Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Es ist zunächst fraglich, ob die 12-Monatsfrist überhaupt für eine Kündigung des Mieters gilt. Die maßgebliche gesetzliche Regelung findet sich in § 573c BGB
(neue Fassung) in Verbindung mit Art. 229
§3 Abs. 10 EGBGB. Danach gilt auch für Altverträge eine dreimonatige Kündigungsfrist für Mieter, wenn im alten Mietvertrag die verlängerten Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 Satz 1
und 2 BGB (in der alten Fassung) durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart wurden. Dies wäre der Fall, wenn wie üblich ein vorformulierter Mietvertrag verwendet wurde.
Nur wenn die verlängerten Kündigungsfristen durch eine individuelle Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter vereinbart wurden, sind diese auch heute noch gültig. Dann könnte in Ihren Fall aber Ihrer Mieterin gemäß § 543 BGB
ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietvertrages aus wichtigem Grund zustehen. Hierfür bedarf es insbesondere der Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung nach umfassender Interessenabwägung. Die Kündigungsgründe müssen aus dem Einflussbereich des Kündigungsgegners kommen und ihm zurechenbar sein. Der Vermieter kann nicht mit Risiken belastet werden, die der Sphäre des Mieters und dessen Lebensumständen zuzurechnen sind. Ein Kündigungsrecht wegen besonderer Umstände, die in der Person des Mieters liegen, wird daher grundsätzlich nicht anerkannt. So wurde eine schwere Erkrankung des Mieters z.B. an Krebs oder Alzheimer (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.07.2008, Az. I-24 W 53/08
, LG Hildesheim ZMR 2000, 679
), nicht als ausreichend anerkannt, um eine außerordentliche Kündigung des Mieters zu bejahen.
Der Vermieter darf sich aber auch nicht treuwidrig oder rücksichtslos verhalten. Die Rechtsprechung ist daher der Ansicht, dass Senioren bei Umzug in ein Altenpflegeheim oder Seniorenheim einen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis haben können, vgl. AG Münster, Urteil vom 16. März 2000, Az: 54 C 6052/99
; AG Altötting, Urteil vom 14. Februar 1997, Az: 2 C 3625/96
. Dies wird in erster Linie damit begründet, dass in den Betreuungsfällen die jeweiligen Mieter die gleichzeitige Zahlung des bisherigen Mietzinses der nicht mehr benutzten Wohnung und der meist sehr hohen Kosten des Pflegeheimes kaum aufzubringen vermögen. Die Kündigungsfrist kann jedoch nur angemessen verkürzt werden, wobei die jeweilige Situation auf dem Wohnungsmarkt zu berücksichtigen ist. Eine sehr leichte Möglichkeit einer Neuvermietung kann eine entsprechend kurze Kündigungsfrist rechtfertigen. Ebenfalls kann durch Stellung eines Nachmieters (der aufgrund des vorliegenden Härtefalls vom Vermieter nur unter besonderen Umständen abgelehnt werden dürfte) eine vorzeitige Beendigung erreicht werden.
Ich gehe in Ihrem Fall davon aus, dass mangels individueller Vereinbarung nur die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist von 3 Monaten für die Mieterin gilt. Zumindest aber wird die Mieterin einen Anspruch auf vorzeitige Auflösung des Mietvertrages haben, so dass sie eine 12-monatige Kündigungsfrist nicht einzuhalten braucht.
Auch bezüglich der Renovierungspflicht stellt sich das Problem, dass es sich um einen sehr alten Mietvertrag handelt. Die Pflicht zur Renovierung kann zwar grundsätzlich in dem Mietvertrag dem Mieter aufgebürdet werden. Aufgrund des Alters des Mietvertrages und der vielfältigen mieterfreundlichen Rechtsprechung ist allerdings davon auszugehen, dass eine solche Regelung unwirksam ist. So hat der Bundesgerichtshof (BGH, VIII ZR 316/06
) entschieden, dass folgende vorformulierte Klausel in einem Mietvertrag „Die Wohnung wird in einem einwandfrei renovierten Zustand übergeben. Bei Auszug ist die Wohnung fachgerecht renoviert zurückzugeben" den Mieter unangemessen benachteiligt und damit unwirksam ist. Dies hat zur Folge, dass die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen bei dem Vermieter bleibt. Auch hier ist aber eine abweichende Beurteilung möglich, insbesondere dann, wenn es sich um eine Individualvereinbarung handeln würde. Ohne Kenntnis des gesamten Mietvertrages lässt sich dies aber nicht abschließend beurteilen.
Die Kosten für die Miete und die Renovierung (soweit geschuldet) muss grundsätzlich derjenige tragen, der als Mieter im Mietvertrag eingetragen ist, in Ihrem Fall also die Mieterin. Das Sozialamt muss diese Kosten nur tragen, wenn es hierzu gegenüber der Mieterin verpflichtet ist, was ohne Kenntnis weiterer Details nicht beurteilt werden kann. Einen direkten Anspruch gegen das Sozialamt hätten Sie als Vermieter nur, wenn eine entsprechende Vereinbarung mit dem Sozialamt getroffen wurde.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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