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Mängel nach Hauskauf - Handelt es sich hier um verdeckte Mängel?

| 5. Juli 2011 00:12 |
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Kaufrecht


Beantwortet von


01:01

Hallo,

wir haben im Dezember 2010 über eine Maklerin ein 30 Jahre altes "Architektenhaus" gekauft, welches uns am 1.5.2011 übergeben wurde.

Wir haben uns auf eine umfangreichere Innenmodernisierung eingestellt (neue Heizungsanlage, neues Bad, Bodenbeläge etc.) und mit den Arbeiten begonnen. Bei der Entfernung der Holzvertäfelungen haben wir bereits mangelhafte bzw. fehlende Isolierungen in den Zwischendecken festgestellt, die wir fachgerecht erneuert haben.
Viel schlimmer allerdings sind die vorgefundenen Elektroleitungen unter den Vertäfelungen, die zu einem großen Teil durch die Stahlträger verlegt sind, teilweise sogar mit offenen Lüsterklemmen und nicht isolierten offenen Kabeln, auf denen in manchen Fällen sogar Strom fließt.
Ein Nachbar hat uns dazu erzählt, dass der Vorbesitzer sich selbst als großen Elektriker bezeichnet hat. Uns stehen nur die Haare zu Berge und es ist ein Wunder, dass in den 30 Jahren das Haus nicht abgebrannt ist. Ein zu Rate gezogener echter Elektrikermeister war angesichts der beindicken Kabelstränge schockiert - ein Rückbau ist dringend erforderlich, bevor die Wände komplett geschlossen werden. Die Verlegung sei nicht nur nicht fachgerecht sondern laienhaft ausgeführt worden und dürfte so gar nicht abgenommen werden.

Der zweite Schock kam mit dem starken Regen am vergangenen Wochenende. Das Haus verfügt über einen 6 Meter langen und 12 Meter hohen Schornstein mit Innen- und Außenkamin, der in allen Stockwerken begehbar ist. Als der Regen kam stellten wir fest, dass sich im Erdgeschoss im Wohnbereich an zwei Stellen große Wasserflecken bildeten. Als wir an diesen Stellen vor einem Monat die Tapeten entfernt hatten, hatten wir schon gesehen, dass es dort zu Wasserschäden gekommen sein musste, da alte Schimmelflecken und ausgestaubter Putz zu sehen war. Als wir die Ursache für den Wasserschaden suchten, fanden wir im Kriechboden unter der Unterspannbahn am Dach Laufspuren des Wassers. Offenbar ist die Unterspannbahn nicht vorschriftsmäßig in die Regenrinne verlegt worden, da sonst das Wasser nicht an der Innenseite der Hauswand ablaufen könnte. Wir vermuteten, dass das Wasser an der Bleiummantelung des Schornsteins ins Haus eintritt und auf die Unterspannbahn läuft, da diese Ummantelung bei der dann angestellten Dachbegehung alt und brüchig aussah (bereits mehrfach provisorisch mit Dichtmassen behandelt). Ein Blick in den begehbaren Kamin im Obergeschoss zeigte uns dann allerdings, dass dort das Wasser wie in einer Tropfsteinhöhle direkt durch die Schornsteinabdeckung (und nicht durch die Bleiummantelung) tropfte - und das in großen Mengen. Wir haben mehrere Eimer zum Auffangen des Tropfwassers aufstellen müssen. Dieser Schaden ist definitiv älteren Datums, da der Beton der Schornsteinabdeckung von unten schwarz und das innenliegende Holz aufgequollen und beschädigt ist.
Nach Aussagen des Klempnermeisters kostet eine Sanierung des Daches bei fachgerechter Ausführung einige Tausend Euro - Geld, das unser Budget dank der vielen ungeplanten Maßnahmen nicht mehr hergibt, was aber dringend gemacht werden muss, um weitere Schäden abwenden zu können.

