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Kündigung eines Honorar-Rahmenvertrages - parteipolitische Betätigung untersagt

10. Januar 2025 17:20 |
Preis: 60,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

ich bin Lehrkraft für Deutsch als Zweitsprache und möchte nach Möglichkeit ab sofort von einem Honorar-Rahmenvertrag zurücktreten.
Es wären dreißig Unterrichtseinheiten zu absolvieren.

Ich bin mit einer dort aufgeführten Verpflichtung im Nachhinein nicht einverstanden. Die Formulierung lautet, der Auftragnehmer dürfe sich "während der Lehrtätigkeit nicht parteipolitisch oder weltanschaulich betätigen".
Selbst wenn ich mich während des Unterrichts gegenüber den Kursteilnehmern für gewöhnlich nicht politisch äußere (was jedoch situationsbedingt auftreten kann, auch wenn es sich um reinen Sprachunterricht handelt) und mich derzeit auch nicht im Rahmen einer Parteimitgliedschaft politisch betätige, fühle ich mich von vornherein in meinem Recht der freien Meinungsäußerung beschnitten.
Wäre ich eine verbeamtete Lehrkraft müsste ich diese Verpflichtung meines Wissens nach selbstverständlich beachten.
Zudem sollten nebenvertraglich sehr viele Weisungen administrativer Art unterschrieben werden trotz mehrfacher Hinweise im Vertrag, der Auftragnehmer sei nicht weisungsgebunden.

In § 3 des Vertrages werden Kündigungsfristen aufgeführt:
1. … „Eine Kündigung dieses Rahmenvertrages ist jederzeit mit einer beiderseitigen Kündigungsfrist von 4 Wochen zum Monatsende möglich". 3. „Das Recht zur außerordentlichen Kündigung, insbesondere bei Verstoß gegen die in diesem Vertrag vereinbarten Bedingungen, bleibt davon unberührt".

Recht herzlichen Dank für Ihre Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

10. Januar 2025 | 19:42

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragestellerin,
sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage und die Schilderung Ihres Anliegens, das darin besteht, nach Möglichkeit ab sofort von einem Honorar-Rahmenvertrag zurückzutreten. Hierzu auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhalts das Folgende:

1. Zulässigkeit der "Neutralitätsklausel"

Ihre Bedenken hinsichtlich der Vertragsbestimmung, wonach sic der Auftragnehmer "während der Lehrtätigkeit nicht parteipolitisch oder weltanschaulich betätigen darf", kann ich nachvollziehen. Das Grundrechts auf Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) bindet unmittelbar zwar nur den Staat, es kann im Einzelfall mittelbar aber auch gegenüber einem privaten Arbeitgeber geltend gemacht werden. Eine solche "Neutralitätsklausel" ist aber im Ausgangspunkt nach § 241 Abs. 2 BGB zulässig. Nach dieser Bestimmung kann das Schuldverhältnis (hier der Lehrauftrag) nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Vor diesem Hintergrund sind im Bildungsbereich vertragliche Regelungen zur parteipolitischen und weltanschaulichen Betätigung nicht unüblich, insbesondere wenn der Unterricht im öffentlichen Auftrag erfolgt.

Solche Vertragsklauseln müssen allerdings klar und verhältnismäßig sein. In Ihrem Fall könnten hinsichtlich der Bestimmtheit (Klarheit) der Regelung Bedenken bestehen. Es ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, welche Äußerungen eines Dozenten als "parteipolitisch" oder "weltanschaulich" anzusehen sind. Zudem kann der Klausel nicht entnommen werden, was das Ziel der Einschränkung ist (vermutlich: Objektivität der Lehre), was eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit erschwert oder gar unmöglich macht.

2. Weisungen administrativer Art

Ohne genaue Kenntnis des Honorar-Rahmenvertrags kann nicht beurteilt werden, ob sich die Ihre vertragliche Weisungsungebundenheit lediglich auf die Lehrveranstaltung, insbesondere in didaktischer und pädagogischer Hinsicht, bezieht. Sollte das der Fall sein, wäre diese Weisungsfreiheit durch administrative Weisungen im Grundsatz nicht berührt.

Nebenvertragliche Abreden, die den Vertrag im Nachhinein abändern, müssen Sie nicht unterschreiben, sofern vertraglich nichts Gegenteiliges vereinbart ist. Es verbleibt dann bei der vertraglichen Regelung.

3. Fristlose Kündigung nach § 627 BGB

Bei einem Dienstverhältnis, das - wie hier - kein Arbeitsverhältnis im Sinn des § 622 BGB ist, ist eine fristlose Kündigung auch ohne die Voraussetzungen des § 626 BGB zulässig. Voraussetzung dafür ist, dass der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.

Hier fehlt es jedoch an der Voraussetzung des "besonderen Vertrauens". Das besondere Vertrauensverhältnis im Sinne des § 627 Abs. 1 BGB ist als persönliches Vertrauen zu verstehen, das sich nicht lediglich auf die Sachkompetenz, sondern auch auf die Person des Vertragspartners selbst erstreckt (vgl. BGH Urteil v. 13.11.2014 - III ZR 101/14 - NJW-RR 2015, 686). An diesem besonderen persönlichen Vertrauen dürfte es hier fehlen.

4. Fristlose Kündigung nach § 626 BGB

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Der danach zunächst vorausgesetzte "wichtige Grund" ist hier nach meiner vorläufigen Einschätzung leider nicht in den von Ihnen beanstandeten Regelungen zu sehen. Was die Neutralitätsklausel anbelangt, könnte hier als milderes Mittel zu fristlosen Kündigung eine Klarheit schaffende ergänzende Vertragsbestimmung anzusehen sein.

Nach allem empfehle ich Ihnen die Möglichkeit der Kündigung unter Berücksichtigung der vertraglichen Fristen zu prüfen und gleichzeitig das Gespräch mit dem Auftraggeber zu suchen, um eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Falls das Gespräch nicht zielführend ist, könnten Sie auch darüber nachdenken, sich gegen die von Ihnen beanstandete Klausel rechtlich zu wehren.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Einschätzung weitergeholfen zu haben. Sollten noch Unklarheiten bestehen, können Sie gerne von der (kostenfreien) Nachfragefunktion Gebrauch machen.

Mit freundlichen Grüßen

Wünschmann
(Rechtsanwalt)


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