Sehr geehrter Fragesteller,
Sie schildern, dass Sie eine Eigentumswohnung (ETW) bar vom Girokonto bezahlt haben, obwohl ein bestehendes Gesamtdarlehen in Schweizer Franken (SFR) zur Finanzierung mehrerer Immobilien besteht. Die Bank kann bestätigen, dass auch die neu erworbene Wohnung im Gesamtdarlehen enthalten und darauf abgesichert ist. Das Finanzamt verweigert jedoch die Anerkennung der Schuldzinsen als Werbungskosten, da die Zahlung nicht direkt über das Kreditkonto erfolgte.
Nachfolgend erläutere ich die rechtlichen Möglichkeiten, wie Sie dennoch die Anerkennung der Schuldzinsen erreichen können.
1. Grundsatz: Schuldzinsen als Werbungskosten
Schuldzinsen sind grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) abziehbar, wenn sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung, Erhaltung oder Renovierung einer vermieteten Immobilie stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).
Voraussetzung:
Es muss ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem aufgenommenen Darlehen und der Anschaffung der vermieteten Immobilie bestehen.
2. Problem: Barzahlung statt unmittelbare Kreditverwendung
Das Finanzamt argumentiert, dass die Wohnung bar bezahlt wurde und daher kein Zusammenhang zwischen dem Darlehen und der Anschaffung der Wohnung bestehe. Dies ist eine häufige Argumentation, wenn die Mittelverwendung nicht eindeutig nachvollziehbar ist.
a) Grundsatz der Mittelverwendung
Wird ein Darlehen nicht unmittelbar für den Erwerb einer Immobilie verwendet, sondern zunächst Eigenmittel eingesetzt und das Darlehen bleibt bestehen, verlangt die Finanzverwaltung einen klaren Nachweis, dass das Darlehen tatsächlich für die Finanzierung der vermieteten Immobilie verwendet wurde.
b) Nachträgliche Zuordnung eines Darlehens
Nach der Rechtsprechung ist es grundsätzlich möglich, ein Darlehen nachträglich einer bestimmten Immobilie zuzuordnen, wenn die Mittelverwendung eindeutig dokumentiert und wirtschaftlich nachvollziehbar ist. Entscheidend ist, dass das Darlehen tatsächlich zur Finanzierung der vermieteten Immobilie eingesetzt wurde und nicht für private Zwecke verwendet wurde.
3. Möglichkeiten zur Anerkennung der Schuldzinsen
a) Nachweis der Mittelverwendung
Sie sollten dem Finanzamt gegenüber detailliert darlegen, dass das Gesamtdarlehen in SFR weiterhin besteht und die Bank bestätigt, dass die neue Wohnung im Sicherheitenpool enthalten ist. Es ist hilfreich, wenn Sie eine Aufstellung vorlegen, aus der hervorgeht, dass das Gesamtdarlehen stets in Höhe der noch offenen Immobilienfinanzierungen bestand und nicht für andere Zwecke verwendet wurde.
Empfehlung:
Lassen Sie sich von der Bank eine schriftliche Bestätigung geben, dass das Darlehen auch für die neue Wohnung verwendet und diese als Sicherheit herangezogen wurde.
Legen Sie eine Übersicht vor, aus der die Entwicklung des Darlehens und die jeweiligen Immobilienfinanzierungen hervorgehen.
b) Zuordnung von Eigenkapital und Fremdkapital
Nach der aktuellen steuerlichen Praxis ist es zulässig, das gesamte Eigenkapital der selbstgenutzten Wohnung zuzuordnen und das Fremdkapital den vermieteten Wohnungen. Dies gilt auch, wenn die Zahlungen nicht unmittelbar vom Kreditkonto erfolgten, solange die wirtschaftliche Zuordnung klar und nachvollziehbar ist.
c) Rechtsprechung zur Darlehenszuordnung
Die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung erkennen an, dass eine Zuordnung des Darlehens zu einer bestimmten Immobilie auch nachträglich möglich ist, wenn die Mittelverwendung eindeutig dokumentiert ist. Entscheidend ist, dass das Darlehen nicht für private Zwecke verwendet wurde und die Finanzierung der vermieteten Immobilie wirtschaftlich nachvollziehbar ist.
4. Zusammenfassung und Vorgehensweise
Sie haben folgende Möglichkeiten:
Nachweis der wirtschaftlichen Verknüpfung:
Dokumentieren Sie, dass das Gesamtdarlehen in SFR stets in Höhe der Immobilienfinanzierungen bestand und die neue Wohnung im Sicherheitenpool enthalten ist.
Bankbestätigung:
Lassen Sie sich von der Bank bestätigen, dass das Darlehen auch für die neue Wohnung verwendet und diese als Sicherheit herangezogen wurde.
Aufstellung der Mittelverwendung:
Erstellen Sie eine Übersicht, aus der die Verwendung des Darlehens für die Immobilienfinanzierung hervorgeht.
Argumentation gegenüber dem Finanzamt:
Verweisen Sie darauf, dass nach der steuerlichen Praxis und der Rechtsprechung eine nachträgliche Zuordnung des Darlehens möglich ist, wenn die Mittelverwendung eindeutig dokumentiert ist.
5. Hinweise
Die Anerkennung der Schuldzinsen hängt maßgeblich davon ab, ob Sie dem Finanzamt die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Darlehen und Immobilienfinanzierung plausibel und nachvollziehbar darlegen können.
Die Tatsache, dass die Zahlung nicht unmittelbar vom Kreditkonto erfolgte, ist nicht zwingend schädlich, solange die Mittelverwendung klar dokumentiert ist.
Fazit:
Sie haben gute Chancen, die Schuldzinsen als Werbungskosten anerkannt zu bekommen, wenn Sie die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Gesamtdarlehen und der Finanzierung der vermieteten Wohnung nachweisen können. Die Bankbestätigung und eine nachvollziehbare Mittelverwendungsrechnung sind hierfür entscheidend.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
4. Oktober 2025
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18:50
Antwort
vonRechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
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