Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die eine wichtige und heikle Frage im Spannungsfeld von ordnungsgemäßer Verwaltung, Versicherungsrecht und möglichem Betrugsverdacht betrifft.
1. Zur rechtlichen Einordnung der Schadensmeldungen
Grundsätzlich sind Wasserschäden im Sondereigentum vom jeweiligen Eigentümer zu beheben, soweit keine Mitverursachung durch das Gemeinschaftseigentum vorliegt. Wenn aber die Schäden auf Leitungen, Rohre, Abdichtungen oder andere Teile des Gemeinschaftseigentums zurückgehen, trifft die Verantwortung die Gemeinschaft und damit mittelbar die Verwaltung.
Die Hausverwaltung ist als Vertretungsorgan der WEG verpflichtet, Schäden korrekt und vollständig anzuzeigen und deren Ursachen zu ermitteln. Im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 27 WEG) darf sie insbesondere gegenüber Dritten – wie z. B. der Versicherung – keine falschen oder manipulierten Angaben machen. Eine falsche Datierung von Schadensereignissen kann den Tatbestand des Versicherungsbetrugs (§ 263 StGB i.V.m. § 265 StGB) erfüllen – unabhängig davon, ob sie aus eigenem Antrieb oder auf Veranlassung eines Eigentümers geschieht. Sofern die Verwaltung mit ihrer Aussage meint, dass sie nicht ermitteln muss, sondern sich auf die Aussagen der Eigentümerin berufen kann, ist dies nachvollziehbar und im Grunde richtig. Anders ist es aber, wenn die Ungereimtheiten, wie im geschilderten Fall, offensichtlich sind.
2. Falschangaben gegenüber der Versicherung – rechtliche Bewertung
Wenn eine Hausverwaltung bewusst oder fahrlässig ein anderes als das tatsächliche Schadensdatum angibt – etwa um die Chance auf Kostenübernahme durch die Wohngebäudeversicherung zu erhöhen – liegt objektiv eine Täuschungshandlung gegenüber dem Versicherer vor. Selbst wenn die Absicht nicht strafrechtlich eindeutig nachweisbar ist, kann dies zivilrechtlich schwerwiegende Folgen haben:
- Verlust des Versicherungsschutzes gemäß § 28 Abs. 2 VVG (Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Obliegenheiten),
- Schadensersatzpflicht der WEG-Verwaltung gegenüber der Gemeinschaft bei nachteiligen Folgen,
- Außerordentliche Kündigung durch den Versicherer wegen arglistiger Täuschung,
- Strafrechtliche Konsequenzen gegen natürliche Personen, wenn ein Vorsatz nachweisbar ist (§ 263 StGB).
Es ist unzutreffend, wenn die neue Verwaltung behauptet, das „richtige Schadensdatum" sei „unerheblich". Im Gegenteil: Bei einem Versicherungswechsel besteht Offenbarungspflicht hinsichtlich vorbestehender Schäden, um eine sachgerechte Risikobewertung und Prämienkalkulation zu ermöglichen.
3. Verantwortlichkeit der Hausverwaltung
Die Hausverwaltung ist verpflichtet, bei einem Versicherungswechsel vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen – insbesondere dann, wenn ihr alte Gutachten oder Leckageprotokolle vorliegen. Eine pauschale Abrede wie „wir sind keine Detektive" entbindet sie nicht von dieser Pflicht.
Ein bewusstes Abweichen von dokumentierten Gutachten oder Berichten – insbesondere bei der Angabe des Schadenszeitpunkts – wäre pflichtwidrig und könnte eine Haftung gemäß § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung) sowie eine mögliche Abberufung (§ 26 WEG) begründen.
Fazit
Nein, die Hausverwaltung darf das Schadensdatum nicht eigenmächtig verändern, wenn frühere Unterlagen ein abweichendes Datum belegen. Solches Verhalten könnte nicht nur als pflichtwidrig, sondern unter Umständen als strafbar bewertet werden. Eine neue Wohngebäudeversicherung muss über Alt- oder Vorschäden korrekt informiert werden – andernfalls drohen rechtliche und finanzielle Konsequenzen für die gesamte WEG.
Ich hoffe diese Informationen helfen Ihnen weiter und stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Hussein Madani
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Sehr geehrter Herr Madani,
vielen Dank für diese ausführliche Antwort. Damit wurde uns schon sehr weiter geholfen. Wir haben zwischenzeitlich von der Versicherung eine Aufstellung erhalten welche Schäden gemeldet wurden. Es ist augenblicklich tatsächlich so, dass die gemeldeten Schadensdaten nicht stimmen. Wir haben bereits mehrmals die Hausverwaltung um Einsichtnahme in die Schadensakte gebeten. Leider ohne jeglichen Erfolg. Wir würden in Betracht ziehen eine Anzeige wegen versuchtem Versicherungsbetrugs zu machen. Bislang konnten wir nur Erfahren, dass die Eigentümerin der betreffenden Wohnung die Schäden selbst bei der Versicherung angegeben hat und die neue Hausverwaltung diese nicht reklamiert hat. Sondern bestätigt. Und dies obwohl sie dem Beirat schriftlich versichert hat, die Ungereimtheiten der Versicherung zu melden.
Gegen wenn müsste die Anzeige gerichtet werden? Der Vertrag läuft auf die WEG, Falschangaben hat die Eigentümerin selbst gemacht und bestätigt die Verwaltung. Ich nehme an in erster Linie gegen die WEG vertreten durch die Hausverwaltung. Ist dies korrekt?
Vielen Dank schon im voraus.
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine Strafanzeige wegen versuchten Versicherungsbetrugs sollte nicht gegen die WEG, sondern gegen die handelnden natürlichen Personen gerichtet werden.
In Ihrem Fall kommt in erster Linie die betroffene Eigentümerin in Betracht, da sie selbst die Schäden mit falschem Datum bei der Versicherung gemeldet hat. Die Anzeige sollte sich also direkt gegen sie persönlich richten.
Sollte die Hausverwaltung trotz Kenntnis falscher Angaben diese bestätigt oder weitergeleitet haben, kann auch eine Anzeige gegen die zuständigen Personen in der Verwaltung erfolgen – z. B. wegen Beihilfe (§ 27 StGB).
Die WEG als solche ist nicht strafrechtsfähig.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt