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Kundenauftrag für Photovoltaikanlage stornieren bzw. kündigen.

26. September 2025 10:16 |
Preis: 55,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von


14:29

Der Vertreter eines Solaranlagenlieferanten Herr H. war bei mir zu Hause, um mich über deren Solaranlagen zu informieren. Zum Abschluss der Besprechung hat mir Herr H. einen vor Ort handschriftlich ausgefüllten Kundenauftrag und eine Vollmacht zur Netzprüfung zur Unterschrift vorgelegt, die ich (dummerweise) beide unterschrieben habe.
Danach stellte ich jedoch fest, dass mich in dem Formular folgender Text stutzig machte: "Vertragsgegenstand:
Der Kunde bestellt eine Solaranlage lt. Lieferumfang bestehend aus:
Lieferumfang der Photovoltaikanlage inkl. Montage:
Der Kunde bestellt eine Solar-Anlage lt. Lieferumfang bestehend aus:".
Es folgt eine ungenaue Auflistung der Komponenten.
Von Herrn H. wurde mir darauf hin mündlich bestätigt, dass nach der Netzprüfung von mir über die Wirksamkeit und Umsetzung dieses Vertrages entschieden werden kann.
Im Kundenauftrag hat er in einem Feld für Bemerkungen/Leistungen den Text „Entscheidung nach Netzprüfung" eingefügt.
Der Leistungsumfang wurde in diesem Gespräch noch nicht vollständig geklärt.
Eine Widerrufsbelehrung fand nicht statt.
Außerdem musste ich im Nachhinenein feststellen, dass in dem mir ausgehändigten Formular ein Punkt mit folgendem Text angekreuzt ist :
"Es gelten die umseitig abgedruckten Allgemeinen Geschäftsverbindungen der ..Firma.. , mit denen sich der Kunde einverstanden erklärt.".
Es sind auf der Rückseite keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgedruckt.

Ich würde den Vertrag gerne stornieren.
Welche Maßnahmen würden sie mir empfehlen?

Mit freundlichen Grüßen
Johannes Feller

26. September 2025 | 10:44

Antwort

von


(2320)
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

auf Basis Ihrer Schilderung empfehle ich Ihnen folgende rechtliche Schritte, um den Vertrag zu stornieren bzw. sich von den eingegangenen Verpflichtungen zu lösen:


1.

Widerrufsrecht wegen Haustürgeschäft (§§ 312, 355 BGB):

Da der Vertragsschluss bei Ihnen zu Hause stattfand und Sie offenbar von Herrn H. überrumpelt wurden, handelt es sich rechtlich um ein sogenanntes Haustürgeschäft im Sinne des § 312 Abs. 1 BGB.

In solchen Fällen steht Ihnen grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu.

Entscheidend ist, dass Sie über Ihr Widerrufsrecht nicht belehrt wurden. Damit läuft in diesem Fall keine Widerrufsfrist, sondern Sie können den Vertrag noch widerrufen, solange nicht sechs Monate seit Vertragsschluss vergangen sind. In anderen Fällen kann die Frist sogar ein Jahr betragen, wenn keine Belehrung erfolgte.

Empfehlung:

Widerrufen Sie den Vertrag schriftlich (am besten per Einwurfeinschreiben), und berufen Sie sich darauf, dass Sie nicht über Ihr Widerrufsrecht belehrt wurden. Formulieren Sie klar, dass Sie den Vertrag widerrufen und keine Leistungen wünschen.


2.

Unklare Vertragsbedingungen und fehlende AGB:

Sie berichten, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf der Rückseite des Formulars abgedruckt sein sollten, tatsächlich aber nicht vorhanden sind.

Nach deutschem Recht müssen AGB dem Vertragspartner bei Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden. Sind sie nicht einsehbar, werden sie nicht Vertragsbestandteil (§ 305 Abs. 2 BGB).

Das Fehlen der AGB kann ein weiteres Argument sein, den Vertrag als nicht wirksam zustande gekommen zu betrachten.

