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Handelsvertretervertrag Rohausgleich

25. Januar 2006 17:39 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Hans-Christoph Hellmann

Wir haben einen HV unter Vertrag ([Kundenschutz],Kündigungstermine jeweils auf das Quartalsende), den dieser im Dezember 2005 auf das Ende 2006 - aufgrund erreichen des Rentenalters – kündigte.
Aufgrund mdl. Vorabinfo und der langfristigen Auflösung verstanden wir, dass damit auch der Rohausgleich/Abgeltung/Ruhegeld getilgt wäre.

Der HV erwartet jetzt, dass er nach der Auflösung – also Anfang 2007 nochmals eine Jahresprovision (Durchschnitt der letzten 5 Jahre) als Rohausgleich/Abgeltung/Ruhegeld – erhält.

Betragsmässig würden wir von rund 80´000.- € sprechen.

Es gibt auch ehemals akquirierte Aufträge die aus dem Markt gezogen worden sind oder welche die nach China verloren gegangen sind bzw. noch folgen.
Wir haben also nicht mehr den vollen Vorteil darüber.

Ich habe etwas von Rohausgleich, etc. gelesen, aber wie wird er berechnet, bzw. wie hoch würde der nach Rechtspraxis ausfallen?

Wäre eine vorzeitige Kündigung durch uns noch möglich?

Gerne erwarte ich Ihren Rat.


Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

herzlichen Dank für Ihre Online-Anfrage. Ich möchte sie sogleich unter Berücksichtigung Ihrer Informationen wie folgt summarisch beantworten.
Der von Ihnen angesprochene Ausgleich stellt eine Vergütung für Leistungen des Handelsvertreters dar, die sich auch noch nach Vertragsbeendigung gewinnbringend (in Form der zu erwartende Umsätze) auswirken. Rechtsgrundlage dafür ist jedenfalls § 89 b HGB . Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine Berechnung aufgrund der Komplexität der Abwägungsvorgänge und der erforderlichen Daten sowie des damit verbundenen Arbeitsaufwandes nicht möglich ist. Insoweit kann ich Ihnen nur nahe legen, einen Wirtschaftsberater oder Rechtsanwalt anhand der nachfolgend aufgezeigten Grundsätze zu beauftragen bzw. selbst einen (möglichen) angemessenen „Abfindungsvertrag“ zu gestalten. Letzterer wäre aber erst nach Beendigung des Vertrages möglich, da § 89b HGB nicht dispositiv (auszuschließen) ist.
Nun aber zu Ihrer eigentlichen Frage:
Voraussetzung ist für den o. g. Ausgleich zunächst, dass die Kunden vom Vertreter geworben wurden oder er jedenfalls den geschäftlichen Kontakt mit diesen maßgeblich intensiviert hat. Vertiefend lässt sich ausführen:

