Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Grundsätzlich ist eine rückwirkende Geltendmachung von Kindesunterhalt nur in engen Grenzen möglich. Nach § 1613 BGB kann Unterhalt für die Vergangenheit nur dann verlangt werden, wenn
1. der Unterhaltsverpflichtete sich in Verzug befand (also nachweislich zur Zahlung aufgefordert wurde) oder
2. der Unterhaltsberechtigte (hier die Kinder, vertreten durch die Kindesmutter) aus rechtlichen Gründen an der Geltendmachung gehindert war.
Da Sie in der Vergangenheit keinen Kindesunterhalt von Ihrer Ex-Frau verlangt haben und offenbar keine schriftlichen Zahlungsaufforderungen oder Mahnungen erfolgten, besteht wenig Aussicht, rückwirkenden Unterhalt erfolgreich einzufordern. Ihre mündliche Einigung mit Ihrer Ex-Frau, dass sie aufgrund der (anfänglichen) Betreuung keinen Unterhalt leisten muss, wird als eine stillschweigende Vereinbarung gewertet, die einen späteren Anspruch erschwert.
Hinsichtlich einer möglichen Kürzung des aktuellen Unterhalts wären folgende Aspekte zu prüfen:
Berücksichtigung früherer Leistungen:
Sie haben in den vergangenen Jahren sämtliche Kosten für die Kinder getragen und das Kindergeld behalten. Es gibt in der Rechtsprechung Einzelfälle, in denen eine faktische Unterhaltsleistung des einen Elternteils (z. B. durch vollständige Kostenübernahme) zu einer Herabsetzung des später fälligen Unterhalts führen kann. Dies ist jedoch schwierig durchzusetzen, insbesondere wenn keine schriftlichen Vereinbarungen bestehen.
Wechselmodell und Unterhaltsberechnung:
Da Sie mit der jüngsten Tochter zuletzt das Wechselmodell praktiziert haben, könnte dies eine Reduzierung der Unterhaltspflicht rechtfertigen. Denn im echten Wechselmodell (nahezu gleichwertige Betreuung) haften beide Eltern anteilig nach Einkommen. Falls das Wechselmodell noch vor Kurzem bestanden hat, wäre es möglicherweise argumentierbar, dass eine abrupte volle Unterhaltspflicht nicht fair ist.
Einkommen der Mutter:
Der Unterhaltsbetrag ergibt sich aus der Düsseldorfer Tabelle. Dieser ist jedoch kein fixer Betrag, sondern hängt von den Einkommensverhältnissen beider Elternteile ab. Falls die Kindesmutter über ein erhebliches Einkommen verfügt, könnte es sein, dass Ihre Unterhaltspflicht geringer ausfällt. Lassen Sie das konkret berechnen.
Wohnvorteil durch das Haus:
Sie haben das Haus über Jahre finanziert und den Kindern Wohnraum zur Verfügung gestellt. Wenn noch ein Wohnvorteil aus der Immobilie besteht (z. B. wenn Sie mietfrei darin wohnen), könnte dies rechnerisch Auswirkungen auf die Unterhaltshöhe haben.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Steffan Schwerin
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Rechtsanwalt Steffan Schwerin
Vielen Dank für Ihre Antwort. Dachte mir schon, dass da nicht viel zu machen ist.
Nun noch eine Frage:
Ich habe ein Haus für das ich noch einen Kredit bezahle. Diesen nahm ich 2017 auf, um das gemeinsame Haus zu übernehmen und meine Exfrau auszubezahlen.
Da ich jetzt durch den Unterhalt finanziell evtl. in eine billigere Wohnung ziehe und das Haus vermiete, muss ich natürlich die Mieteinnahmen beim Unterhalt mitrechnen. Wie ist das mit den Kreditraten für das dann nicht mehr selbstbewohnte Haus?
Im Voraus besten Dank und gute Zeit
Wenn Sie das Haus vermieten, gelten die Mieteinnahmen grundsätzlich als Einkommen, das in die Berechnung Ihrer Unterhaltspflicht einfließt. Allerdings können Sie bestimmte Kosten von den Mieteinnahmen abziehen, bevor diese in die Unterhaltsberechnung eingehen. Dazu gehören insbesondere:
Kreditraten:
Zinsen aus dem Darlehen sind als Belastung anrechenbar und können vom Einkommen abgezogen werden.
Tilgungsraten werden hingegen nicht ohne Weiteres als unterhaltsmindernde Position anerkannt, da sie letztlich der Vermögensbildung dienen. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn die Tilgung wirtschaftlich notwendig ist, um das Objekt zu halten.
Nebenkosten und Instandhaltungskosten:
Betriebskosten, die nicht auf den Mieter umgelegt werden können, können ebenfalls abgezogen werden.
Rücklagen für notwendige Reparaturen oder größere Instandhaltungsmaßnahmen können unter Umständen berücksichtigt werden.
Steuerliche Abzüge:
Wenn die Mieteinnahmen zu versteuern sind, wird das Nettoeinkommen nach Steuern zugrunde gelegt.
Es ist ratsam, die konkrete Berechnung von einem Fachanwalt oder einem Steuerberater prüfen zu lassen, da sich aus der individuellen Finanzsituation Unterschiede ergeben können. Zudem kann es sich lohnen, beim zuständigen Familiengericht eine Neuberechnung des Unterhalts zu beantragen, falls sich Ihre wirtschaftliche Lage durch die Wohnsituation erheblich verändert.