Empfehlung:

Weisen Sie in Ihrem Widerrufsschreiben ausdrücklich darauf hin, dass die AGB nicht vorlagen und daher nicht Vertragsbestandteil geworden sind.


3.

Unklarer Vertragsinhalt und aufschiebende Bedingung:

Der von Herrn H. eingefügte Vermerk „Entscheidung nach Netzprüfung" sowie die ungenaue Auflistung der Komponenten und der noch nicht vollständig geklärte Leistungsumfang sprechen dafür, dass der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung steht.

Danach ist ein Vertrag, der unter einer Bedingung steht, erst wirksam, wenn die Bedingung eintritt. Solange die Netzprüfung nicht erfolgt und Sie keine endgültige Entscheidung getroffen haben, ist der Vertrag nicht bindend.

Empfehlung:

Teilen Sie dem Anbieter schriftlich mit, dass Sie keine Entscheidung nach der Netzprüfung treffen werden und daher kein Vertrag zustande kommt.


4.

Anfechtung wegen Irrtums oder Täuschung (§§ 119, 123 BGB):

Sollten Sie sich durch die mündlichen Aussagen von Herrn H. oder durch die Gestaltung des Formulars getäuscht oder überrumpelt fühlen, können Sie den Vertrag auch wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung anfechten.

Die Anfechtung muss ebenfalls schriftlich erfolgen und sollte klar begründet werden.

Empfehlung:

Erklären Sie vorsorglich die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtum und/oder Täuschung, falls Sie sich durch die Umstände des Vertragsschlusses getäuscht fühlen.


5.

Zusammenfassend empfehle ich Ihnen, folgende Maßnahmen zu ergreifen:

Widerrufen Sie den Vertrag schriftlich und berufen Sie sich auf das fehlende Widerrufsrecht und die fehlende Belehrung.

Weisen Sie auf die fehlenden AGB hin.

Teilen Sie mit, dass Sie keine Entscheidung nach Netzprüfung treffen und daher kein Vertrag zustande kommt.

Erklären Sie vorsorglich die Anfechtung wegen Irrtum und/oder Täuschung.

Senden Sie Ihr Schreiben per Einwurfeinschreiben, um einen Nachweis über den Zugang zu haben.


6.

Mit diesen Maßnahmen sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite und können sich wirksam von dem Vertrag lösen.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 26. September 2025 | 12:55

Sehr geehrter Herr Raab,
ich hab inzwischen ein Angebot und die AGB erhalten.
Im folgenden die relevanten Textstellen:
-------------------------------------
Auszüge aus dem Angebot:
--------------------------------------
Sehr geehrter Herr F.,
vielen Dank für Ihr Interesse an unseren Leistungen.
Anbei erhalten Sie Ihr Angebot, über eine 5,28 kWp große Photovoltaikanlage, welches für Sie persönlich erstellt wurde. Wir gewähren eine sorgfältige Planung und Montage Ihrer Photovoltaikanlage mit unseren leistungsstarken und qualitativ hochwertigen Komponenten.
Aufgrund der hohen Nachfrage und Verfügbarkeit, ist dieses Angebot ab Erstelldatum 14 Tage gültig.

-Hier folgen die Positionen der angebotenen Komponenten mit Beschreibung-
....
Die Lieferung erfolgt frei Haus.
Zahlungsbedingungen für PV-Anlage: 30% nach Lieferung der Module / 45% nach abgeschlossener Dachmontage / 25% nach Lieferung der AC Ware/Speicher
Wir freuen uns, wenn Ihnen unser Angebot zusagt und verbleiben
mit freundlichen Grüßen
Bearbeiter

-------------------------------------
Hier Auszüge aus den AGB:
--------------------------------------
§ 2 Angebot und Vertragsabschluss
Die Bestellung des Kunden stellt ein bindendes Angebot dar. Der Auftrag kommt erst dann zustande, wenn die Energiezentrum Deutschland GmbH das Angebot
durch Zusendung oder Übergabe einer Auftragsbestätigung angenommen hat. Vorher abgegebene Angebote der Energiezentrum Deutschland GmbH sind freibleibend.

