Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung gern nachfolgend beantworte.
„1) Ich zahle zehn Prozent meiner Wohnraummiete unter Vorbehalt. Kann ich selbst jederzeit eine Aufrechnung des aufgelaufenen Betrages mit der künftigen Monatsmiete erklären, oder bedarf es dazu eines Gerichtsurteils?"
Sie können die Aufrechnung mit fälligen, gegen Sie gerichteten Mietzinsansprüchen nach allgemeinen Grundsätzen erklären, wenn vertraglich nicht ein Aufrechnungsverbot wirksam vereinbart wurde. Im Fall der wirksamen Vereinbarung eines Aufrechnungsverbots müssten Sie § 556b II 1 BGB
beachten. Danach müssten Sie Ihre Absicht aufzurechnen dem Vermieter mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete in Textform anzeigen.
Allerdings besteht im Fall der Aufrechnung stets die Gefahr, dass Sie mit der Zahlung der Miete in Verzug kommen. Dies wäre der Fall, wenn der Gegner den Eintritt der Mietminderung bestreiten sollte und es Ihnen nicht gelingt, das Vorliegen der Voraussetzungen einer Mietminderung in der von Ihnen geltend gemachten Höhe nachzuweisen.
„2) Der Vermieter kündigt einen Mietvertrag nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB
(Zahlungsverzug Miete), der Mieter zahlt daraufhin den offenen Betrag gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB
binnen zwei Monaten nach. Ist damit nur die außerordentliche (fristlose) Kündigung vom Tisch oder kann der Vermieter wegen des Zahlungsverzugs dennoch ordentlich (mit Frist) kündigen?"
Wenn der Vermieter wirksam nach § 543 II 1 Nr. 3 BGB
kündigte, so wird die Kündigung bei vollständiger Begleichung der fälligen Miete spätestens bis zum Ablauf von 2 Monaten nach Klageerhebung auf Räumung im Fall der Wohnraummiete unwirksam gem. § 569 III Nr. 2 BGB
, wenn nicht ein solcher Fall in den vorangegangenen 2 Jahren schon einmal eintrat.
Auch eine ordentliche Kündigung gem. § 573 II Nr. 1 BGB
wird regelmäßig als gerechtfertigt angesehen, soweit der Kündigungsgrund des § 543 II 1 Nr. 3 BGB
erfüllt ist, vgl. BGH NJW 2008, 509.
Ein nachträglicher Ausgleich ist nicht entsprechend § 543 II 2 BGB
oder § 569 III Nr. 2 BGB
zu berücksichtigen, sondern bei der Prüfung der schuldhaften Pflichtverletzung im Rahmen des § 573 BGB
. Die ordentliche Kündigung ist deshalb nach Zahlung der Rückstände nicht mit Sicherheit unwirksam, sondern kann trotzdem wirksam sein.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Bitte beachten Sie, dass meine Antwort nur eine erste Einschätzung darstellt. Dies kann eine persönliche Beratung regelmäßig nicht ersetzen.
Mit freundlichen Grüßen
- Ivo Glemser -
Rechtsanwalt
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