Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
I.
Nach Ihrer Schilderung ist Ihre neue Klage gegen die Anordnung der MPU und die Versagung der Fahrerlaubnis aus folgenden Gründen voraussichtlich unzulässig:
1.
Rechtskraft und Streitgegenstand (§ 121 VwGO):
Der Beklagte beruft sich zu Recht auf die Rechtskraft des ersten Urteils.
Nach § 121 VwGO entfaltet ein rechtskräftiges Urteil Bindungswirkung für die Beteiligten und das Verwaltungsgericht hinsichtlich desselben Streitgegenstandes.
Das bedeutet: Wurde bereits über die Rechtmäßigkeit der Versagung der Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage oder negativer MPU entschieden, kann über denselben Lebenssachverhalt nicht erneut entschieden werden, auch wenn Sie nun andere rechtliche Argumente (z.B. Verfassungswidrigkeit der MPU) vorbringen. Entscheidend ist, dass der Streitgegenstand – die Versagung der Fahrerlaubnis wegen MPU – identisch ist.
2.
Keine isolierte Anfechtbarkeit der MPU-Anordnung:
Die Anordnung der MPU ist kein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt.
Sie können also nicht isoliert gegen die MPU-Anordnung klagen, sondern nur gegen die Versagung der Fahrerlaubnis, wenn Sie das geforderte Gutachten nicht vorlegen.
3.
Nach Ablehnung Ihres ersten Antrags und Rechtskraft des Urteils müssen Sie grundsätzlich einen neuen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis stellen. Erst wenn dieser neue Antrag abgelehnt wird, weil Sie z.B. kein positives MPU-Gutachten vorlegen, können Sie gegen diese neue Ablehnung klagen.
4.
Keine Erfolgsaussicht für Klage gegen die MPU-Anordnung als solche:
Auch wenn Sie nun verfassungsrechtliche Argumente gegen die MPU vorbringen, ändert dies nichts an der Bindungswirkung des ersten Urteils, sofern der Lebenssachverhalt identisch ist.
Die Gerichte sind zudem an die geltende Rechtslage gebunden und die Anordnung der MPU ist nach der aktuellen Rechtsprechung und Gesetzeslage nicht zu beanstanden.
5.
Fazit:
Ihre Klage ist voraussichtlich unzulässig, wenn sie denselben Streitgegenstand wie das erste Verfahren betrifft.
Sie müssen einen neuen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis stellen. Erst nach einer erneuten Ablehnung dieses Antrags (z.B. wegen Nichtvorlage eines positiven MPU-Gutachtens) können Sie erneut den Rechtsweg beschreiten.
Die Erfolgsaussichten einer Klage gegen die MPU-Anordnung als solche sind nach aktueller Rechtslage und Rechtsprechung sehr gering.
Eine Ausnahme könnte nur dann bestehen, wenn sich der Sachverhalt wesentlich geändert hat oder neue, bislang nicht berücksichtigte Tatsachen vorliegen. Andernfalls greift die Rechtskraft des ersten Urteils.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Vielen Dank für ihre verständliche Antwort.
Wenn ich den Klagegrund 'Wiedererteilung der Fahrerlaubnis in 'Anfechtung der MPU Anordnung' ändere müsste sich das Gericht dann damit befassen ?
Immerhin finde ich den Wortlaut 'Eine MPU-Anordnung kann aus verschiedenen Gründen fehlerhaft und damit rechtswidrig sein' wenn auch nicht speziell zum Grund 'Verstoß gegen Grundgesetz'.
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Die Anordnung einer MPU (medizinisch-psychologischen Untersuchung) ist grundsätzlich kein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt.
Das bedeutet, Sie können nicht isoliert gegen die MPU-Anordnung klagen, sondern müssen die Entscheidung der Behörde abwarten, also in der Regel die Ablehnung Ihres Antrags auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage eines positiven MPU-Gutachtens. Erst gegen diese Ablehnung ist der Rechtsweg eröffnet.
2.
Der von Ihnen angesprochene Satz, dass "eine MPU-Anordnung aus verschiedenen Gründen fehlerhaft und damit rechtswidrig sein kann", bezieht sich auf die Möglichkeit, im Rahmen einer Klage gegen die Versagung der Fahrerlaubnis die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden MPU-Anordnung inzident (also im Rahmen dieser Klage) überprüfen zu lassen.
Das bedeutet: Sie können im Verfahren gegen die Versagung der Fahrerlaubnis vorbringen, dass die Anordnung der MPU rechtswidrig war, etwa weil sie gegen das Grundgesetz verstößt oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist. Das Gericht muss sich dann mit diesen Einwänden befassen.
3.
Ein Wechsel des Klagegrundes von "Wiedererteilung der Fahrerlaubnis" zu "Anfechtung der MPU-Anordnung" führt jedoch nicht dazu, dass das Gericht die MPU-Anordnung isoliert prüft.
Die isolierte Anfechtung der MPU-Anordnung ist nach der herrschenden Meinung und der aktuellen Rechtslage nicht zulässig. Das Gericht wird eine solche Klage als unzulässig abweisen.
4.
Zusammengefasst:
Auch wenn Sie den Klagegrund ändern und explizit die MPU-Anordnung angreifen, wird das Gericht sich damit nicht im Rahmen einer isolierten Anfechtungsklage befassen. Die Rechtmäßigkeit der MPU-Anordnung kann nur im Rahmen einer Klage gegen die Versagung der Fahrerlaubnis geprüft werden. Ihre Argumente, auch solche aus dem Grundgesetz, können und sollten Sie dann in diesem Verfahren vorbringen.
Sie müssen also weiterhin den Weg gehen, einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu stellen und – falls dieser wegen der MPU-Anordnung abgelehnt wird – gegen diese Ablehnung klagen. Im Rahmen dieser Klage wird das Gericht auch die Rechtmäßigkeit der MPU-Anordnung prüfen.
Dies entspricht der einhelligen Rechtsauffassung.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt