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Gehaltspfändung rückwirkend trotz unterschiedlicher Auszahlungsmonate

11. Februar 2012 22:09 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Michael Grübnau-Rieken, LL.M., M.A.

Ich habe meinen letzten Arbeitgeber nach Eigenkündigung zum 31.01.2012 verlassen. Das Arbeitsverhältnis besteht also seit dem 01.02.2012 formell nicht mehr. Bei diesem Arbeitgeber lag/liegt eine Lohnpfändung vor, die immer korrekt gemäß Pfändungstabelle bedient wurde, auch in der Abrechnung für den Monat Januar, die am 26.01.2012 erstellt wurde und deren Gutschrift auf meine Konto am 31.01.2012, also noch im Januar zuging. Mit dieser Gehaltabrechnung wurde auch ein pfändbarer Betrag einbehalten und an den pfändenden Gläubiger abgeführt.

Nun bekomme ich bereits seit fünf Jahren jedes Jahr noch eine mir vertraglich zustehende Prämie, die an die Erreichung bestimmter Ziele geknüpft ist, von meinem alten Arbeitgeber, deren Höhe Ende Januar 2012 noch nicht bekannt war und die bisher immer erst mit der Gehaltsabrechnung des Monats Februar gezahlt wurde. Diese Prämie wurde jetzt berechnet und soll nun ausgezahlt werden.

Das Problem besteht nun darin, dass diese Prämie lt. Aussage meines ehemaligen Arbeitgebers nun rückwirkend zu dem Gehalt von Januar addiert werden muss, was dazu führt, dass die Prämie vollständig gepfändet und an den pfändenden Gläubiger abgeführt wird.

Das kann doch nicht sein. Meiner Meinung nach sollte aber doch der Pfändungsfreibetrag jeden Monat neu zählen, da ja die Berechnung bzw. der Anspruch auf die Prämie und deren Auszahlung, also der Geldfluss zu mir, auch erst im Februar stattfindet. Das würde bedeuten, dass der nicht pfändbare Teil der Prämie ausgezahlt und der pfändbare Teil wieder an den pfändenden Gläubiger abgeführt wird.

Ich habe das Gefühl, dass mein ehemaliger Arbeitgeber nur keine technische Möglichkeit mit seiner Abrechnungssoftware hat, um für einen formell ausgetretenen Mitarbeiter dennoch für den laufenden Monat eine Abrechnung zu erstellen, da ich im Grunde ja nicht mehr in dem Gehaltsabrechnungssystem aktiv bin.

Welche Möglichkeiten habe ich gegen die drohende komplette Pfändung vorzugehen?

Sehr geehrter Ratsuchender,

besten Dank für die Anfrage, die ich gerne anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes im Verhältnis zu Ihrem Einsatz wie folgt beantworten möchte.

Die Prämie ist eine Sonderzahlung. Es stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Zufluss zählt.

Hierbei ist auf Fälligkeit des Zahlungsanspruches abzustellen.

Gem. § 614 BGB ist die Vergütung grds. nach Leistung der Arbeit zu entrichten (Zahlungsweise postnumerando). Da bei einem Arbeitsverhältnis das Arbeitsentgelt üblicherweise nach Zeitabschnitten bemessen ist, kommt § 614 S. 2 BGB zum Tragen, so dass die Vergütung im Grundsatz nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu zahlen ist. Beim heutzutage verbreiteten Monatsentgelt ist der Zahlungsanspruch somit am ersten Tag des Folgemonats fällig.(Krause in:Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 3. Auflage 2009, § 69, Rn. 3).

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird der Anspruch auf das laufende Entgelt sofort fällig also in Ihrem Fall zum 31.01.2012.

Dies gilt allerdings für den laufenden Lohn. Bei GRatifikationen gilt dagegen dass es bei Jahresleistungen bei der allgemeine betriebliche Fälligkeitszeitpunkt unverändert bleibt.

Nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung war dies stets der Monat Februar.

In diesem Zusammenhang sagt das Bundesarbeitsgericht:"Die auf Grund eigener ordentlicher Kündigung ausgeschiedenen Arbeitnehmer können die Auszahlung einer bereits verdienten, aber noch nicht fälligen Treueprämie erst zu dem Zeitpunkt verlangen, zu dem sie auch an die im Betrieb verbliebenen Arbeitnehmer ausgezahlt wird."(BAG 5. Senat, Urteil vom 12.10.1972 - 5 AZR 227/72 ).

Das bedeutet für Sie, dass die Gratifikation zum Monat Februar gehört.

Wie sollen Sie sich nun gegen die Pfändung wehren?

Allerdings sind mit Arbeitseinkommen alle, auch nach der Pfändung fällig werdende (§ 832 ZPO ) Vergütungsansprüche, die aus dem Arbeitsverhältnis resultieren erfasst. Hierzu gehören auch einmalige Vergütungsleistungen, Einmalzahlungen oder Abfindungen (BAG 12. 9. 79, DB 80, 358 ).
Aber der Arbeitgeber ist nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr sogenannter Drittschuldner, wenn das Arbeitsverhälntnis beendet ist. Das bedeutet, dass die Pfändung sodann ins Leere geht.

Der Arbeitnehmer als Schuldner kann gegen die Forderung, wegen der vollstreckt wird, regelmäßig nicht mehr vorgehen, da ein vollstreckungsfähiger Titel vorliegen muss, so dass idR die Berechtigung dieser Forderung in einem anderen gerichtlichen Verfahren bereits rechtskräftig festgestellt worden ist (s Bengelsdorf ArbuR 96, 359).

