Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst ist festzuhalten, dass bei einem Aussiedlerhof sowohl die Wohngebäude als auch die mitvermieteten Teile wie Zufahrtswege, Scheunen und sonstige Einrichtungen als Teil der Mietsache zu betrachten sind, sofern diese mitvermietet wurden oder als notwendiger Zugang zur Nutzung des Grundstücks dienen. Die Zufahrtswege stellen dabei eine wesentliche Nutzungsvoraussetzung dar.
Die Zufahrt zu Ihrem Grundstück wird offenbar nicht mehr von der öffentlichen Abfallentsorgung genutzt, da der Zustand der Zuwegung nicht den Anforderungen entspricht. Dies stellt einen erheblichen Mangel dar, da Ihnen dadurch wesentliche Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks beeinträchtigt werden. Darüber hinaus kann dies sicherheitsrelevante Folgen haben, insbesondere im Fall eines Brandes oder medizinischen Notfalls, wenn Einsatzfahrzeuge das Grundstück nicht erreichen können. Dies würde die Tauglichkeit der Mietsache erheblich einschränken und die Minderung der Gebrauchstauglichkeit rechtfertigen.
Der Umstand, dass laut der Bürgermeisterin eine rechtlich bindende Verpflichtung des Eigentümers zur Instandhaltung des Weges besteht, spricht zusätzlich dafür, dass der Vermieter diesen Mangel zu vertreten hat. Das Nichterscheinen des Vermieters zur Versammlung und seine fortgesetzte Weigerung, auf Mängelmeldungen zu reagieren, ist ebenfalls als vertragswidriges Verhalten zu werten.
Die von Ihnen genannten weiteren Mängel – marodes, löchriges Dach, undichte Fenster, undichte Kanalanlage und defekte Scheune – sind ebenfalls Mängel, die die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch mindern. Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem gebrauchsfähigen und sicheren Zustand zu halten. Er kommt dieser Pflicht nicht nach, wenn er auf wiederholte Hinweise auf Mängel keine Abhilfe schafft.
Gemäß § 536 BGB mindert sich die Miete kraft Gesetzes automatisch in dem Umfang, in dem die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt ist. Die Höhe der Minderung hängt vom Ausmaß der Beeinträchtigung ab. Dabei gibt es keine festen Prozentsätze, sondern es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an.
Unbenutzbare Zufahrt: Mietminderungen von 10 % bis 20 % wurden in Fällen einer fehlenden oder stark beeinträchtigten Zufahrt zugesprochen.
Löcher im Dach: Bei einer Undichtigkeit des Daches, die zu Feuchtigkeitsschäden führt, wurden Minderungen zwischen 20 % und 30 % als angemessen erachtet.
Undichte Fenster: Mietminderungen zwischen 10 % und 25 % wurden in Fällen zugesprochen, in denen undichte Fenster Zugluft und Kälte verursachen.
Kanaldefekte: Ein defektes Kanalsystem, das zu Geruchsbelästigungen oder einer Gesundheitsgefährdung führt, kann eine Minderung von bis zu 50 % rechtfertigen.
Die Gesamtminderung darf jedoch nicht dazu führen, dass die Miete auf null reduziert wird, es sei denn, die Mietsache ist vollkommen unbrauchbar.
Sie sollten dem Vermieter die Mängel schriftlich anzeigen und ihm eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen (§ 536c BGB). In diesem Schreiben sollten Sie die Mängel detailliert beschreiben und darauf hinweisen, dass Sie bei Nichtbeseitigung eine Mietminderung vornehmen werden. Es empfiehlt sich, die Mängel und die Auswirkungen auf die Nutzungsmöglichkeiten genau zu dokumentieren (Fotos, Zeugenaussagen etc.).
Falls der Vermieter nicht reagiert, können Sie die Miete mindern. Es ist ratsam, die einbehaltenen Beträge auf ein separates Konto zu überweisen, um im Fall eines Rechtsstreits die Nachzahlung leisten zu können, falls ein Gericht die Minderungsquote anders beurteilt.
Die von Ihnen angedeuteten weiteren Vorfälle, nämlich sexuelle Belästigung und Hausfriedensbruch, sind strafrechtlich relevante Tatbestände. Sollten Sie Beweise oder Zeugen für diese Vorfälle haben, wäre eine Strafanzeige grundsätzlich möglich. Angesichts Ihrer aktuellen Abhängigkeit von dem Mietverhältnis sollten Sie jedoch abwägen, ob und wann Sie diesen Schritt gehen möchten. Eine juristische Beratung in diesem Punkt wäre zu empfehlen, um die beste Vorgehensweise zu ermitteln.
Angesichts der erheblichen Mängel, insbesondere der unbenutzbaren Zufahrt, ist eine Mietminderung gemäß § 536 BGB gerechtfertigt. Eine Minderungsquote von 20 % bis 30 % erscheint unter Berücksichtigung der Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten realistisch. Bei kumulativen Mängeln (Zufahrt, marodes Dach, undichte Fenster etc.) kann die Minderung höher ausfallen, jedoch sollte die Gesamthöhe sorgfältig geprüft werden, um eine übermäßige Reduzierung zu vermeiden.
Ich empfehle Ihnen, die Mängel schriftlich anzuzeigen und eine Frist zur Beseitigung zu setzen. Falls keine Reaktion erfolgt, können Sie die Minderung vornehmen und den einbehaltenen Betrag auf einem separaten Konto hinterlegen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Steffan Schwerin
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