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Kündigung vom Bauvertrag und die Behandlung Sonderleistung

14. Mai 2024 10:12 |
Preis: 75,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben im November 2021 einen Bauvertrag mit einem Generalbau Unternehmen abgeschlossen.

Beginn der Bauzeit ist mit Beginn der Bodenplatte gewesen. Das war am 13.05.2022 der Fall. Gemäß Vertrag wurde eine Bauzeit von 15 Monaten vereinbart. Somit müsste der Bau bis 12.08.2023 fertiggestellt werden.

Kurze Zusammenfassung der Bauphase:

Die Bodenplatte wurde mit falschen Maßen gegossen, daher müsste Sie nochmal abgerissen werden und erneut gebaut werden. (Zeitverlust 4 Wochen)

September 2022 wurde der Rohbau fertiggestellt. Leider wurden die Fenster mit Ende November zu spät gestellt. Das die Elektoarbeiten Ende Januar aufgenommen worden sind.

Ab diesem Zeitpunkt hat jede Arbeit sehr lange gedauert. Die Estricharbeiten wurden Ende Juli fertigestellt. (nach 5 Monaten Baustillstand)

Danach wurde zugesichert (alles nur mündlich), dass sofort mit der Außenfassade begonnen wird. Diese Arbeit hat bis heute nicht begonnen. Zudem waren die Erker nicht gut abgedichtet, dass es im Winter das Wohnzimmer, Kinderzimmer und die Küche Nass geworden ist. Diese hat der Bauunternehmer versucht zu trockenen.

Zudem hat der Bauunternehmer den Antrag auf Hausanschlüsse nicht gestellt, hat uns aber mitgeteilt, dass die Anschlüsse gestellt sind und wir nicht oft nachfragen sollen, da Sie sonst verärgert sind. Sie rufen immer in Abständen an. Irgendwann haben wir angerufen und erfahren, dass der Antrag nicht gestellt ist und sich bisher niemand gemeldet hat.

September 2023 wurden die Trockenbauarbeiten abgeschlossen. Danach war bis 19.02.2024 wieder Baustillstand. Am 20.02.2024 haben die Fließenarbeiten begonnen. Diese Arbeit hat 10 Wochen gedauert und wurde mehrmals abgebrochen, da der Subunternehmer nicht bezahlt wurde.

Der Bauunternehmer war immer sehr schwer zu erreichen und hat auch Fragen mehrere Monate nicht beantwortet.

Gestern hat der Bauunternehmer angekündigt, dass Sie Insolvenz anmelden müssen.

Neben den Hauptleistungen gab es auch Sonderleistungen. Beispiel im Kaufvertrag waren Fliesen/Parkett mit 50 € pro m² beinhaltet. Wir haben Fließen mit 85 € genommen, so dass wir zusätzlich eine Abschlagssonderzahlung von 21.000 € vorgenommen haben. Gleiches System gilt für die Türen, Rollläden und Fensterbänke. Insgesamt haben wir aufgrund der Sonderleistungen 30.000 € vorgeleistet.

Die erste wichtige Frage ist:

Handelt es sich bei Sonderleistungen nicht um zweckgebundenes Geld? Also aus Sicht der Bauunternehmers Fremdgeld., sodass er das Geld für die bestimmten Sonderleistungen nutzen muss?

Das hat das Bauunternehmen nicht gemacht es liegt weder das Geld nicht die Ware vor. Liegt hier eine Unterschlagung / Veruntreuung vor? Hilft hier eine Strafanzeige?
Muss Fremdgeld auch in die Masse angemeldet werden? Oder ist der Insolvenzverwalter erst verpflichtet die Sonderzahlungen vollständig auszuzahlen?

Der Schadenersatz wegen entgangener Miete und erhöhter Zinsszahlung liegt bei 35.000 €.
Im Vertrag ist der Schaden auf 5% begrenzt, dass wären 21.805 €. Hier hatte ich recherchiert, dass bei grober Fahrlässigkeit und arglistiger Täuschung keine Begrenzung vorliegen kann. Das pünktliche bauen gehört zu den Zentralpflichten, daher liegt hier immer eine grobe Fahrlässigkeit vor.

Ich denke, dass mit der Insolvenz auch hinfällig ist.

Gemäß Vertrag müsste der Bauunternehmer einen Bauzeitenplan vorlegen. Leider haben wir auch mit mehreren Aufforderungen diesen Bauzeitenplan nicht erhalten. So hat er die Subunternehmer oragnisieren können wir es denen gepasst hat.

Die zweite Frage lautet: Wie lange dauert unter Umständen das Insolvenzverfahren, dass bedeutet für uns wieder mehrere Monate Baustopp. Können wir den Bauvertrag aus wichtigem Grund kündigen und selbst weiterbauen? Auch mit der Kündigung sollte der Schadenersatzanspruch weiterhin bestehen. (nicht das die Bürgschaft erlischt)

Wir hatten zwei Sicherheitseinbehalte von insgesamt 10% also ca. 46.000 €. Hier haben wir zwei Bürgschaften erhalten und das Geld ausbezahlt.

