Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die Anfrage über das Online Portal frag-einen-anwalt.
Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür angedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln.
Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens völlig anders ausfallen.
Auf Grundlage Ihrer Angaben beantworte ich die Frage weiter wie folgt:
Es trifft zu, dass die Kostennote Ihres Anwaltes wie folgt aussehen könnte:
60.000,-€ Streitwert:
1,3 Verfahrensgebühr 1.459,90 €
§§ 2
, 13 RVG
i. V. m. Nr. 3100 VV RVG
1,2 Terminsgebühr 1.347,60 €
Terminsgebühr §§ 2
, 13 RVG
i. V. m. Nr. 3104 VV RVG
80.000,- € Streitwert:
1,0 Einigungsgebühr 1.200,- € (alle Posten netto)
§ 13, Nr. 1003 VV RVG
Wurden Sie von dem Anwalt in der Angelegenheit bereits außergerichtlich vertreten und haben hierfür bereits 1,3 Geschäftsgebühr bezahlt , so wären wohl gemäß § Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG 0,65 Geschäftsgebühr nach dem Wert 60.000 €uro, also 729,95 Euro, zu Ihren Gunsten anzurechnen. In diesem Fall sollte die Kostennote wohl eher wie folgt aussehen:
60.000,-€ Streitwert:
1,3 Verfahrensgebühr 1.459,90 €
1,2 Termingebühr 1.347,60 €
Abzüglich: 729,95 €
§ Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG* 0,65 Geschäftsgebühr
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Zwischensumme: 2.077,55 €
80.000,- € Streitwert:
1,0 Einigungsgebühr 1.200,- €
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Gesamt: 3.277,55 €uro (alle Posten netto)
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*§ Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG
Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 entstanden ist, wird diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Sind mehrere Gebühren entstanden, ist für die Anrechnung die zuletzt entstandene Gebühr maßgebend. Die Anrechnung erfolgt nach dem Wert des Gegenstands, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist.
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Ich empfehle, dass Sie die Kostennote bei Ihrem Prozessbevollmächtigten einfach reklamieren und um entsprechende Korrektur bitten.
Sollten Sie eine Honorarvereinbarung unterzeichnet haben, so würde sich die Abrechnung nach der Vereinbarung richten.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann.
Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt
Hallo Herr Kohberger,
hatten Sie in Ihrer Honoraraufstellung die Verfahrens-Differenzgebühr bereits berücksichtigt?
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:
Die obige Kostenaufstellung bitte ich als Entwurf, wie der von Ihnen beauftragte Anwalt wohlwollend abrechnen könnte, zu verstehen.
Verbindlich ist dieser Entwurf für Ihren Anwalt freilich nicht.
Über einzelne Abrechnungsdetails lässt sich immer wieder trefflich streiten.
Falls sich mit Ihrem Prozessbevollmächtigten keine Einigung finden lässt, so könnten Sie auch die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltskammer bemühen.
Vorliegend auch noch die sogenannte Verfahrensdifferenzgebühr in Ansatz zu bringen halte ich nicht für ganz abwegig.
Allerdings hat diese Gebühr bislang nicht einmal Ihr beschwerdefreudiger Rechtsanwalt in Ansatz gebracht, weswegen es etwas verwundert, dass Sie hier im Rahmen der Nachfragefunktion diese Gebühr noch ansprechen. Gerne nehme ich zu der Verfahrensdifferenzgebühr noch wie folgt Stellung:
Nach Nr. 3101 Zif. 2 RVG-VV beträgt die Verfahrensgebühr 0,8 soweit lediglich beantragt ist, eine Einigung der Parteien oder mit Dritten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen oder festzustellen (§ 278 Abs. 6 ZPO
) oder soweit lediglich Verhandlungen vor Gericht zur Einigung über solche Ansprüche geführt werden.
Vom bloßen Wortlaut her trifft diese Gebühr auf den von Ihnen beschriebenen Fall also nicht eindeutig zu.
Ihr Anwalt hatte ja hinsichtlich des Vergleichsgegenstandes wohl keinen Antrag gestellt und die Verhandlungen über den Vergleichsgegenstand fanden ja bereits in der Erhöhung des Gegenstandswertes des Vergleichs Berücksichtigung.