Der Kaufvertrag schließt wie üblich Ansprüche auf Schadensersatz aus, es sei denn, dass der Vorbesitzer vorsätzlich handelt. Der Verkäufer versichert weiterhin, dass von verdeckten Mängeln nichts bekannt sei. Explizit steht im Kaufvertrag noch:
"Den Erwerbern ist bekannt, dass das Dach im Obergeschoss eine kleine Leckage hat, vermutlich durch eine defekte Dachpfanne verursacht. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass alle bekannten Mängel auf Kosten der Erwerber beseitigt werden und der Kaufgegenstand im gegenwärtigen zum Teil renovierungsbedürftigen Zustand erworben wird. Dieser Umstand ist bei der Kaufpreisbemessung berücksichtigt worden."

Wir sprechen hier allerdings nicht mehr über eine kleine Leckage - und der Schaden muss auch vorher schon vorhanden gewesen sein und kann nicht unbemerkt geblieben sein.

Im Februar 2011 schrieb uns der Vorbesitzer in einer Mail:
"der Dachdecker hat heute das "Leck", gelegentliche Tropfen in meine Schreibtisch-Tasse, wenn die Windrichtung ungünstig war,
an der Blei-Schornstein/Dachabdichtung repariert. Wie er sagte ist keine Dachpfanne zerbrochen gewesen, sondern an einer Stelle in
der Bleiabdichtung zum Schornstein war ein winziger Riss, den er mit Bleifolie unterfüttert hat. Gleichzeitig hat er die Tropfstelle am
Dachrand vor der Haustüre abgedichtet. Mit "Suchen" und "Reparieren" hat alles nur knapp 1 Std. gedauert."
Beim Streichen der Decke über seinem Schreibtisch hatten wir jedoch flächendeckende, massive Laufspuren gefunden, die sich durch den Neuanstrich (weiße Farbe) fraßen und auf dem Holz zuvor so gar nicht sichtbar waren.
Auf Nachfrage (vor Unterschrift des Kaufvertrags) ob abgesehen von der kleinen Leckage mit dem Dach sonst alles in Ordnung sei, wurde uns vom Vorbesitzer bestätigt, dass ansonsten alles ok ist. Überhaupt wurde uns gegenüber immer nur von kleineren Reparaturarbeiten gesprochen, wobei wir aber im Verlauf der letzten zwei Monate feststellen mussten, dass ein großer Teil der Gewerke nicht fachgerecht ausgeführt wurde, was die Vermutung nahe legt, dass in der Bauphase auch Arbeit von unqualifizierten Kräften durchgeführt wurde. Belege aus der Bauphase hat uns der Vorbesitzer bis heute nicht zur Verfügung gestellt.

Eine gütliche Einigung mit dem Vorbesitzer halten wir für unwahrscheinlich. Dieser machte uns eine Woche vor Übergabe des Hauses auf eine durchfeuchtete Kasematte im Kellerbereich aufmerksam. Grund sei die Regendrainage, die (unsachgemäß) große Mengen an Regenwasser schon direkt vor der Hauswand im Boden versickern lässt. Bei der Übergabe stellten wir die Frage danach, wer die Kosten für die sachgemäße Sanierung tragen solle. Der Vorbesitzer fing sofort an zu toben und war zu keinerlei Gespräch gewillt. Leider hatte er zu dem Zeitpunkt bereits den Kaufpreis auf seinem Konto, so dass wir bei der Übergabe lediglich die Zählerstände im Protokoll notierten, jedoch keine „vertragsgemäße Übergabe".

Wir wissen nun nicht, wie wir am besten weiter vorgehen sollen. Soll ein Sachverständiger ein Gutachten erstellen, um die Schäden zu bewerten und zu dokumentieren? Handelt es sich hier um verdeckte Mängel? Haben wir Aussichten, die Kosten, die uns entstehen, vom Verkäufer erstattet zu bekommen oder eine Kaufpreisminderung zu erreichen? Sollen wir uns gleich an einen Anwalt wenden (welcher Fachbereich?) und uns über diesen an den Vorbesitzer wenden?

