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Hartz 4 und Auszahlung einer fondgebundenen Alters- und Rentenvorsorge.

3. Februar 2022 12:07 |
Preis: 80,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich bin im Hartz 4 Bezug.
Mir wird am 1.3.eine fondgebundene Alters- und Rentenvorsorge ausbezahlt. Ich werde knapp 60000 Euro erhalten, einbezahlt wurden vor 15 Jahren 70000 Euro von meinen Vater.
Ich bin 61 Jahre alt, geboren 1960.
Wie ist die Rechtslage im Hinblick auf Hartz 4? Muss ich mich aus dem Bezug abmelden oder aber die Zahlung nur angeben? Ruht bei Einkommen dieser Art dann die Zahlung des Jobcenters an mich, bis ich auf einen bestimmten Betrag " abgeschmolzen" habe? Muss ich den Betrag, den ich evtl. besitzen darf, wieder anlegen und wenn, wie schnell muss das geschehen? Seht das Geld welches geschützt ist, zu meiner Verfügung oder darf ich das bis zur regulären Rente nicht antasten?
Ich werde zum 1.3. vermutlich Arbeit haben, muss ich dann überhaupt etwas angeben, oder mich einfach nur abmelden? Was ist, wenn ein Arbeitsvertrag erst nach Zahlungseingang meiner Rentenvorsorge zustande kommt?
Könnte das Jobcenter rückwirkend Zahlungen zurückfordern? Eventuell den gesamten Betrag bis zum Schonvermögen?

Ich freue mich auf eine rasche Antwort,
Mit freundlichen Grüßen, A. S.



3. Februar 2022 | 14:04

Antwort

von


(400)
Wessels Str. 13
49134 Wallenhorst
Tel: 05407-8575168
Web: https://www.scheidung-ohne-rosenkrieg.de
E-Mail:

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

beim ALG II gilt grundsätzlich das Zuflussprinzip. Wenn Sie einen Antrag auf ALG II stellen, wirkt dieser zurück auf den Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt wird.

Geldzahlungen, die innerhalb eines Bewilligungszeitraumes eingehen, gelten als Einkommen. Geldzahlungen, die nach dem Ende eines Bewilligungszeitraumes und vor einem Folgeantrag und auch vor dem oben genannten Rückwirkungszeitraum zufließen (also im Kalendermonat vor dem Monat, in dem der Folgeantrag gestellt wird) gelten als Vermögen. Melden Sie sich aus dem ALG II-Bezug ab, so verkürzt das nicht nachträglich den Bewilligungszeitraum i. S. eines Verteilzeitraumes (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Januar 2021, Az. L 14 AS 1933/17). Durch Abmeldung aus dem Leistungsbezug können Sie Einnahmen, die während eines Bewilligungszeitraumes zugeflossen, nicht nachträglich in Vermögen umwandeln. Nur dann, wenn Sie bereits vor dem Bewilligungszeitraum Inhaberin dieser Versicherung waren, käme eine Berücksichtigung als Vermögen für den laufenden Bewilligungszeitraum in Betracht.

Nach § 11 Abs. 3 SGB II sind einmalige Einnahmen in dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Es sei denn, es wurden für diesen Monat schon Leistungen erbracht. Dann werden die Einmalzahlung erst im Folgemonat der Zahlung berücksichtigt. Ist die Zahlung - wie hier - so hoch, dass der Leistungsanspruch für einen Monat komplett wegfällt, wird sie auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig verteilt und jeweils mit einem Teilbetrag berücksichtigt. Auch dann, wenn der Leistungsanspruch für diese sechs Monate dann komplett wegfällt und damit auch der Krankenversicherungsschutz durch das ALG II. Früher bestand mal die Möglichkeit, Einnahmen nur soweit anzurechnen, dass noch ein Euro als Leistungsanspruch bleibt (und damit der KV-Schutz). Diese Möglichkeit gibt es nicht mehr.

Die Zahlung muss dem Jobcenter auf jeden Fall mitgeteilt werden. Es wird dann den Bescheid mit Wirkung für die Zukunft aufheben, da bei der Höhe der Zahlung für sechs Monate kein ALG II-Anspruch mehr besteht. Bei einem neuen Antrag auf ALG II wird die Zahlung, soweit noch vorhanden, dann als Vermögen nach § 12 SGB II berücksichtigt. Soweit das Vermögen die Freibeträge des § 12 SGB II übersteigt und kein Schonvermögen ist, ist es dann zu verwerten und für den Lebensunterhalt einzusetzen.

Zitat:
Vom Vermögen sind abzusetzen

1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3 100 Euro; der Grundfreibetrag darf für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen,
1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3 100 Euro für jedes leistungsberechtigte minderjährige Kind,
2. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet,
3. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt,
4. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten.

Bei Personen, die
[...]
2. nach dem 31. Dezember 1957 und vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 9 900 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 49 500 Euro,
nicht übersteigen.
[...]
(3) Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen
1. angemessener Hausrat,
2. ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person,
3. von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist,
4. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung,
5. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken von Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
6. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.


Eine rückwirkende Aufhebung mit einer Rückzahlung der Sozialleistungen käme dann in Betracht, wenn diese Versicherung bereits vor der Auszahlung im März ein verwertbarer Bestandteil Ihres Vermögens war und bereits bei der Antragstellung als Vermögen hätte angegeben werden müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Haeske, Rechtsanwältin


Ergänzung vom Anwalt 3. Februar 2022 | 15:18

Damit die Einmalzahlung bei einem Folgeantrag vor Ablauf des Verteilzeitraumes von sechs Monaten als Vermögen berücksichtigt wird, müssten Sie zwischenzeitlich Ihre Hilfebedürftigkeit (ohne Berücksichtigung der Einmalzahlung) durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für mindestens einen Monat komplett überwunden haben.

Da das Vermögen bei einem Folgeantrag wohl noch die Grenze des Grundfreibetrags für Ihre Bedarfsgemeinschaft übersteigt, sollten Sie überlegen, ob Sie es teilweise als geschütztes Altersvorsorgevermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 u. Nr. 3 SGB II anlegen oder in Schonvermögen nach § 12 Abs. 3 SGB II umschichten. Geschütztes Altersvorsorge-Vermögen wäre eine Riester-Rente oder ein anderer nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierter Altersvorsorgevertrag. Oder Altersvorsorge-Vermögen, das durch eine unwiderrufliche Vereinbarung von der Verwertung vor dem Ruhestand ausgeschlossen ist.

Sie sind nicht dazu verpflichtet, nach Erhalt der Zahlung monatliche Ausgaben nur in Höhe der zuvor erhaltenen ALG II zu tätigen. Wenn Vermögen zielgerichtet verschwendet wird, um möglichst bald wieder Sozialleistungen zu erhalten, kommt ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II wegen sozialwidrigen Verhaltens (in Hinsicht auf einen neuen ALG II-Antrag) in Betracht (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 07. Mai 2019, Az. L 10 AS 632/1).

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Haeske, Rechtsanwältin

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