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Fragen zu Urteil aus einem Werklieferungsvertrag

| 7. Februar 2024 10:04 |
Preis: 60,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Melvin Grimm

Auszug aus dem Urteil:

Der Mangel des Werkes ist der Beklagten zuzurechnen. Die Beklagte kann insofern weder auf die
Streithelferin noch auf die Klägerin selbst verweisen.
Ein Verschulden der Streithelferin hat die Beklagte gemäß § 278 S.1 BGB in gleichem Umfang zu
vertreten wie eigenes Verschulden, da die Streithelferin Erfüllungsgehilfin der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin war. Die Beklagte hat sich der Streithelferin als Subunternehmerin zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten aus dem Werkvertrag gegenüber der Klägerin bedient.
Die Streithelferin hat sich in ihrer Tätigkeit auch nicht derart weit von der ihr übertragenen Aufgabe entfernt, dass eine Zurechnung mangels Zusammenhang mit der von der Beklagten veranlassten Tätigkeit entfiele.
Der Zurechnungszusammenhang ist insbesondere nicht deswegen entfallen, weil die Streithelferin sich mit der Klägerin auf den Einsatz eines Versieglers anstelle einer Imprägnierung geeinigt hat. Unabhängig von der konkreten Verarbeitungsart betraf die Leistungspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin stets die Herrichtung des Bodens für den Praxisbetrieb. Die Beklagte zog die Streithelferin gerade hinzu, damit diese die konkrete Verarbeitungsweise mit der Klägerin abstimmen konnte.


§ 278 BGB: Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der
Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.

Klägerin = Orthopädiepraxis
Beklagte = Generalunternehmer (P.)
Streithelferin = Subunternehmer des GU (B.)
Materiallieferant = Ich (L.)



Ist hier die Beklagte der Schuldner?
Kann die Beklagte die Streithelferin verklagen und wenn ja, warum?
Kann ich als Materiallieferant verklagt werden?


Es wurde explizit nicht der § 831 BGB erwähnt, welcher hier die Streithelferin verantwortlich gemacht hätte!

§ 831 BGB: Haftung für den Verrichtungsgehilfen
(1) ²Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. ²Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat,
bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten. Bitte beachten Sie, dass sich weiteren Sachverhaltsangaben eine abweichende Beurteilung ergeben kann.

Ist hier die Beklagte der Schuldner?

Ja, die Beklagte ist als Generalunternehmerin der Schuldner der Leistung. Denn er hat sich in Erfüllung seiner Verbindlichkeit aus dem Werklieferungsvertrags mit der Klägerin eines Subunternehmers bedient. Die Beklagte haftet für die Schäden durch den Subunternehmer gegenüber der Klägerin. Denn der Subunternehmer ist Erfüllungsgehilfe für die Beklagte gewesen. § 831 BGB findet hier keine Anwendung, weil sich der Verrichtungsgehilfe und der Erfüllungsgehilfe gegenseitig ausschließen. Der entscheidende Unterschied ist die Weisungsgebundenheit wie in einem Arbeitsverhältnis. Der Verrichtungsgehilfe ist gegenüber dem Auftraggeber weisungsgebunden. Deshalb ist § 831 BGB eine eigene Anspruchsgrundlage, welche die Haftung des Auftraggebers vermutet. Es kann sich jedoch exkulpieren. § 278 BGB ist hingegen eine Zurechnungsnorm für Verschulden. Der Erfüllungsgehilfe muss nicht weisungsgebunden sein. Ein Subunternehmer ist nicht weisungsgebunden, auch wenn er Aufgaben für den Generalunternehmer erfüllt. Sein Verschulden wird aber dem Auftraggeber (Generalunternehmer) zugerechnet. Aus diesem Grund ist vorliegend der Generalunternehmer der Anspruchsschuldner und nicht der Subunternehmer. Das gilt zumindest im Verhältnis zu der Klägerin. Denn diese hat einen Vertrag mit dem Generalunternehmer abgeschlossen und nicht mit dem Subunternehmer.


Kann die Beklagte die Streithelferin verklagen und wenn ja, warum?

Die Beklagte kann ggf. den Subunternehmer in Regress nehmen. Zwischen den Parteien besteht ein selbstständiges Rechtsverhältnis. Wenn er Subunternehmer eine mangelhafte Leistung erbringt, dann haftet er dem Generalunternehmer für den entstandenen Schaden. Der Schaden umfasst auch die Gerichtskosten zwischen der Klägerin und der Beklagten. Das können Sie zum Beispiel in dem folgenden Urteil nachlesen. OGH 5 Ob 125/15s

Kann ich als Materiallieferant verklagt werden?

Als Materiallieferant sind Sie ggf. wiederum gegenüber dem Subunternehmer Schadensersatzpflichtig. Das setzt aber natürlich voraus, dass ein mangelhaftes Material geliefert wurde und dadurch kausal ein Schaden entstanden ist. Jedes Vertragsverhältnis muss für sich betrachtet werden.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Melvin Grimm
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 7. Februar 2024 | 14:36

Wegen seiner Verantwortlichkeit für den vereinbarten Werkerfolg muss sich der Unternehmer also eine eigene Gewissheit darüber verschaffen, dass diese zur Herstellung eines mangelfreien Werkes geeignet sind (BGH, Bau-R 2022....), wobei diese Pflicht unabhängig davon besteht, ob der Auftragnehmer dem Bauherrn vor der Anlieferung der Baustoffe oder Bauteile einen Hinweis über die notwendige Beschaffenheit gegeben hat.
Diese Grundsätze kommen hier im Besonderen zum Tragen: Die Klägerin hat der Beklagten keine Baustoffe zur Verfügung gestellt, sondern nur auf den Vorschlag der Streithelferin zur Verwendung eines Versieglers eigene Erkundigungen zu möglichen Produkten für ihre Arztpraxis eingeholt und dabei die Auskunft des Herrn L. erhalten, die dortigen Produkte seien grundsätzlich für Arztpraxen geeignet. Allein hierdurch entfiel die vorgeschriebene Prüfungspflicht der Beklagten nicht. Dass sie sich dabei ausreichend mit den Produkteigenschaften auseinandergesetzt und diese überprüft hätte, kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ausgeschlossen werden.
Zwischen den Beklagten ist unstreitig, dass die Beklagte sich nicht mit der Verträglichkeit des Versieglers und der von der Klägerin verwendeten Desinfektionsmitteln auseinandergesetzt hat.

Somit ist die Streithelferin und der Warenlieferant außen vor?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 7. Februar 2024 | 16:25

Aus der Urteilsbegründung geht hervor, dass sich die Beklagte nicht selbst angemessen mit den Produkteigenschaften auseinandergesetzt hat. Das wäre aber zwingend notwendig gewesen. Infolgedessen ist die Beklagte auch verantwortlich und haftet für den Schaden. Soweit ich das nach dem Auszug des Urteils beurteilen kann, stimme ich Ihnen zu, dass weder der Subunternehmer noch der Materialieferant verantwortlich für den Schaden sind.

Mit freundlichen Grüßen

Melvin Grimm
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 7. Februar 2024 | 17:47

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Die Frage wurde gut verständlich und ausreichend beantwortet. Ich konnte natürlich nicht das ganz 16 seitige Gerichtsurteil hier einstellen, da dies jeden Rahmen gesprengt hätte. Auch auf meine ausführliche Nachfrage hatte Herr Grimm nochmals fachgerecht geantwortet. Ich kann ihn vorbehaltlos weiter empfehlen. Vielen Dank für Ihre Bemühungen!

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