Gerne zu Ihrem Fall:
Die entscheidende steuerliche Frage lautet:
Wird der Aufwand (120.000 €) dem Jahr der Leistungserbringung oder dem Jahr der Rechnungstellung zugeordnet?
1. Zufluss-/Abflussprinzip (§ 11 EStG) gilt bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)
Zitat:§ 11 EStG
(1) 1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. 2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. 3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. 4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2. 5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.
(2) 1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. 2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend. 3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist. 5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt. 6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.
Dieses Prinzip betrifft Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach der sogenannten EÜR ermitteln.
Da Sie als Generalunternehmer im Handwerk tätig sind, ist sehr wahrscheinlich, dass Sie bilanziell erfassen (also eine Gewinnermittlung durch Bilanzierung gemäß § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG vornehmen).
Zitat:§ 4 EStG Gewinnbegriff im Allgemeinen
(1) 1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen...(gekürzt)
2. Bei Bilanzierung gilt das sogenannte wirtschaftliche Zurechnungsprinzip
Bei Bilanzierung kommt es auf die wirtschaftliche Verursachung der Aufwendungen an. Maßgeblich ist nicht das Rechnungsdatum, sondern:
- das Leistungsdatum
- der wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendung mit dem entsprechenden Geschäftsjahr
Nach § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB (i. V. m. § 5 EStG) gilt das Abgrenzungsprinzip: Aufwendungen und Erträge sind dem Geschäftsjahr zuzuordnen, dem sie wirtschaftlich zugehören – unabhängig davon, wann die Rechnung gestellt wird.
Zitat:Absatz(2) Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann. 2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.
Sie können also im Rahmen der Bilanzberichtigung die 120.000 € auch jetzt noch dem Vorjahr zurechnen lassen, wenn die Bilanz noch nicht beim Finanzamt eingereicht wurde bzw. wenn eine Berichtigung möglich ist.
Fazit:
Prüfen Sie mit Ihrem Steuerberater, ob Ihre Bilanz für das Vorjahr noch offen oder änderbar ist. Falls Sie die Bilanz bzw. Steuererklärung noch nicht abgegeben haben, muss die Verbindlichkeit rückwirkend eingebucht werden – dies reduziert den Gewinn des Vorjahres um die 120.000 €.
Nachträgliche Bilanzberichtigung (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG), s.o.
Falls bereits eingereicht, kann ggf. eine Bilanzberichtigung vorgenommen werden, sofern es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handelt, d.h. die verspätete Rechnungsstellung stellt keinen Hindernisgrund für die Abgrenzung dar, wenn die Leistung erkennbar war.
Zukünftig: Aufwandsrückstellungen oder Verbindlichkeitsbuchungen am Jahresende Erarbeiten Sie ggf. mit dem Steuerberater ein System, um zum Jahresabschluss bekannte, aber noch nicht abgerechnete Leistungen Ihrer Nachunternehmer als „sonstige Verbindlichkeit" zu erfassen. Dadurch vermeiden Sie Gewinnverzerrungen.
Wie Sie vorliegend überhaupt Ihren Steuerberater hinzuziehen sollten. Denn eine individuelle Beratung kann eine Ferndiagnose ohne Kts. aller relevanten Rechnungen und Vertragsbeziehungen nicht ersetzen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen