Sehr geehrte Fragestellerin,
Vielen Dank zunächst für Ihre Anfrage.
Unter Berücksichtigung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts möchte ich Ihnen wie folgt auf Ihre Frage antworten:
Ob die Hecke im Alleineigentum Ihres Bruders steht oder nach § 921 BGB
der gemeinschaftlichen Nutzung untersteht ist anhand der konkreten Umstände auf der Grundstücksgrenze zu beurteilen.
Generell wird nach § 921 BGB
vermutet, dass wenn zwei Grundstücke durch eine Hecke, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander getrennt werden, die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Enrichtung nur gemeinschaftlich berechtigt sind. In diesem Fall bedarf jede Änderung oder Beseitigung der Hecke der Zustimmung des Nachbarn Ihres Bruders, § 922 S.3 BGB
.
Vorausstzung hierzu ist allerdings auch, dass die Hecke der gemeinschaftlichen Benutzung unterfällt.
Bei der Beurteilung, ob die Hecke im Alleineigentum oder der gemeinschftlichen Benutzung der Nachbarn untersteht ist auf den aktuellen Zustand abzustellen ist und nicht darauf, ob die Stämme der Heckenpflanze bereits bei ihrer Pflanzung exakt auf der Grenze standen. Es kommt daher für die Alleineigetümerstellung Ihres Bruders nicht darauf an, ob sich die Stämme der Hecke auf seinem Grundstück befinden. § 921 BGB
vermutet ein gemeinschaftliches Nutzungsrecht der Nachbarn an allen Einrichtungen, die zwei Grundstücke voneinander scheiden und zu deren beiderseitigen Vorteil dienen. Dies geschieht für den Konfliktfall und wird damit begründet, dass in den meisten praktischen Fällen zweifelhaft ist, wo die konkrete Grenze verläuft. "Es werde deshalb vermutet, dass (auch) die „scheinbare Grenzeinrichtung eine wirkliche Grenzeinrichtung" sei." (BGH V ZR 77/99
) Das heißt: auch eine Hecke die 20 - 30 cm von der Grenze angepflanzt wurde kann nach den konkreten Umständen dennoch der gemeinschaftlichen Nutzung unterstehen.
Jedoch kann diese Vermutung durch den exakten Nachweis des tatsächlichen Grenzverlaufs oder dadurch widerlegt werden, dass äußere Merkmale für das Alleineigentum Ihres Bruders sprechen. (BGH V ZR 77/99
)
Sie haben geschildert, dass Sie und Ihr Mann einen Zaun exakt auf der Grenze zum Nachbargrundstück angebracht haben. Dieser Zaun kann die Vermutung des § 921 zugunsten Ihres Bruders dahingehend erschüttern, dass anhand dessen der exakte Grundstückgrenzverlauf nachweisbar ist mit der Folge, dass die Hecke dem Alleineigentum Ihres Bruders unterfällt und nicht etwa wie der Nachbar behauptet der gemeinschaftlichen Nutzung. Dennoch sind hierbei -wie gesagt- die konkreten Umstände des Grundstücks entscheidend.
Muss der Nachbar grundsätzlich gefragt werden und muss er dem Fällen der Hecke zustimmen?
Der Nachbar hat gem. § 922 S.3 bei jeder geplanten Beseitigung oder Änderung der Hecke ein Zustimmungsrecht.
Die unter Verstoß hiergegen vorgenommene Entfernung der Grenzeinrichtung gibt dem Nachbarn nur einen Anspruch auf Wiederherstellung.
Einen weitergehenden Anspruch des Nachbarn gibt es nicht. So kann er nicht etwa Sonderwünsche in Form eines massiven und völlig undurchsichtigen Holzsichtschutzzaun mit einer Höhe von wenigstens 2 Metern geltend machen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen einen ersten und für Ihr weiteres Vorgehen hilfreichen Einblick in die REchtslage verschaffen.
Im übrigen muss ich Sie darauf hinweisen, dass das Weglassen oder Hinzufügen von Umständen die Rechtslage erheblich ändern kann.
Mit freundlichen Grüßen
Marksen Ouahes
Rechtsanwalt
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Ich möchte ergänzend hinzufügen, daß die Beurteilung ob die Heckenpflanzen dem Alleineigentum Ihres Bruders unterfallen maßgeblich auch davon abhängt inwieweit die Bepflanzung die Grundstücksgrenze überschritten. Insofern kommt es nicht unmittelbar darauf an, auf welchem Grundstück sich die Stämme befinden, sondern darauf inwieweit die Stämme und/oder Äste die Grundstücksgrenze überschritten haben. ISt dies der Fall leigt tatsächlich eine Grenzanlage vor, die der gemeinschaftlichen Nutzung unterliegt. Insofern ist wie gesagt die Zustimmung des Nachbarn zur Beseitigung/ Änderung der Heckenpflanze erforderlich.
In diesem Fall wäre ohne umfassende rechtliche und tatsächliche Begutachtung der konkreten Situation von einer eigenmächtigen Fällung der Heckenpflanze abzuraten.