Das LG Bad Kreuznach hat mit Beschl. v. 09.11.2006 – 1 T 206/06
eine lesenswerte Entscheidung getroffen. Im besagten Beschluss heißt es auszugsweise wie folgt:
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"Die Vereinbarung der gegenseitigen Kostenaufhebung ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die durch den Vergleichsabschluss bedingten Kosten von jeder Partei selbst zu tragen sind. Ausdrücklich haben die Parteien jedoch - wie auch der Schriftsatz des Beklagten vom 02.11.2006 klarstellt - keine Regelung darüber getroffen, welche Gebühren genau von den Vergleichskosten umfasst sein sollen.
Daher ist zur Auslegung das dispositive Recht heranzuziehen, namentlich die Vergütungsvorschriften des RVG. Nach Nr. 3101 Zif. 2 RVG-VV beträgt die Verfahrensgebühr 0,8 soweit lediglich beantragt ist, eine Einigung der Parteien oder mit Dritten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen oder festzustellen (§ 278 Abs. 6 ZPO
) oder soweit lediglich Verhandlungen vor Gericht zur Einigung über solche Ansprüche geführt werden....
.... Die Gebühr nach Nr. 3101 RVG-VV ist nur deshalb erwachsen, weil der Vergleich einen entsprechend HÖHEREN GEGENSTAND umfassen sollte, und gehört mithin zu den KOSTEN DES VERGLEICHS und NICHT ZU DEN ALLGEMEINEN VERFAHRENSKOSTEN. Eine Auslegung der getroffenen KOSTENVEREINBARUNG dahingehend, dass sich diese NUR auf die anfallende EINIGUNGSGEBÜHR beziehen sollte, erscheint nicht sachgerecht (vgl. auch OLG München, Beschl. v. 17.05.2006). Zu den Kosten des Vergleichs gehören vielmehr bei zutreffender objektiver Betrachtung alle durch den Vergleichsabschluss unmittelbar entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Die mit verglichenen Ansprüche werden jedoch NICHT ZUM GEGENSTAND des Rechtsstreits gemacht, sondern sind von vornherein nur Gegenstand der VERGLEICHSGESPRÄCHE und des VERGLEICHSABSCHLUSSES. Wenn die Parteien eine EINBEZIEHUNG DER VERFAHRENSDIFFERENZGEBÜHR in die ALLGEMEINEN VERFAHRENSKOSTEN gewollt hätten, wäre dies entsprechend zu vereinbaren gewesen (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl. 2006, VV 3100 Rn. 171)..."
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1 zu 1 wird sich der Beschluss nicht auf Ihr Anliegen übertragen lassen. Zumal es, wie auch das LG Bad Kreuznach betont, insbesondere darauf ankommen soll, was Sie mit Ihrem Anwalt vereinbart haben.
Wurde keine Vereinbarung getroffen, so könnte nach der Rechtsprechung des LG Bad Kreuznach die Verfahrensdifferenzgebühr grundsätzlich wohl auch vorliegend in Ansatz gebracht werden.
Ich fasse wie folgt zusammen:
Alles in allem scheint der Kostenansatz Ihres Anwaltes jedenfalls zu verkennen, dass sich die Allgemeine Verfahrensgebühr nicht aus 80.000 Euro sondern aus 60.000 Euro ergibt.
Unstreitig dürfe sein, dass die Vergleichsgebühr aus 80.000 Euro zu berechnen ist.
Ob die Verfahrensdifferenzgebühr in Ansatz gebracht werden kann könnte streitig werden, wenn die Rechtsanwaltsfachangestellten Ihres Prozessbevollmächtigten findig sind.
Ich halte vorliegend den Ansatz der Verfahrensdifferenzgebühr für nicht angebracht, wenn die Vergleichsregelung zu den nicht rechtshängigen 20.000 Euro ohne vorausgegangene Verhandlung zu den 20.000 Euro noch kurz mit in den Vergleich mitaufgenommen wurde.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Rechtsfragen hinreichend und verständlich beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt