Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage.Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Antwort nur eine erste Orientierung geben kann und nicht alle Eventualitäten abdeckt. Ohne Kenntnis der an Sie ergangenen Bescheide fällt es etwas schwer, eine rechtliche Einordnung vorzunehmen. Es ist mehr als ungewöhnlich dass die Krankenkasse ohne Beitragsbescheid Abbuchungen vornimmt, bitte haken Sie an dieser Stelle unbedingt noch einmal nach. Ihre Frage beantworte ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes wie folgt:
Für hauptberuflich selbstständig Tätige wird zunächst immer der Wert der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung als beitragspflichtige Einnahme angesetzt.
Die Beitragsbemessungsgrenze -BBG- beträgt in der Krankenversicherung:
2012: 3.825,00 Euro/Monat bzw. 45.900,- Euro/Jahr
Sind die Einnahmen geringer, so werden diese Einnahmen bei der Beitragsberechnung berücksichtigt, mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße – 1.968,75 Euro (Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, Wert 2012).
Die Einstufung noch unterhalb der eigentlichen Mindestbeitragsbemessungsgrundlage muss gesondert beantragt werden, wobei über niedrigere beitragspflichtige Einnahmen Nachweise zu erbringen sind. Dann kann eine Einstufung anhand der tatsächlichen Einnahmen, mindestens jedoch in Höhe des 60. Teils der monatlichen Bezugsgröße vorgenommen werden. Dies sind 1.312,50 Euro (Wert 2012).
Ich nehme an diesen Nachweis haben Sie mithilfe Ihrer Steuerberaterin erbracht und zahlten daher bisher den Mindestbeitrag.
Eine entsprechende Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage kommt allerdings nicht in Betracht, wenn Einkommen oder Vermögen in bestimmtem Umfang vorhanden ist. Hierbei wird nicht nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds betrachtet, sondern auch die von Personen, die mit dem Mitglied in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Hierzu gehört der Ehegatte, Lebenspartner oder Partner, der mit im gemeinsamen Haushalt lebt. Nicht dazu gehören Eltern oder Kinder.
Unter folgenden Voraussetzungen kann die Einstufung unterhalb von 1.968,75,- Euro vorgenommen werden:
1. Die Hälfte der beitragspflichtigen Einnahmen der Bedarfsgemeinschaft beträgt weniger als 1.968,75 Euro.
2. die Bedarfsgemeinschaft erzielt keine steuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen.
3. Die Bedarfsgemeinschaft erzielt keine positiven oder negativen Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung.
4. Das Vermögen des freiwilligen Mitglieds oder seines Partners übersteigt das Vierfache der monatlichen Bezugsgröße, 10.500 Euro (Wert 2012), nicht.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort geholfen und einen ersten Überblick verschafft zu haben. Sie sollten in jedem Fall einen Beitragsbescheid von der Krankenkasse verlangen um erst einmal eine Berechnung der Krankenkasse zu erhalten. Den Bescheid können Sie gern bei beauftrag-einen-anwalt.de oder per Direktanfrage zur Prüfung anmelden.
Bitte beachten Sie, dass sich die rechtliche Beurteilung oftmals bereits bei kleinen Sachverhaltsabweichungen ändern kann und die hier gewährte ERSTberatung daher nicht in jedem Fall die rechtliche Beratung "vor Ort" ersetzen kann.
Antwort
vonRechtsanwältin Friederike Ernst
Zum Jagenstein 1
14478 Potsdam
Tel: 0331/5824475
Web: https://www.rechtsanwaeltin-ernst.de
E-Mail:
Rechtsanwältin Friederike Ernst
Sehr geehrte Frau Ernst,
danke für Ihre ausfühliche Antwort!
Ist die Bedürftigkeit generell bei Zinseinnahmen ausgeschlossen (die KV druckste bei meiner Frage herum, als gäbe es einen Ermessensspielraum)
oder
kann ich unterhalb des Freibetrages von 801 € Zinsen einnehemn aber trotzdem durch insgesamt geringe Einkünfte (bei mir der Fall) als bedürftig gelten?
Mit freundlichen Grüßen
DE
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Nachfrage beantworte ich wie folgt:
Generell haben auch die Krankenkassen den Sparerfreibetrag zu berücksichtigen, da es sich ausweislich der obigen Auflistung Punkt 1. - 4. aus den "Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahlrer" um steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalerträgen handeln muss. Dies ist bei Einnahmen unterhalb des Freibetrages ja eben nicht der Fall. Demzufolge können Sie auch bei Einnahmen unterhalb des Freibetrages die Beitragsminderung geltend machen, sofern Sie insgesamt unter den Einkommensgrenzen bleiben.
Letztlich kommt es darauf an, ob Ihr Vermögen die Grenze von 10.500 EUR übersteigt. Diese Grenze ergibt sich ebenfalls aus den Beitragsverfahrensgrundsätzen für Selbstzahler, die der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen erarbeitet hat.
Vor dem Bundessozialgericht ist allerdings derzeit ein Verfahren zur Frage der Recht- und Verfassungsmäßigkeit der „Beitragsverfahrensgrundsätze für Selbstzahler" anhängig (Az. B 12 KR 20/11 R
). Verschiedene Vorinstanzen hatten dies abgelehnt oder zumindest erhebliche Zweifel daran. Weitere Sozialgerichte und Landessozialgerichte haben ebenso entschieden.
Es kann sich daher lohnen, den Bescheid überprüfen zu lassen bzw. ggf. fristwahrend Widerspruch einzulegen.