Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Kauf im Baumarkt

13. Juni 2015 14:22 |
Preis: 30€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Kaufrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Oliver Daniel Özkara

Habe im Baumarkt Pflanzringe gekauft (210 Stück) inkl. Lieferung.
Habe an der Kasse gegen Vorlage der Auftragsbestätigung bezahlt. Der Kauf war somit abgeschlossen.
Am Folgetag ist dem Baumarkt aufgefallen, dass ein Teil der Steine mit 0 Euro bepreist war. Der Markt hat ein aktuelles Angebot bei anderen Steinen, beim Kauf von 4 Steinen sind nur 3 zu bezahlen. Dieses Angebot war bei diesen Steinen im EDV-Programm des Baumarktes hinterlegt, deshalb sind einige Steine nicht bepreist worden (0Eur).
Jedenfalls möchte der Baumarkt dass ich vorbeikomme um den Fehler richtig zu stellen, damit geliefert werden kann...
Zudem fiel mir auf, dass die Lieferung nicht berechnet wurde.
Muss ich die Steine und die Lieferung nach bezahlen ?
Danke vorab.

Sehr geehrter Fragesteller,

zu Ihrer Frage möchte ich gerne wie folgt Stellung nehmen.

Eingangs möchte ich festhalten, dass eine abschließende Rechtsberatung ohne Einsicht in den Kaufvertrag allein anhand Ihrer Angaben nicht möglich ist, so dass Ihnen in diesem Rahmen der rechtlichen Ersteinschätzung lediglich Grundsätzliches allein anhand Ihres hier geschilderten Sachverhaltes aufgezeigt werden kann.

Grundsätzlich ist ein sog. Kalkulationsirrtum als Motivirrtum rechtlich unbeachtlich. Soweit es sich bei der Preisauszeichnung beziehungsweise Etikettierung um ein Versehen des Baumarktes gehandelt hat, kann dieser seine zum Kaufvertragsschluss geführte Willenserklärung ausnahmsweise gem. § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB (sog. Erklärungsirrtum) anfechten, wenn sich der Etikettierungsirrtum auch beim Kaufvertragsschluss an der Kasse fortgewirkt hat. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde.

Grundsätzlich ist das Ausstellen der Ware eine sog. „invitatio ad offerendum" (Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes) und kein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages. Vielmehr gibt der Kunde das Angebot zum Kaufvertragsschluss ab, welches dann der Kassierer an der Kasse annimmt. Auf diese Weise kommt ein Kaufvertag an der Kasse zustande. Ihrer Schilderung zufolge lag hier der Fehler des Baumarktes bereits in der „invitatio ad offerendum", d.h. im Etikettieren der ausgestellten Ware. Nach Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 2005, 976 ) berechtigt ein Fehler in der „invitatio ad offerendum" zur Anfechtung des Vertrages, wenn dieser Fehler im Vollzug des Datentransfers in die Annahmeerklärung übernommen wird (vgl. auch Palandt, BGB, § 119 Rn. 10). Typischer Fall ist die Bestellung über eine Internetseite des Verkäufers, bei der der Kaufvertrag erst mit Klicken des Bestell-Buttons zustande kommt, der Fehler aber schon in der „invitatio ad offerendum" lag. Ähnlich ist auch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 26.01.2005 (Az. VIII ZR 79/04 ), nach dem ein solcher Erklärungsirrtum jedenfalls deswegen beachtlich sei, weil er bei der auf den Vertragsschluss gerichteten Annahmeerklärung noch fortwirke.

Die Fälle aus den vorgenannten Urteilen sind nicht identisch mit dem vorliegenden. Daher besteht meines Erachtens auch die denkbare Möglichkeit, dass andere Gerichte in Ihrem Fall anders urteilen. So könnte man nämlich zu Ihren Gunsten auch argumentieren, dass der Kassierer die Steine auch zum hier in Rede stehenden Preis hat verkaufen wollen, da der vorliegende Kauf im Gegensatz zu Internetbestellungen gerade kein automatisierter Vorgang ist, sondern der Kassierer seinen Erklärungswillen erst an der Kasse (neu) gefasst hat, so dass sich der Fehler in der „invitatio ad offerendum" gerade nicht (mehr) auf die Annahmeerklärung an der Kasse fortgewirkt hat. Im Ergebnis dürfte die Rechtslage hier also nicht ganz klar sein und es dürfte ein (Prozess-)Risiko bestehen.

Im Falle einer tatsächlich berechtigten Anfechtung gilt grundsätzlich Folgendes. Mit Erklärung der Anfechtung innerhalb der Anfechtungsfrist des § 121 BGB (ohne schuldhaftes Zögern, d.h. unverzüglich) ist der Kaufvertrag als von Anfang an nichtig zu betrachten und die gegenseitig erbrachten Leistungen sind zurückzugewähren. Sie wären nicht dazu verpflichtet, einen Aufpreis zu zahlen, soweit dies im angefochtenen Vertrag nicht geschuldet gewesen ist. Allenfalls könnte hier dann ein neuer Vertragsschluss – so wie es der Baumarkt nun möchte – zustande kommen.

Ich hoffe, zu Ihrer Frage verständlich Stellung genommen und Ihnen weitergeholfen zu haben. Mit einem Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt

FRAGESTELLER 28. September 2025 /5,0
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118797 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
4,8/5,0
Die Antwort wirkte umfassend und war leicht verständlich. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
TipTop Antwort mit entsprechender Vorgehensweise, vielen Dank, gerne wieder ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
RA Ahmadi antwortet sehr schnell und sehr ausführlich. Seine Erklärungen sind sehr verständlich. Gerne wieder! ...
FRAGESTELLER