Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Eine vollzogene Schenkung kann steuerrechtlich nicht durch eine vertragliche Rückabwicklung bzw. Rückschenkung ungeschehen gemacht werden. In diesem Fall bleibt nicht nur die einmal angefallene Schenkungssteuer bestehen, sondern es fällt für die Rückgängigmachung erneut Schenkungssteuer an. Abzuraten ist daher von einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung. (Ein Rücktausch oder eine Abänderung des Kaufvertrages sind nicht formfrei möglich, sondern bedürfen zu ihrer Wirksamkeit ebenfalls der notariellen Beurkundung.)
Einigen Käufer und Verkäufer eines Grundstücks sich nachträglich, den Kaufpreis herabzusetzen, wird dies im Grunderwerbsteuerrecht nicht als rückwirkendes Ereignis anerkannt. Das bedeutet, dass die bereits festgelegte Steuerlast bestehen bleibt und nicht im Nachhinein gemindert wird.
Was durch eine Minderung der Kaufpreise schenkungssteuerrechtlich erreicht werden soll, ist mir nicht klar. Das Finanzamt wird sich bei der Festlegung der Höhe der Schenkungssteuer nicht an den von ihnen festgelegten Kaufpreisen orientieren, sondern an der selbst durchgeführten Bewertung.
Die Schenkungssteuer lässt sich nachträglich nur vermeiden durch einen erzwungenen Rücktritt vom Vertrag. Dieser kann auch in der Ausübung eines vertraglichen Rücktrittsrechts liegen. Dann müssen aber zum Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts auch die vertraglichen Voraussetzungen der Ausübung vorliegen. Es muss also abgewartet werden, bis das Finanzamt tatsächlich Schenkungssteuer durch einen entsprechenden Steuerbescheid erhebt, wenn dies im Kaufvertrag als Voraussetzung für die Ausübung eines Rücktrittsrechts vereinbart wurde.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzt eine steuerbefreiender Rücktritt voraus, dass das geschenkte Grundstück vom Beschenkten tatsächlich an den Schenker herausgegeben wird (BFH, Urteil vom 02.09.2017 - Az.: II R 54/08). Dies bedeutet, dass der Schenker im Grundbuch wieder als Eigentümer eingetragen werden muss (ebenda). Erst danach wäre ein erneuter Grundstückstausch möglich. Die Schenkungsvertrag müsste also in der Tat vollständig rückabgewickelt werden.
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten und auch im Erbschaftsteuerrecht geltenden Grundsätzen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (BFH, a.a.O.; Urteil vom 03.08.1960 - II 263/57, Der Betrieb 1961, 226; Urteil vom 29.07.1964 - II 106/62, Betriebs-Berater 1979, 1208; Urteil vom 27.10.1972 - II B 7/72, BFHE 107, 231, BStBl II 1973, 14; Urteil vom 19.10.1977 II R 89/71, BFHE 124, 208, BStBl II 1978, 217) kann in dem Fall, dass sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, die Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Dabei kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten, wenn eine solche Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist. Voraussetzung für die Geltendmachung eines auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützten Rückforderungsanspruchs ist es danach stets, dass der Umstand, auf dessen schwerwiegende Veränderung sich eine Vertragspartei beruft, überhaupt zur Geschäftsgrundlage des Vertrages geworden ist. Grundlage eines Vertrags sind nur die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt gewordenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die der einen Partei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei von dem Vorhandensein oder dem Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut. In diesem Fall ist ein nachträglich steuerbefreiendes Rückforderungsrecht auch ohne Bestehen eines vertraglichen Rücktrittsrechts möglich.
Die Parteien müssen also nach eigener Prüfung oder fachlicher Auskunft davon ausgegangen sein, dass keine Schenkungsteuer anfällt. Nicht durch eigene Sachkunde oder fachliche Informationen abgesicherte Vermutungen sind keine wesentlichen Vorstellungen in diesem Sinne. Im oben zitierten Urteil vom 02.09.2017 hat der BFH als Voraussetzung eines steuerbefreienden Rückforderungsrechts gefordert, dass die Vorstellung der Parteien, es werde keine Schenkungssteuer anfallen, zumindest auf einer steuerrechtlichen Beratung durch den Notar anlässlich der Beurkundung des Schenkungsvertrags beruht haben muss.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
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