Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die Anfrage. Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür gedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Teilen des Sachverhalts kann es durchaus zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen.
Unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhalts und Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Fragen nunmehr wie folgt beantworten:
"1) Ist unser Plan grundsätzlich wirklich so möglich?"
Grundsätzlich entspricht es dem geltenden EU-Recht, dass sich Deutsche auch im europäischen Ausland behandeln lassen dürfen. Es werden dann jedoch nur die Kosten übernommen, die auch bei einer Behandlung in Deutschland entstanden wären.
Ich würde Ihnen daher raten, dass Ihre Lebensgefährtin sich mit ihrer Krankenkasse in Verbindung setzt, die Lage schildert und die Übernahme der Kosten der Geburt in Österreich beantragt.
Wenn Ihre Lebensgefährtin zu Ihnen zieht, wäre es aber unter Umständen auch bereits möglich, dass diese über Ihre Krankenversicherung mitversichert würde. Dann würde die österreichische Krankenversicherung die Kosten der Entbindung übernehmen. Die Einzelheiten der kostenfreien Mitversicherung entnehmen Sie bitte der Frage 3.).
"2) Bzgl. Elterngeld: Gerne würden wir aufgrund ihrer Einkommenssituation das deutsche Elterngeld erhalten oder eine Kombination aus österr. Karenz und Ausgleichzahlung des Restbetrages. Geht das und was wäre dafür zu tun?"
Zwar bestimmt § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG
nur, dass Anspruch auf Elterngeld hat, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Der Wohnsitz definiert sich nach § 30 Abs. 3 S. 1 SGB I
. Danach hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dies bedeutet, dass der sich auf ein längeres Wohnen an einem Ort gerichtete Wille nach außen manifestieren muss. Der Betroffene muss zeigen, dass er eine Wohnung zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen nimmt.
Da Ihre Lebensgefährtin den Mittelpunkt Ihrer Lebensbeziehungen aber in Zukunft bei Ihnen in Österreich haben wird, gehört sie demnach nicht mehr zu den Berechtigten nach § 1 Abs. 1 BEEG
. Alleine die Meldung eines Wohnsitzes und eventuell die gelegentliche Nutzung der Wohnung vermögen keinen leider Anspruch auf Elterngeld zu begründen.
Es bliebe daher nach einem Umzug nach Österreich nur die Möglichkeit, das österreichische Kinderbetreuungsgeld zu beziehen. Während des Bezuges des Kinderbetreuungsgeldes wäre Ihre Lebensgefährtin krankenversichert. In der österreichischen Pensionsversicherung würde sie Beitragszeiten erwerben. Ob diese später in Deutschland anerkannt werden, sollte bei der Deutschen Rentenversicherung erfragt werden. Sonst gäbe es noch die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung in der deutschen Rentenversicherung. Ob dies sinnvoll ist, hängt aber auch davon ab, wie lange Sie in Österreich bleiben wollen und ob Ihre Frau Versicherungszeiten in der österreichischen Pensionsversicherung erwirbt.
"3) Krankenversicherung: Über wen sollte das Kind krankenversichert sein, damit wir bei Behandlungen keine Probleme bekommen? Wir würden das Kind ja hier melden und auch an dieser Stelle macht die Entscheidung Erst-/Zweitwohnsitz wieder Bauchschmerzen. Wie wäre meine Partnerin versichert?"
Auch in Österreich gibt es die Möglichkeit der kostenfreien Mitversicherng von Angehörigen in der Krankenversicherung. Im Gegensatz zu Deutschland würde auch Ihre Lebensgefährtin kostenfrei mitversichert, wenn sie mit Ihnen seit mindestens zehn Monaten in Hausgemeinschaft lebt, Ihnen den Haushalt unentgeltlich führt und keine im gemeinsamen Haushalt lebende arbeitsfähige Ehegattin des Versicherten, also Ihnen, vorhanden ist. Wenn Ihre Lebensgefährtin und das Kind also zusammen mit Ihnen in Österreich leben, könnten Sie diese bei Vorliegen der Voraussetzungen kostenfrei über Ihre Krankenversicherung mitversichern.
Im übrigen wäre Ihre Lebensgefährtin während des Bezuges des Kinderbetreuungsgeldes über dieses selbst krankenversichert.
"4) Kindergeld/Familienbeihilfe: Wer würde hier Unterstützung leisten? Deutschland oder Österreich?"
Auch das deutsche Kindergeld und die österreichische Familienbeihilfe knüpfen grundsätzlich an den Lebensmittelpunkt an. Wenn Ihre Lebensgefährtin also mit Ihnen und dem Kind in Österreich lebt, besteht Anspruch auf die österreichische Familienbeihilfe, nicht aber auf das deutsche Kindergeld.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann, Rechtsanwältin
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