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Kameraüberwachung privates Grundstück und Persönlichkeitsrecht des Nachbarn

17. August 2016 10:54 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Auf mein Grundstück gab es mehrere Übergriffe (kleinere Sachbeschädigungen und Diebstahl). Deshalb habe ich Videokameras fest installiert, die ausschließlich mein Grundstück erfassen. Nachbargrundstücke oder öffentliche Wege werden NICHT erfasst. Mein Grundstück ist eingefriedet. Es handelt sich um Kameras, die fest installiert sind und sich nur von außen, mit deutlich sichtbarem Aufwand manuell verstellen lassen (also KEINE Fernsteuerung möglich, KEINE sog. Domekameras).

Der Nachbar, dessen Grundstück hangabwärts an meins grenzt, hat mich nach einem Jahr nun zur Entfernung der Kameras aufgefordert, da er sich in seinem Persönlichkeitsrecht eingeschränkt fühlt. Er meint, er werde gefilmt, wenn er auf seiner Terrasse sitze, da diese sich hangabwärts von meinem Haus befinde und er aus seiner Perspektive die Ausrichtung der Kameras nicht eindeutig erkennen könne und die Kameras flexibel einstellbar, Aufnahmewinkel veränderbar, sei (stimmt, aber nur manuell von außen mit sichtbarem Aufwand). Daraufhin habe ich ihm mitgeteilt, dass die Ausrichtung der beiden Kameras sein Grundstück nicht erfasst und der Zweck der Kameras nicht seiner Überwachung dient. Nun hat eine Frist zur Entfernung von zwei Kameras gesetzt. Er fühle sich durch meine Kameras in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt und verweist dabei auf ein Urteil des BGH vom 16.03.2010 (AZ: VI ZR 176709). Er meint, dass sein Persönlichkeitsrecht bereits durch die Verdachtsituation beeinträchtigt sei und dies reiche auch vollständig aus, um einen Entfernungsanspruch gerichtlich durchzusetzten.

(Hinweis: Das Grundstück des vermeintlich gestörten Nachbarn liegt hangabwärts von meinem. Ich habe die Kameras jeweis an meinen äußeren Hausecken montiert und erfasse damit das Areal etnlang meines Hauses und einen Teil meines Gartens, auch hangabwärts in Richtung des Nachbarn, weil das eben der Verlauf meines Hauses mit Grundstück ist. Nicht und nie ist durch die Kameras das Grundstück des Nachbarn erfasst.Nachdem sich der Nachbar das erste Mal beschwert hat, habe ich sogar den Erfassungswinkel durch manuelle Anpassung noch weiter auf mein Grundstück beschränkt, um ihm zu zeigen, dass meinerseits kein Interesse an seiner Überwachung besteht und diese auch tatsächlich nicht erfolgt. Ich erfasse meine Hauswand und ca 1m meines Gartens. Bis zur Grundstücksgrenze sind es weitere 6m. Diese manuelle Veränderung konnte durch den Nachbarn wahrgenommen werden, was er auch schriftlich mitgeteilt hat.Das reicht ihm aber nicht aus. Er fordert die komplette Entfernung.)

Wie ist die Situation zu bewerten, auch hinsichtlich des o.g. BGH Urteils?
Darf ich mein Haus mit Grundstück nicht videoüberwachen, weil sich der Nachbar gestört und unter Druck gesetzt fühlt?
Muss ich die Kameras entfernen?
Wer muss nachweisen, dass er gefilmt bzw. nicht gefilmt wird (Nachbar oder ich)?
Ist bei solch einem Fall ebenso eine außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchzuführen (Bayern)?

17. August 2016 | 13:12

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworte:


Eine Videoüberwachung des eigenen Grundstücks ist nicht per se unzulässig. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an.
Der Zweck der Anbringung der Kameras durch Sie ist ein nachvollziehbarer Schutzaspekt, da Sie in der Vergangenheit Opfer von Straftaten gewesen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "greift eine Videoüberwachung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein; dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen..." (vgl. BGH Urteil v. 16.03.2010 - VI ZR 176/09 - Seite 6 Randnummer 11 der Urteilsbegründung).

Der BGH verlangt daher:

"...Bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück muss deshalb sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen (...) von den Kameras erfasst werden, sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann..." (vgl. BGH aaO)

Diese Vorgaben erfüllen Sie nach Ihren eigenen Angaben. Der Nachbar ist daher von der Überwachung tatsächlich nicht betroffen.

Gleichwohl kann nach der Rechtsprechung des BGH

"ein Unterlassungsanspruch auch bestehen, wenn Dritte eine Überwachung durch Überwachungskameras objektiv ernsthaft befürchten müssen ..." (vgl. BGH aaO Seite 7 Randnummer 13 der Urteilsbegründung).

Dies müsste dann aber auch der Nachbar darlegen und beweisen. Nach Ihren Angaben kommt es zu keiner Überwachung des Nachbargrundstücks und des öffentlichen Bereichs.
Es besteht auch kein heftiger, über eine lange Zeit geführter Nachbarrechtsstreit, der Sie gerade zur Anbringung der Kameras veranlasst hat, sondern die Anbringung der Kameras bezweckt den Schutz Ihres Eigentums vor weiteren Straftätern.

Das ist nach meiner Ansicht auch der entscheidende Punkt.

Nach meiner Auffassung wird damit nicht die konkrete Gefahr begründet, dass Sie die technischen Möglichkeiten der Kameraausrichtung auch ausnutzen und auf diese Art in rechtswidriger Weise in die Nachbarrechte eingreifen.

Sie sind daher nicht verpflichtet, die von Ihnen angebrachten Kameras zu beseitigen.


Nach Art. 1 des Bayrischen Schlichtungsgesetzes kann vor den Amtsgerichten in folgenden bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten mit Ausnahme der in § 15 a Abs. 2 EGZPO genannten Streitigkeiten eine Klage erst erhoben werden, wenn die Parteien
einen Versuch unternommen haben, die Streitigkeit vor einer in Art. 3 genannten Schlichtungs- oder
Gütestelle gütlich beizulegen:

1. in vermögensrechtlichen Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder
Geldeswert die Summe von 750 € nicht übersteigt,

2. in Streitigkeiten über Ansprüche wegen
a. der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen auf das Nachbargrundstück, sofern es
sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt,
b. Überwuchses nach § 910 BGB ,
c. Hinüberfalls nach § 911 BGB ,
d. eines Grenzbaums nach § 923 BGB ,
e. der in den Art. 43 bis 54 AGBGB geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht
um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt,
3. in Streitigkeiten über Ansprüche wegen der Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in
Presse oder Rundfunk begangen worden ist.

Hier ist die Frage, welchen Wert die Kameras haben. Wenn der Wert den Betrag von EUR 750 übersteigt, wäre ein Schlichtungsverfahren nicht obligatorisch.


Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte. Fragen Sie gerne nach, wenn etwas unklar ist.


Mit freundlichen Grüßen
K. Roth
- Rechtsanwalt und zertifizierter Testamentsvollstrecker -


Rechtsanwalt Karlheinz Roth

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