Bei einem Titel, der in einem vorläufig vollstreckbaren oder nach § 323 ZPO abänderbaren Urteil besteht, oder bei Vorliegen von Gründen für eine Vollstreckungsgegenklage oder ein Wiederaufnahmeverfahren iSd §§ 578 ff ZPO ist allerdings ein Vorgehen des Schuldners gegen den Gläubiger mit dem Ziel der Aufhebung des Titels möglich.(Griese in: Küttner, Personalbuch 2011
18. Auflage 2011, Pfändung Rn. 11).

Sie können mit der sogenannten Vollstreckungserinngerung gem. § 766 ZPO gegen die Vollstreckung vorgehen.

Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtlage erteilt haben zu können.



Rückfrage vom Fragesteller 13. Februar 2012 | 20:15

Guten Abend,

Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.

Noch ist das Geld nicht gepfändet worden, da mein ehemaliger Arbeitgeber mich vorab über die Problematik aus seiner Sicht informiert hat.

Er erwartet eine Rückmeldung bis Ende dieser Woche, da sonst der Gläubiger das Geld bekommen wird.

Wie kann ich dies nun konkret verhindern bzw. zumindest einen Auschub für eine anwaltliche Beratung bewirken, da der Aufwand den gepfändeten Betrag zurückzuholen sicher deutlich höher ist, als von vornherein zu verhindern, dass er abgeführt wird?

Desweiteren habe ich eine Rechtsschutz Versicherung. Bringt diese mich an dieser Stelle weiter?

Gruss

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 14. Februar 2012 | 07:17

Sehr geehrter Ratsuchender,

Sie können versuchen, im Vorwege der Pfändung, einen Vollstreckungsschutz nach § 765 ZPO zu erwirken. Hierzu können Sie einen Antrag bei Gericht stellen. Allerdings wird dies ohne Sicherheitsleistung, die wenigstens die Höhe der Gratifikation zuzuüglich Kosten beträgt, nicht von statten gehen.

Das Problem an der Angelgenheit ist, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB), der Ihrem Arbeitsgeber vorliegt, es ihm verbietet, die an sich Ihnen zustehende Forderung an Sie auszukehren. Die weitere Wirkung ist, dass dieser PfÜB auch Ihnen eine Verfügung über die Forderung gegenüber Ihrem Arbeitgeber verbietet.

In diesem Zusammenhang ist auch § 850 Absatz 4 ZPO zu beachten.

(4) Die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens erfasst alle Vergütungen, die dem Schuldner aus der Arbeits- oder Dienstleistung zustehen, ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart.

Wie ich bereits oben gesagt hatte, könnte eine Überpfändung zu Lasten Ihre Arbeitsgebers gehen.

Allerdings ist zu beachten, dass eine unter Verstoß gegen die §§ 850 ff ZPO ausgebrachte Pfändung nicht nichtig ist.

Enthält der Pfändungsbeschluss keine Einschränkung der Pfändung, so ist das gesamte Einkommen betroffen.

Der Drittschuldner darf die unpfändbaren Einkommensteile dann nicht eigenmächtig an den Schuldner auskehren (LG Hamburg JBüro 2008, 667).

Ebenso wird seitens des Gläubigers bzw des Vollstreckungsgerichts das zu pfändende Einkommen im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bzw in dem darauf gerichteten Antrag nur ganz allgemein als „Arbeitseinkommen" bezeichnet. Es obliegt im Einzelfall dem Drittschuldner festzustellen, welche Einkünfte des Schuldners von dieser Pfändung betroffen sind.(Riedel in: Vorwerk/Wolf, Kommentar zur ZPO, § 850 Rn. 13).

Fehler, die dem Arbeitgeber dabei unterlaufen, gehen insoweit zu seinen Lasten, als er durch eine unkorrekte Leistung von seiner Leistungspflicht nicht befreit wird. Allerdings kann er von demjenigen, an den der Drittschuldner irrtümlicherweise geleistet hat, überzahlte Beträge zurückverlangen (§ 812 BGB ; BGH NJW 2002, 2871 ).

In Zweifelsfällen besteht die Möglichkeit, einen klarstellenden Beschluss seitens des Vollstreckungsgerichts zu erwirken.

Dies gilt z.B. für die Feststellung der unterhaltsberechtigten Angehörigen des Schuldners (BGH WM 2008, 933 ). Allerdings ist mit einem derartigen Beschluss keine mit § 836 Abs 2 ZPO vergleichbare Schutzfiktion verbunden.(Riedel a.a.O.)

Hie steht:

(2) Der Überweisungsbeschluss gilt, auch wenn er mit Unrecht erlassen ist, zugunsten des Drittschuldners dem Schuldner gegenüber so lange als rechtsbeständig, bis er aufgehoben wird und die Aufhebung zur Kenntnis des Drittschuldners gelangt.

Es kommt also auch darauf an, was Ihnalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist, den ich nicht kenne.

Ein unrichtiger Pfändungsbeschluss kann von der benachteiligten Partei mit der Erinnerung nach § 766 ZPO angefochten werden.

Gegen Vollstreckungsentscheidungen, die insbesondere nach Anhörung bzw. in der Form einer ablehnenden Entscheidung ergehen, ist die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO statthaft.

Ob eine Rechtschutzversicherung dafür aufkommt ist am konkreten Einzelfall zu ermitteln, da es je nach Tarifgeneration zwischen den Versicherern zu Abweichungen hinsichtlich des Deckungsschutzes kommen kann.

Sie selber können sich aber eine Deckungszusage Ihrer Rechtschutzversicherung geben lassen. So haben Sie Gewissheit, ob die Angelegenheit versichert ist oder nicht.

Ich hoffe, Ihre Nachfrage zur Ihrer Zufriedenheit beantwortet haben zu können.

Mit den besten Wünschen.

Grübnau-Rieken LL.M., M.A.
Rechtsanwalt

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