Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Grundsätzlich haben Sie recht. Die Sicherstellung des Lebensunterhalts ist keine Erteilungsvoraussetzung für das Einreisevisum bzw. der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG
. Ebensowenig die Erfordernis des ausreichenden Wohnraums.
Allerdings ist hierbei § 27 Abs. 3 AufenthG
, der allgemein für den Familiennachzug zu Deutschen und Ausländischen hier lebenden Bürgern gilt zu beachten, den ich wörtlich wiedergebe:
§ 27 Abs. 3 AufenthG
3) 1Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. 2 Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.
Übersetzt bedeutet das:
Wenn es unterhaltsberechtigte Personen gibt (Ex-Ehepartner, Trennungs- oder Kindesunterhalt) und durch den Nachzug der ausländischen Kinder dieser gefährdet ist bzw. die hier unterhaltsberechtigte(n) Person(en) Leistungen nach dem SGB II (Jobcenter) oder SGB XII (Sozialamt) in Anspruch nehmen müssten, so kann die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden. NUR in diesen Konstellationen wird die Ausländerbehörde daher das Einkommen prüfen und zu bewerten haben. Die Erteilung KANN versagt werden. Es besteht also ein Ermessen.
Ich rege daher an im betroffenen Freundeskreis nachzufragen, diese Unterhaltsansprüche zu erfüllen hatten. . Im Übrigen ist die Prüfung der Gefährdung von Unterhalt gar nicht so einfach. Im Zweifel sollte ein Fachanwalt für Familienrecht zu Rate gezogen werden. Die vom VG Berlin entschiedenen Fälle sind sehr verschieden, so dass man sich den Einzelfall genauer anschauen müsste. So kann nach dem VG Berlin z.B. keine Gefährdung von Unterhalt vorliegen, wenn in der Vergangenheit wegen fehlender Leistungsfähigkeit nie Unterhalt gezahlt wurde (um nur ein ein Beispiel genannt zu haben).
Sollte es keine unterhaltsberechtigten Personen ist aber tatsächlich von der Lebensunterhaltssicherung und dem Erfordernis ausreichendem Wohnraums abzusehen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Shaladi,
vielen herzlichen Dank für Ihre schnelle, ausführliche und sehr hilfreiche Antwort. Wirklich hervorragend.
Da weder meine Frau noch ich irgendjemand anderem Unterhaltspflichtig sind (wir beide sind zum ersten Mal verheiratet, ich habe keine Kinder und meine Frau nur die beiden lieben Töchter, welche sie zu uns nach Deutschland holen möchte), hat die Ausländerbehörde also keinerlei Recht, uns bzw. meiner Frau als Antragstellerin den Kindernachzug zu verwähren, sobald sie die Deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hat?!
Uns ist nicht bekannt, dass die beiden engen Freundinnen meiner Frau anderen Menschen unterhaltspflichtig sind (auch beide das erste Mal verheiratet). Umso erstaunlicher ist, dass die Ausländerbehörde in Hamburg hier die Einkommensnachweise der Frauen (wie gesagt mit Deutscher Staatsbürgerschaft!) sowie deren dt. Ehepartner einforderten und daraufhin entschieden haben, dass zu wenig Einkommen für den Kindernachzug vorliegt.
Deshalb wäre meine abschließende Frage nur noch: wie gehen wir in diesem Fall vor, s.h. wenn meine Frau in Asien das FZV für den Kindernachzug bei der Deutschen Botschaft eingereicht hat und die Hamburger Ausländerbehörde daraufhin Einkommensnachweise verlangt und schlimmstenfalls sich dann auch noch aufgrund des zu geringem Einkommens sowie dem (noch) zu geringem Wohnraum) für eine Ablehnung des Kindernachzugs entscheidet - also entgegen der deutschen Gesetzeslage?
Vielen Dank nochmals für Ihre Antwort.
MfG
Vorab:
Es ist üblich und zulässig, dass die Ausländerbehörde eine Vorsprache verlangt um zu prüfen, wie der Lebensunterhalt sicher gestellt wird. Irgendein Einkommen muss es ja geben, sonst müsst man vom Diebstahl leben :)
Der Antrag darf aber nicht abgelehnt werden, weil das Einkommen nicht reicht. Das haben Sie schon richtig verstanden ja.
Sollte die Ausländerbehörde also beabsichtigen deswegen abzulehnen, so sollten Sie im Vorfeld auf die rechtliche Lage hinweisen (Sie haben sich ja schon vorzüglich vorab informiert). Falls trotzdem eine Ablehnung erfolgen sollte, so bleibt nur eine Klage gegen die Ablehnung beim VG Berlin übrig. Wenn es keine anderen Gründen gibt abgesehen von der Problematik der Lebensunterhaltssicherung, so dürfte die Klage hohe Aussicht auf Erfolg haben.
In Ergänzung zu Ihrer Frage noch:
Es kommt nicht nur darauf an, ob eine Unterhaltsverpflichtung in bar besteht (das wäre der Fall bei Trennung oder Kindern, die nicht im Haushalt leben), sondern ob durch den Nachzug der Unterhalt gefährdet ist. Dieser kann jedoch auch natural geleistet werden. Einander unterhaltspflichtig sind gleichfalls Ehegatten während des Bestehens der Ehe. Sie müssen durch ihre Arbeit und durch ihr Vermögen die Familie angemessen unterhalten (Familienunterhalt). Wenn also durch den Zuzug nunmehr die hier lebende Mutter (also ihre Frau) auf ergänzende Leistungen angewiesen sein sollte, dann könnte ich mir vorstellen, dass eine spitzfindige Ausländerbehörde dies zum Anlass zur näheren Prüfung nimmt (solche Fälle sind mir noch nicht in der Praxis begegnet aber durchaus denkbar). Um dem vorzubeugen, sollte man mal fiktiv durchrechnen, ob durch den Nachzug ein finanzieller Bedarf besteht. Das richtet sich nach den Regelsätzen des SGB II (Hartz IV) abzüglich Freibeträgen und Kindergeld (auf das ein Anspruch bestehen würde). Das gilt es unbedingt auch zu beachten.