1. Der Ausgleichsanspruch entsteht bei Beendigung des Vertrages durch Kündigung, Fristablauf, Tod des Handelsvertreters oder einverständliche Aufhebung. Kündigt der Handelsvertreter, so besteht regelmäßig kein Anspruch. Dies ist aber dann anders, wenn entweder der Unternehmer zur Kündigung Anlass gegeben hat oder aber eine Vertragsfortsetzung dem HV wegen seines Alters (gesetzliches Rentenalter) oder Krankheit nicht zugemutet werden kann. Der Anspruch besteht auch im Falle einer Nachfolgeklausel nicht (wenn also ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt).
2. Zur Höhe lässt sich ausführen, dass die Höhe des Ausgleichsanspruchs durch die Höhe der durchschnittlichen Jahresprovision aus den letzten fünf Jahren begrenzt wird. Eine generalisierende Betrachtung (Abfindung= eine Jahresprovision) ist daher nicht zutreffend. Basierend auf dieser Prämisse berechnet sich der Ausgleichanspruch wie folgt:
Bzgl. alter Kunden ist zu ermitteln, welche berücksichtigungsfähigen wirtschaftlichen Vorteile der Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses aus jenen Geschäftsverbindungen voraussichtlich hat, die der Handelsvertreter aufgebaut oder wesentlich intensiviert hat. Eine zu berücksichtigende Umsatzsteigerung um 100 % bei Altkunden ist nach der Rechtsprechung insoweit zu berücksichtigen. Dabei ist dann aber nur der Mehrumsatz zu berücksichtigen. Hilfreich sind insoweit natürlich Bestands – und Umsatzverzeichnisse zu Kunden (soweit diese bei Beginn der Tätigkeit des HV angelegt wurden).
Die Kundenbeziehungen (Neukunden, intensivierte Altkunden) müssen von gewisser Dauer sind. Einmalkunden (soweit nicht lediglich langlebige Wirtschaftsgüter) sind dabei irrelevant.
Der Vorteil ist bei Fortführung der Geschäftsbeziehung mit den Kunden in dem voraussichtlich zu erwartenden zukünftigen Gewinn des Unternehmens zu sehen.
Einen konkreten Zeitraum, innerhalb dessen diese Gewinnmöglichkeiten berücksichtigt werden müssen, nennt das Gesetz nicht (s. dazu sogleich):
Die Provisionsverluste stellen das Gegenstück zu den Vorteilen des Unternehmers dar. Zu ermitteln ist regelmäßig, welche Vermittlungsprovisionen der HV aus Geschäften mit den von ihm geworbenen Neukunden und intensivierten Altkunden im letzten Vertragsjahr erzielt hat und wie viele Jahre lang er voraussichtlich die Geschäftsbeziehungen aufrechterhalten hätte.
Als Prognosezeiträume sind hier regelmäßig 2 bis 3 Jahre, im Einzelfall bis zu 5 Jahren zu berücksichtigen. Voraussichtliche Umsatzrückgänge und Kundenabwanderungen sind zu berücksichtigen (mindernd). Dies ist natürlich unternehmensbezogen. Diese ermittelte, übliche Abwanderungsquote ist für das zweite Jahr zu verdoppeln, für das dritte Jahr zu verdreifachen. Der Betrag muss freilich verzinst werden. Vorstehendes findet insgesamt keine Berücksichtigung bei Einmal-Geschäften.
Soweit der HV vom Unternehmer finanzierte weitere Vorteile hatte (Sonderleistungen, insb. besondere Altersvorsorgeleistungen), muss dies mindern berücksichtigt werden (nach Billigkeit). Auch eine Lage des Unternehmens kann mindern oder erhöhend wirken.
Der so ermittelte Betrag ist dann ausgleichspflichtig. Zu beachten ist dabei (s.o.) die Begrenzung auf die durchschnittlichen Einnahmen gesehen auf 5 Jahre. Dies stellt auch die Obergrenze für den Anspruch dar. Wenn, wie Sie ausführen, die wirtschaftlichen Nutzen bzgl. der bestehenden Verbindungen reduziert sind, dürfte der Betrag natürlich (grob gesagt) unterhalb der 80.000,-- liegen. Aber die genaue Berechnung ist, wie gesagt, Tatfrage.
3. Eine Kündigung durch Sie (plakativ gesagt: bspw. wegen einer Vertragsverletzung) wird dadurch nicht berührt. Jedenfalls würde diese, soweit berechtigt, einen entsprechenden Anspruch auch ausschalten. Dies gilt allerdings dann bspw. nicht, wenn die Kündigung nicht auf ein entsprechendes Fehlverhalten des HV zurückzuführen ist und nur mit dem Ziel geführt wird, einen Ausgleichsanspruch des HV auszuschalten.

Ich hoffe, dass Ihre Fragen mithin beantwortet worden sind. Ansonsten stehe ich für Rückfragen im Rahmen der kostenlosen Nachfragemöglichkeit gerne zur Verfügung. Ansonsten kann ich Ihnen zur konkreten und vertieften Berechnung nur dringend nahe zu legen, einen auf das Handelsvertreterrecht spezialisierten Kollegen Ihres Vertrauens einzuschalten. Dies kann und soll dieses Forum nicht ersetzen (s. Hilfe-Button).

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Christoph Hellmann
-Rechtsanwalt-

Burgwedel 2006
mailabc@anwaltskanzlei-hellmann.de (entferne abc)

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