§ 5 Kündigung und Rücktritt
(1) Sofern der Kunde vor Beendigung des Auftrags den Vertrag kündigt oder den Rücktritt vom Vertrag erklärt, so kann die Energiezentrum Deutschland GmbH zur
pauschalen Abgeltung der bis zur Vertragsbeendigung erbrachten Leistungen und Aufwendungen 15% der vereinbarten Vergütung verlangen. Der Gegenbeweis tatsächlich geringerer Leistungen und Aufwendungen durch den Kunden ist möglich.
(2) Abs. 1 gilt nicht, soweit der Kunde ein gesetzliches Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht ausüben kann.

Soll ich trotzdem noch widerrufen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 26. September 2025 | 14:29

Sehr geehrter Fragesteller,

nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt empfehle ich Ihnen, weiterhin den Widerruf zu erklären, sofern Sie den Vertrag nicht abschließen möchten.

Begründung:


1.

Haustürgeschäft und Widerrufsrecht

Es handelt sich bei einem Vertrag, der bei Ihnen zu Hause im Rahmen eines Vertreterbesuchs abgeschlossen wurde, um ein sogenanntes Haustürgeschäft im Sinne von § 312 Abs. 1 BGB. In solchen Fällen steht Ihnen grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu.

Entscheidend ist, dass Sie nicht über Ihr Widerrufsrecht belehrt wurden. In diesem Fall beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, sodass Sie auch jetzt noch widerrufen können, solange nicht sechs Monate seit Vertragsschluss vergangen sind.



2.

Zugang von Angebot und AGB

Sie haben nun ein Angebot und die AGB erhalten. Nach § 2 der AGB kommt der Vertrag erst mit der Annahme durch die Firma (z.B. durch eine Auftragsbestätigung) zustande.

Wenn Sie bisher nur das Angebot erhalten haben und noch keine Annahme oder Auftragsbestätigung erfolgt ist, ist noch kein Vertrag zustande gekommen. In diesem Fall reicht es, das Angebot nicht anzunehmen oder ausdrücklich abzulehnen.

Sollten Sie bereits eine verbindliche Bestellung abgegeben haben und die Firma hat diese angenommen (z.B. durch eine Auftragsbestätigung), ist der Vertrag zustande gekommen. Dann bleibt Ihnen das Widerrufsrecht, sofern Sie nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurden.


3.

Rücktritt und Kündigung nach AGB

Die AGB sehen eine pauschale Vergütung von 15% bei Rücktritt oder Kündigung vor, es sei denn, Sie üben ein gesetzliches Widerrufsrecht aus (§ 5 Abs. 2 der AGB). Das bedeutet: Wenn Sie widerrufen, kann die Firma keine 15% Pauschale verlangen.

Also:

Sie sollten den angeblich geschlossenen Vertrag widerrufen und parallel wegen arglistiger Täuschung anfechten. Es ist ratsam, den Widerruf und die Anfechtung zunächst per E-Mail und in der Folge per Einschreiben mit Rückschein an den Gegner zu senden. Meines Erachtens besteht Ihr Widerrufsrecht nach wie vor.


4.

Empfehlung

- Wenn Sie den Vertrag nicht wollen, widerrufen Sie diesen schriftlich (am besten per Einschreiben mit Rückschein).

- Berufen Sie sich darauf, dass Sie nicht über Ihr Widerrufsrecht belehrt wurden.

- Weisen Sie darauf hin, dass Sie den Vertrag widerrufen und keine Leistungen wünschen.

- Zahlen Sie keine 15% Pauschale, da diese bei Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts nicht anfällt.

Fazit: Sie sollten weiterhin widerrufen, sofern Sie den Vertrag nicht möchten. Die nachträgliche Übersendung des Angebots und der AGB ändert daran nichts, solange Sie nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurden und der Vertrag im Rahmen eines Haustürgeschäfts zustande kam.



Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt

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RECHTSGEBIETE
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