Sehr geehrter Fragesteller,
Sie wurden bereits von verschiedenen Kollegen darauf hingewiesen, dass Ihr Einsatz im Hinblick auf die Komplexität der Fragen zu gering ist. Da Ihnen aber offenbar nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen, werde ich Ihnen unter Berücksichtigung des ausgelobten Einsatzes meine grobe Einschätzung mitteilen:
Die Geltung deutschen Arbeitsrechts kann unproblematisch im Rahmen der Rechtswahl vereinbart werden. Die Beziehung zu Ihrem deutschen Arbeitgeber kann also deutschem Arbeitsrecht z.B. im Hinblick auf den Kündigungsschutz, Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall unterstellt werden, auch wenn Sie von Großbritannien aus arbeiten.
Bei dem Sozialversicherungsrecht wird es allerdings schon problematisch. Gemäß Art. 12 der EG-Verordnung 883/08 kann ein entsandter Arbeitnehmer der Sozialversicherung seines Heimatstaates weiterhin angehören, wenn er von seinem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird und seine voraussichtliche Tätigkeit dort 24 Monate nicht überschreitet. Das haben Sie wohl so im Internet gefunden. Bei Ihnen ist es aber so, dass Sie anscheinend nicht entsendet werden, sondern es Ihrem Arbeitgeber schlicht egal ist, wo Sie arbeiten, weil Sie dies von zuhause aus erledigen können, und sie aus privaten Gründen nach Großbritanninien ziehen wollen. Dies soll zudem nicht für eine begrenzte Zeit geschehen, sondern dauerhaft. Nach meiner vorläufigen Einschätzung unterfallen Sie daher gemäß Art 11 Abs. 3 a) VO 883/04 dem Sozialversicherungsrecht Ihres Tätigkeitsstaates, also britischem Sozialversicherungsrechts. Sie können natürlich versuchen, von Ihrer deutschen Krankenversicherung eine sog. A1-Bescheinigung zu bekommen, die ihre weitere Zugehörigkeit zur deutschen Sozialversicherung bescheinigt. Ich glaube allerdings nicht, dass Sie diese erhalten werden.
Auch beim Steuerrecht wird es problematisch. Gemäß Art. 14 Abs. 2 des neuen Doppelbesteuerungsabkommen mit Großbritannien gilt nämlich die 183-Tage-Regel, wenn Sie in Deutschland ansässig sind, weniger als 183 Tage innerhalb eines Steuerjahres in Großbritannien tätig sind und Ihr Gehalt von dem deutschen Arbeitgeber gezahlt wird, der auch keine Betriebsstätte in Großbritannien hat. Bei Ihrer Ansässigkeit kommt es nicht auf den gemeldeten Erst- oder Zweitwohnsitz an, sondern darauf, wo Ihr Lebensmittelpunkt liegt, insbesondere auch Ihre Familie wohnt. Ist dies in Großbritannien, scheidet die 183-Tage-Regel aus, und Sie hätten von Beginn an in Großbritannien Steuern abzuführen. Wenn Ihr Lebensmittelpunkt in Deutschland liegt, würde Großbritannien gleichwohl das Steuerrecht erhalten, wenn Sie mehr als 183 Tage im Steuerjahr dort sind.
Nach meiner vorläufigen Einschätzung wäre daher auf die von Ihnen geplante Konstellation britisches Steuer- und Sozialversicherungsrecht anwendbar.
Antwort
vonRechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
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