gegenständen ist. Auch dies wäre mit Kosten und Schadenersatzansprüchen verbunden.
Im Ergebnis kann ich von dem geplanten Vorgehen nur abraten und würde hier mit einem "böses Eigentor" rechnen. Sie werden wohl leider um einen Räumungstitel nicht herumkommen.
6. Ich würde ihnen raten, eine Kündigung mit angemessener Frist per Einschreiben zuzustellen und Schadenersatz für die zerstörten Anlagen zu fordern. Daneben würde ich die diversen Sachbeschädigungen anzeigen, da diese in einem -bei nicht freiwilligem Auszug- wohl folgenden Räumungsprozess ihre Beweischancen erhöhen. Natürlich haben sie dann auch Schadenersatzansprüche gegen ihren Sohn, die durchgesetzt werden könnten.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen als rechtliche Orientierung im Rahmen der Erstberatung weitergeholfen.
Bitte beachten Sie, dass meine Ausführungen nur eine erste rechtliche Einschätzung auf der Grundlage Ihrer Angaben darstellen können. Der Umfang meiner Beratung ist dabei durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 4 RVG
begrenzt. Die Beantwortung Ihrer Frage erfolgt ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung. Die Antwort dient lediglich einer ersten überschlägigen rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Natürlich können Sie mich in dieser weitergehenden Angelegenheit auch beauftragen. Ich bin gerne bereit, Ihre Interessen im Rahmen eines ordentlichen Mandatsverhältnisses zu vertreten, wobei die hier gezahlte Gebühr angerechnet werden würde. Dank Email, Fax und Telefon stellt auch die Vertretung über größere Entfernung kein Problem dar. Bitte kontaktieren Sie mich dazu über die unten genannte Rufnummer bzw. E-Mail-Adresse.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Doreen Prochnow
(Rechtsanwältin)
Antwort
vonRechtsanwältin Doreen Prochnow
Tessiner Str. 63
18055 Rostock
Tel: 0162-1353761
Tel: 0381-2024687
Web: https://doreen-prochnow.de
E-Mail:
Rechtsanwältin Doreen Prochnow