Derzeit sind alle Schäden/Mängel sichtbar, wir müssen jedoch dringend und schnellstens mit den Arbeiten vorankommen, da wir Ende August in das Haus einziehen müssen, d.h. die Elektrik muss bereinigt, die Wände geschlossen und vor allem das Dach repariert/saniert werden.

Für eine schnelle und kompetente Antwort wären wir mehr als dankbar.

5. Juli 2011 | 00:28

Antwort

von


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Sehr geehrte Ratsuchende,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich basierend auf Ihren Angaben und unter Beachtung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten möchte:

Ich rate Ihnen dringend, ein sogenanntes "selbständiges Beweisverfahren" durchzuführen. Dadurch wird von dem Gericht der derzeitige Zustand des Hauses gutachterlich festgestellt. Das Ergebnis kann in einem späteren Verfahren problemlos und mit hohem Beweiswert verwendet werden. Zugleich können Sie aber auch direkt danach mit der Sanierung des Hauses beginnen, müssen also nicht auf einen Prozessbeginn warten.

Gegenüber einem normalen Sachverständigen hat das selbständige Beweisverfahren den Vorteil, dass es gerichtlich angeordnet wird und dementsprechend einen höheren Beweiswert hat als ein von einer Partei beauftragter Sachverständiger. Im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens werden die Schäden auch bewertet und dokumentiert.

Auch sollten Sie sich umgehend an einen Anwalt wenden, am besten an einen Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, dieser ist mit dem selbständigen Beweisverfahren auch vertraut. Möglichst an einen aus der Region, damit er sich das Haus selbst ansehen kann.

Ihrer Beschreibung nach handelt es sich um verdeckte Mängel, angesichts der beschriebenen Verhaltensweisen des Verkäufers wußte der auch davon. Daher haben Sie (soweit es aus der Distanz erkennbar ist) auch gute Aussichten, eine Kaufpreisminderung zu erreichen. Eine Erstattung der Sanierungskosten ist jedoch so nicht möglich, allenfalls eine Kaufpreisminderung oder eine Sanierung durch den Verkäufer oder eine Rückabwicklung des Kaufvertrages kommt in Frage.

Ich hoffe, Ihre Frage damit beantwortet zu haben. Bitte benutzen Sie bei Bedarf die kostenlose Nachfragefunktion.

Ansonsten verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen,

Robert Weber
Rechtsanwalt

Das Zurückhalten relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung radikal verändern. Diese Beurteilung ist lediglich eine erste rechtliche Orientierung.


Rückfrage vom Fragesteller 5. Juli 2011 | 00:47

Hallo Herr Weber,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort, die uns endlich wieder Mut macht.

Was genau bedeutet "selbständiges Beweisverfahren"? Können wir dies selbst in Gang setzen? Wie lange dauert so ein Vorgang und mit welchen Kosten müssen wir rechnen?

Nochmals herzlichen Dank.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. Juli 2011 | 01:01

Sehr geehrte Ratsuchende,

selbständiges Beweisverfahren bedeutet, dass das Gericht die Beweise in einem eigenständigen Verfahren, also unabhängig von einer Klage, feststellt und überprüft.

Ich rate dringend, dies nur mit anwaltlicher Hilfe durchzuführen. Wenn Sie es auf eigene Faust durchführen, riskieren Sie, wertvolle Beweise zu übersehen bzw. nicht festgestellt zu bekommen.

Die Dauer des Vorganges und die Kosten hängen direkt von der Größe des zu begutachtenden Mangels ab. Daher kann ich aus der Entfernung leider keine seriöse Schätzung abgeben.

Mit freundlichen Grüßen,

Robert Weber
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 5. Juli 2011 | 01:10

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