Sehr geehrter Ratsuchender,
zu ihren Anfragen kann ich Ihnen folgendes mitteilen.
Die herrschende Meinung in der Rechtsprechung geht davon aus, dass die Mehrwertsteuer, wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt, in dem angebotenen Preis enthalten ist.
Dies gilt nach herrschender Meinung grundsätzlich auch bei Angeboten an einen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer. Zumindest für den Verkauf von Waren wird nicht davon ausgegangen dass ein Handelsbrauch existiert, dass Preisangebote und Vereinbarungen zwischen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern in Zweifel „netto“ zu verstehen sind.
Bei Architekten ist jedoch ähnlich wie bei Steuerberatern und Rechtsanwälten gesetzlich geregelt, dass neben dem Honorar Mehrwertsteuer berechnet werden darf. Da Sie hier mit einer statischen Berechnung beauftragt waren, gehe ich davon aus dass sie Architekt sind und sie die Mehrwertsteuer gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 HOAI
verlangen können.
Im Streitfall müssen Sie in der Lage sein, die Höhe ihres Vergütungsanspruches zu beweisen. Lässt sich die Gegenseite darauf ein, nur vereinbart zu haben, es sollten 600 € gezahlt werden zu darf aus oben erläuterten Gründen die Mehrwertsteuer hinzugesetzt werden.
Bleibt ein Dissens hinsichtlich der vereinbarten Vergütung (netto oder brutto), so wird man die übliche Vergütung zuzüglich Mehrwertsteuer anzusetzen haben.
Im Streitfall wird zu ihren Gunsten wirken, dass der Gegner die bisherige Rechnung unter Einbeziehung der Mehrwertsteuer akzeptiert hat. Er setzt sich dann zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch. Wenngleich damit noch kein Beweis über die ursprüngliche Vergütungsvereinbarung vorliegt, provoziert dies zumindest Nachfragen des Gerichtes.
Ich rate Ihnen zunächst an, sofern die HOAI für sie anwendbar ist, den Gegner unter Verweis auf die genannten Vergütungsvorschrift zur Zahlung des Restbetrages aufzufordern.
Sofern der vereinbarte Betrag von 600 € zzgl. MWSt. nicht über dem üblichen bzw. taxmäßigen Betrag für die von Ihnen geleistete Arbeit liegt, sollten Sie den Gegner darauf hinweisen das § 612 Abs. 2 BGB
bestimmt, dass im Falle einer fehlenden übereinstimmenden Vereinbarung über die Vergütungshöhe die Taxe bzw. die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist (in dieser ist für Architekten die Mehrwertsteuer, wie erörtert, enthalten).
Ich hoffe Ihnen behilflich gewesen zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
Falk Brorsen
Rechtsanwalt
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