Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre ausführliche Schilderung der Probleme mit Ihrem Bauvorhaben. Ich kann Ihren Ärger und Ihre Sorgen sehr gut nachvollziehen. Hier meine rechtliche Einschätzung zu Ihren Fragen:
1. Sonderleistungen und Fremdgeld: Grundsätzlich sind Abschlagszahlungen für Sonderleistungen nicht als zweckgebundenes Fremdgeld anzusehen. Der Bauunternehmer ist nicht verpflichtet, diese Gelder getrennt zu verwalten oder nur für die konkreten Sonderleistungen zu verwenden. Daher liegt hier auch keine strafbare Unterschlagung oder Veruntreuung vor. Eine Strafanzeige dürfte daher wenig erfolgversprechend sein. Im Insolvenzverfahren werden diese Vorauszahlungen als normale Forderungen behandelt, die zur Insolvenzmasse gehören. Ein Aussonderungsrecht besteht nicht. Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, die Sonderzahlungen bevorzugt auszuzahlen.
2. Schadensersatz und Haftungsbegrenzung: Grundsätzlich haftet der Bauunternehmer für Verzugsschäden wie entgangene Miete oder Mehrkosten. Vertragliche Haftungsbegrenzungen auf 5% sind in AGB zulässig, es sei denn es liegt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vor. Ob hier grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, hängt vom Einzelfall ab. Die bloße Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins reicht dafür nicht aus. Durch die Insolvenz entfällt die Haftungsbegrenzung nicht automatisch. Ihre Schadensersatzansprüche müssten Sie zur Insolvenztabelle anmelden.
3. Kündigung und Fertigstellung: Die Dauer des Insolvenzverfahrens lässt sich schwer abschätzen, meist dauert es mehrere Monate. Sie können den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnt oder sich nicht äußert. Durch die Kündigung erlöschen Ihre Ansprüche nicht. Die Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften können Sie nach der Kündigung in Anspruch nehmen, um die Fertigstellung selbst zu organisieren. Die Versicherung müsste auszahlen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Dafür müssen Sie die offenen Mängel und Restleistungen genau aufführen und beziffern.
Mein Rat wäre, zeitnah das Gespräch mit dem Insolvenzverwalter zu suchen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Bestehen Sie auf Ihr Kündigungsrecht und bereiten Sie eine detaillierte Aufstellung der Bürgschaftsansprüche vor.
Wir können Sie gerne anwaltlich unterstützen, da wir bundesweit tätig sind.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Schilling, Dipl.-Jur.
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Rechtsanwalt Christian Schilling, Dipl.-Jur.
Ich bedanke mich für Ihre ausführliche Antwort.
Eine letzte Verständnisfrage hätte ich noch.
Die Kündigung aus wichtigem Grund liegt mit dem bisherigen Zeitverzug noch nicht vor, sondern erst wenn der Insolvenzverwalter ablehnt oder sich nicht äußert?
Im Ergebnis werden die Sonderleistungen und der Schadenersatz über 5% in die Tabelle angemeldet und wir versuchen beide Bürgschaften geltend zu machen, damit der Bau organisiert werden kann.
Die Kündigung aus wichtigem Grund ist grundsätzlich auch schon vor der Insolvenz möglich, wenn der Bauunternehmer seine vertraglichen Pflichten in erheblichem Maße verletzt hat. Der bisherige Zeitverzug dürfte dafür ausreichen, insbesondere wenn der Unternehmer trotz Mahnungen untätig geblieben ist. Allerdings haben Sie selbst gesagt, dass das meiste mündlich gelaufen ist. Sie müssten ja die jeweiligen Fristsetzungen zur Nacherfüllung und Erfüllung etc. auch beweisen können.
Durch die Insolvenz kommt als zusätzlicher wichtiger Kündigungsgrund hinzu, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags ablehnt oder sich in angemessener Frist nicht dazu erklärt (§ 103 Abs. 2 Satz 2 InsO). Sie sollten den Verwalter daher mit Fristsetzung zur Erklärung auffordern, ob er den Vertrag erfüllen will.