1. Bürgschaft: Sicherungszweck: Für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel. Die Herstellung tritt mit Abnahme ein.
2. Bürgschaft: Vertragserfüllungssicherheit, Erstellung eines Reihenhauses.

Wir würden gerne die Bürgschaften einlösen, den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen und den Bau selbst fortsetzen. Ist das möglich? Würde die Versicherung die Beträge auszahlen? Das Werk kann nicht mehr rechtzeitig erfüllt werden bzw. gar nicht erfüllt werden.

Aktuell rechnen wir noch mit Kosten von 90.000 € - 100.000 €. Wegen noch nicht erbrachten Leistungen haben wir 57.000 € nocht nicht ausgezahlt. Mit dem Geld der Bürgschaft würden für den Bau 1:1 fertigbekommen.

FÜr andere Vorschläge sind wir ebenfalls offen.

Mit freundlichen Grüßen

Kadir Colak


14. Mai 2024 | 13:10

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre ausführliche Schilderung der Probleme mit Ihrem Bauvorhaben. Ich kann Ihren Ärger und Ihre Sorgen sehr gut nachvollziehen. Hier meine rechtliche Einschätzung zu Ihren Fragen:

1. Sonderleistungen und Fremdgeld: Grundsätzlich sind Abschlagszahlungen für Sonderleistungen nicht als zweckgebundenes Fremdgeld anzusehen. Der Bauunternehmer ist nicht verpflichtet, diese Gelder getrennt zu verwalten oder nur für die konkreten Sonderleistungen zu verwenden. Daher liegt hier auch keine strafbare Unterschlagung oder Veruntreuung vor. Eine Strafanzeige dürfte daher wenig erfolgversprechend sein. Im Insolvenzverfahren werden diese Vorauszahlungen als normale Forderungen behandelt, die zur Insolvenzmasse gehören. Ein Aussonderungsrecht besteht nicht. Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, die Sonderzahlungen bevorzugt auszuzahlen.

2. Schadensersatz und Haftungsbegrenzung: Grundsätzlich haftet der Bauunternehmer für Verzugsschäden wie entgangene Miete oder Mehrkosten. Vertragliche Haftungsbegrenzungen auf 5% sind in AGB zulässig, es sei denn es liegt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vor. Ob hier grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, hängt vom Einzelfall ab. Die bloße Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins reicht dafür nicht aus. Durch die Insolvenz entfällt die Haftungsbegrenzung nicht automatisch. Ihre Schadensersatzansprüche müssten Sie zur Insolvenztabelle anmelden.

3. Kündigung und Fertigstellung: Die Dauer des Insolvenzverfahrens lässt sich schwer abschätzen, meist dauert es mehrere Monate. Sie können den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnt oder sich nicht äußert. Durch die Kündigung erlöschen Ihre Ansprüche nicht. Die Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften können Sie nach der Kündigung in Anspruch nehmen, um die Fertigstellung selbst zu organisieren. Die Versicherung müsste auszahlen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Dafür müssen Sie die offenen Mängel und Restleistungen genau aufführen und beziffern.

Mein Rat wäre, zeitnah das Gespräch mit dem Insolvenzverwalter zu suchen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Bestehen Sie auf Ihr Kündigungsrecht und bereiten Sie eine detaillierte Aufstellung der Bürgschaftsansprüche vor.

Wir können Sie gerne anwaltlich unterstützen, da wir bundesweit tätig sind.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Christian Schilling, Dipl.-Jur.

Rückfrage vom Fragesteller 14. Mai 2024 | 13:49

Ich bedanke mich für Ihre ausführliche Antwort.

Eine letzte Verständnisfrage hätte ich noch.

Die Kündigung aus wichtigem Grund liegt mit dem bisherigen Zeitverzug noch nicht vor, sondern erst wenn der Insolvenzverwalter ablehnt oder sich nicht äußert?

Im Ergebnis werden die Sonderleistungen und der Schadenersatz über 5% in die Tabelle angemeldet und wir versuchen beide Bürgschaften geltend zu machen, damit der Bau organisiert werden kann.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 14. Mai 2024 | 13:54

Die Kündigung aus wichtigem Grund ist grundsätzlich auch schon vor der Insolvenz möglich, wenn der Bauunternehmer seine vertraglichen Pflichten in erheblichem Maße verletzt hat. Der bisherige Zeitverzug dürfte dafür ausreichen, insbesondere wenn der Unternehmer trotz Mahnungen untätig geblieben ist. Allerdings haben Sie selbst gesagt, dass das meiste mündlich gelaufen ist. Sie müssten ja die jeweiligen Fristsetzungen zur Nacherfüllung und Erfüllung etc. auch beweisen können.

Durch die Insolvenz kommt als zusätzlicher wichtiger Kündigungsgrund hinzu, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags ablehnt oder sich in angemessener Frist nicht dazu erklärt (§ 103 Abs. 2 Satz 2 InsO). Sie sollten den Verwalter daher mit Fristsetzung zur Erklärung auffordern, ob er den Vertrag erfüllen will.

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