Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
die Frage, ob das Jugendamt berechtigt ist, über ein Jahr rückwirkend Kindesunterhalt nachzufordern, weil sich die Düsseldorfer Tabelle geändert hat, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt auf die konkreten Umstände und insbesondere auf die Art des vorhandenen Unterhaltstitels an.
Grundsätzlich gilt im Unterhaltsrecht folgendes Prinzip: Unterhalt kann nur für die Gegenwart und die Zukunft gefordert werden, nicht aber für die Vergangenheit. Der Gedanke dahinter ist, dass Unterhalt zur Deckung des aktuellen Lebensbedarfs dient.
Allerdings bestehen wichtige Ausnahmen von diesem Grundsatz: Wenn der Unterhaltspflichtige bereits zur Auskunft über sein Einkommen aufgefordert wurde und wenn sich der Unterhaltspflichtige mit dem Unterhalt in Verzug befindet.
Außerdem ist es relevant, welche Art von Unterhaltstitel vorliegt. Die meisten Jugendamtsurkunden sind "dynamisch". Das bedeutet, es wird kein fester Euro-Betrag tituliert, sondern beispielsweise "120% des Mindestunterhaltes des am XX.XX.XXXX geborenen Kindes unter Anrechnung des halben Kindergeldes".
Bei solchen dynamischen Titeln ändert sich der zu zahlende Betrag automatisch, wenn sich die Bezugsgrößen (wie die Düsseldorfer Tabelle) ändern, ohne dass die Beteiligten etwas tun müssen. Wenn in Ihrem Fall ein dynamischer Unterhaltstitel vorliegt, der auf die Düsseldorfer Tabelle Bezug nimmt, dann wäre die rückwirkende Forderung des Jugendamtes grundsätzlich korrekt. Denn durch die dynamische Gestaltung waren Sie verpflichtet, die Zahlungen entsprechend der geänderten Düsseldorfer Tabelle anzupassen.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Haeske, Rechtsanwältin
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